Ehemalige Heimkinder belasten Bischof Mixa

31.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:08 Uhr

Augsburg am Mittwoch: Während Walter Mixa die Chrisammesse vor Hunderten Priestern zelebriert, muss seine Pressestelle Vorwürfe dementieren, der Bischof habe in den 70er und 80er Jahren Heimkinder geschlagen. - Foto: Bistum Augsburg

Schrobenhausen/Augsburg (DK) Bischof Walter Mixa soll in seiner Zeit als Schrobenhausener Stadtpfarrer Heimkinder geschlagen haben. Das sagen sechs Ehemalige – der Bischof dementiert und spricht von bewusster Rufschädigung. Im Moment steht Aussage gegen Aussage.

Sechs frühere Bewohner des Schrobenhausener Kinderheims St. Josef – vier Frauen und zwei Männer im Alter von 41 bis 47 Jahren – behaupten, von Mixa körperlich misshandelt worden zu sein. Damit wird erstmals ein Bischof in Deutschland direkt belastet.

Zwei oder drei Mal habe Mixa sie geschlagen, sagt Monika Bernhard (47) im Radiointerview. Sie habe im Kinderheim in Angst gelebt, sie sei Bettnässerin gewesen. Als jetzt Fälle von mutmaßlichen Misshandlungen bekannt wurden, wollte sie nicht länger schweigen. Sie nicht, andere nicht. In einem weiteren, von der "Süddeutschen Zeitung" zitierten Fall ist von bis zu 50 Mal Prügel die Rede.

Während sich die Nachricht am Mittwoch wie ein Lauffeuer verbreitet, während sich Journalisten und Kamerateams in Richtung Schrobenhausener Kinderheim auf den Weg machten, während der Bischof die alljährliche Chrisammesse zur Karwoche zelebriert, versendet Mixas Pressesprecherin Dementis. "Seine Eminenz Bischof Dr. Walter Mixa hat zu keinem Zeitpunkt und in keiner seiner Funktionen Kinder oder Jugendliche körperlich misshandelt", meldet Kathi Marie Ulrich gebetsmühlenartig.

In Schrobenhausen, wo sich die Vorfälle einst ereignet haben sollen, werden die Verantwortlichen von den Nachrichten überrascht. "Wir haben davon aus dem Radio erfahren und sofort alle erforderlichen Maßnahmen eingeleitet", teilt das zuständige Landratsamt in Neuburg mit; erst an diesem Donnerstag wolle man inhaltlich Stellung nehmen. Juristisch seien die Fälle nicht relevant, alles längst verjährt, erklärt die Staatsanwaltschaft Ingolstadt.

Schrobenhausens Pfarrer Josef Beyrer ist nach eigenen Worten nichts davon bekannt, dass sein Vorgänger Kinder geschlagen habe, "und ich kann es mir auch nicht vorstellen", betont er. Als Kaplan sei er in den 80er Jahren immer wieder im Schrobenhausener Kinderheim gewesen, sagt Beyrer. Gewalt? "Nie ein Thema."

Umfeld "erstaunt"

Das Heim St. Josef für schwer erziehbare Kinder wurde während der vergangenen zehn Jahre zu einem Kinder- und Jugendhilfezentrum für 60 Kinder umgebaut, und so lange ist Heimleiter Herbert Reim da. In all den Jahren hört er solcherlei Vorwürfe jetzt zum allerersten Mal. Der Schrobenhausener Bürgermeister Karlheinz Stephan hatte Mixa als Religionslehrer. "Gewalt gab es nicht ansatzweise", erinnert er sich. So lauten auch andere erste Reaktionen aus dem früheren Schrobenhausener Mixa-Umfeld. "Ich bin erstaunt, ich habe noch nie von Gewaltvorwürfen gegen Herrn Mixa gehört", sagt ein Lehrer, der mit Mixa am Gymnasium tätig war, "aber dass es auch Abneigungen gegen Mixa gab, ist kein Geheimnis."

Wie sich ein anderer Schrobenhausener erinnert, soll Mixa sich einmal in kleinerer Runde zum Thema Prügeln geäußert haben. "Es gibt Kinder, die brauchen das", habe er gesagt, und er selbst sei "so einer gewesen". Andererseits, so derselbe Mann, habe Mixa immer wieder auf Jugendliche sehr begeisterungsfähig gewirkt. Lokal für Aufsehen sorgte Mixa 1993, als er in einer Podiumsdiskussion in Schrobenhausen erklärte, er erlebe Kinder "wie eigenwillige Tyrannen".

Ordensschwestern belastet

Vorwürfe stehen auch gegen die im Kinderheim tätigen Mallersdorfer Schwestern im Raum, auch gegen eine Nonne, die heute noch in Schrobenhausen arbeitet. Zeitungsberichten zufolge soll 2005 eine Schwester ein Kind geschlagen haben. "Wir werden tun, was möglich ist, um zur Aufklärung beizutragen", sagt Pfarrer Beyrer, der Kuratoriumsmitglied im Kinderheim ist.

Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe meldet sich Else K. (Name der Redaktion bekannt) aus Mixas früherer Pfarrei Weilach bei Schrobenhausen beim DONAUKURIER. Sie sei im Firmunterricht wiederholt von Mixa geschlagen worden, sagt sie. Danach habe sie seinen Ring küssen müssen. Andere aus ihrem Firmunterricht wollen das aber nicht bestätigen.