EADS-Chef droht mit Ausstieg aus Militärgeschäft

11.09.2012 | Stand 03.12.2020, 1:05 Uhr

Berlin/Manching (DK/dapd) Auf die Beschäftigten der EADS-Rüstungssparte Cassidian könnten harte Zeiten zukommen. EADS-Chef Thomas Enders hat indirekt mit dem Ausstieg aus dem Militärgeschäft gedroht, sollte es mit der Bundesregierung keine Einigung geben. Unterdessen wurden die Namen der neuen Cassidian-Führung bekannt.

Enders sagte gestern im Vorfeld der Internationalen Luft- und Raumfahrtmesse (ILA), die anhaltenden Budgetkürzungen bei der militärischen Luftfahrt seien der Hauptgrund für die „Anpassung von Kapazitäten und Strategien“. Die Gespräche mit dem Bund, von der sich die deutsche Industrie mehr Planungssicherheit erhoffe, verliefen, „um eine positive Bilanz zu ziehen, relativ zäh, aber konstruktiv“. Die Industrie werde daraus Konsequenzen ziehen müssen, etwa „ob und wie man überhaupt im militärischen Bereich aktiv bleibt oder ob man vielleicht ins Zivile geht“.
 Details nannte der Vorstandschef des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS aber nicht. Nach den Worten von Enders, der auch Präsident des Bundesverbandes der Luft- und Raumfahrtindustrie ist, geht es bei den Verhandlungen mit der Regierung über die teils deutlichen Auftragskürzungen beim Kampfflugzeug Eurofighter, das unter anderem bei Cassidian in Manching gebaut wird, und bei den Hubschrauberprojekten Tiger und NH-90 nur langsam voran.
 Bei Cassidian steht unterdessen eine personelle und organisatorische Neuordnung an. Nachdem bereits überraschend Vorstandschef Stefan Zoller durch seinen Vize Bernhard Gerwert ersetzt worden war, müssen drei weitere Topmanager des siebenköpfigen Vorstands gehen. Wie unsere Zeitung aus zuverlässiger Quelle erfuhr, verlassen Verkaufschef Rani Karmi sowie die Länderverantwortlichen Bernd Wenzler und Bruno Rambaud das Unternehmen. Wenzler und Karmi erhalten neue Aufgaben bei EADS, Rambaud geht in den Ruhestand. 
 Ihre Aufgaben übernimmt weitgehend der bisherige Airbus-Strategiechef Christian Scherer. Die Verantwortung für Frankreich und das Geschäft mit Kommunikationssicherheit und Cyber-Sicherheit trägt Jean-Marc Nasr. Die bisherige Chefin der Airbus-Qualitätssicherung, Pilar Albiac Murillo, übernimmt bei Cassidian die Verantwortung für Spanien und das operative Geschäft. Vom alten Cassidian-Führungsteam bleiben damit neben Gerwert nur Personalchef Christoph Hoppe und Finanzvorstand Julian Whitehead.
 Spektakuläre Auftragseingänge werden auf der diesjährigen ILA wohl ausbleiben. Enders führte dies darauf zurück, dass 2011 für die zivile Luftfahrt ein „absolutes Rekordjahr“ gewesen sei und die Krise der Staatsfinanzen die Militäraufträge habe deutlich schrumpfen lassen. Zudem wurden bei der Farnborough Air Show im Juli bei Airbus und Boeing bereits mehr als 500 Flugzeuge in Auftrag gegeben. Die EADS-Tochter Airbus sitze auf einem satten Auftragspolster von 4400 Maschinen. Die ILA wird heute von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eröffnet. Die Messe endet am 16. September.