Pfaffenhofen
Dumpinglöhne: "Menschen werden schamlos ausgenützt"

02.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:03 Uhr

"Gerechte Löhne, starker Sozialstaat": Bürgermeister Thomas Herker (v.l.), Thomas Ruckdäschel, IG BAU Bayern, und der DGB-Kreisvorsitzende Roland Dörfler sprachen bei der Maikundgebung auf dem Sparkassenplatz. - Foto: Moser

Pfaffenhofen (mo) Unter dem Motto "Wir gehen vor! Gute Arbeit. Gerechte Löhne. Starker Sozialstaat" hatte der Kreisverband des DGB heuer zur traditionellen Kundgebung am Tag der Arbeit auf den Pfaffenhofener Sparkassenplatz eingeladen.

Zu den rund 70 Zuhörern – unter anderen auch mehrere Stadträte aus fast allen politischen Parteien – sprachen der Pfaffenhofener Bürgermeister Thomas Herker, der DGB-Kreisvorsitzende Roland Dörfler sowie als Ehrengast Thomas Ruckdäschel von der IG Bau Bayern.

Alle drei Redner äußerten sich zu aktuellen bundespolitischen Problemen, wie einem drohenden Sozialabbau, der Einführung einer Kopfpauschale bei der Krankenversicherung oder geplanten Steuersenkungen.

Thomas Herker fand dabei deutliche Worte zu den Vorhaben der Berliner Regierungskoalition. Vor allem beim Thema Kopfpauschale in der Krankenversicherung machte er seinen eigenen Standpunkt deutlich: "Ich bin ein Anhänger einer Bürgerversicherung." Das Thema Kopfpauschale sei eine unrealistische Zauberformel und der falsche Weg in der Gesundheitspolitik. Großen Applaus bekam Herker für seine Ansichten zum Thema gerechter Lohn: "Nicht die Sozialleistungen müssen sinken, sondern der Arbeitslohn muss steigen." Ein gutes Mittel hierfür sei die Einführung eines flächendeckendes Mindestlohns – und das nicht nur für die Arbeitnehmer: Ein Mindestlohn könne helfen, Lohndumping unter den Firmen zu verhindern.

"Perverses Denken"

Der Pfaffenhofener Rathauschef scheute aber auch nicht davor zurück, für die Gewerkschaften kontroverse Themen, wie die Rente mit 67, anzusprechen. So bezeichnete er die Rückkehr zur Rente mit 63 Jahren als unrealistisch, zumal jetzt schon jeder vierte Steuer-Euro des Bundes für die Renten verwendet werden müsse.

Dass die Wirtschaftskrise auch in Pfaffenhofen trotz einer momentanen Arbeitslosenquote von 2,9 Prozent noch nicht vollends überwunden sei, betonte der Kreisvorsitzende des DGB, Roland Dörfler. Klar wandte sich Dörfler gegen das Beschneiden von Arbeitnehmerrechten in Zeiten der Krise, etwa durch Dumpinglöhne, Zeitverträge oder dem Ausnützen der finanziellen Not der Menschen. Auch in der Region sei eine derartige Tendenz zunehmend zu beobachten. Als Beispiel nannte Dörfler den Einpackservice in manchen Supermarktketten, bei denen zunächst Schüler und Studenten gearbeitet hätten und nun auch zunehmend Hausfrauen und Rentner. Diese seien nicht versichert, arbeiteten auf eigenes Risiko und seien auf die Trinkgelder der Kunden angewiesen. "Wie pervers muss man denken, um die Menschen schamlos ausnützen zu können", rief der DGB-Kreisvorsitzende seinen Zuhörern zu. Deshalb fordere auch er einen gesetzlichen Mindestlohn, damit die Menschen wieder von ihrer Arbeit leben könnten.

Deutlich gegen einen Renteneintritt mit 67 Jahren sprach sich Thomas Ruckdäschel von der IG Bau Bayern aus. Er benachteilige alle, die hart arbeiten müssten und sei für die Betroffenen eine einzige Katastrophe. "Das ist nicht nur ungerecht, das ist eine Sauerei", wetterte Ruckdäschel. In manchen Berufen, wie bei Bäcker oder Dachdecker, sei es ein Ding der Unmöglichkeit so lange im Berufsleben durchzuhalten. "Wir haben die Rente mit 67 noch nicht abgehackt", so der stellvertretende Regionalleiter der IG Bau Bayern.

Steuerzahler bluten

"Achtmal werden wir noch wach, dann ist Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen", warnte Ruckdäschel vor kommenden Belastungen für die Arbeitnehmer. Erst am Tag nach der Wahl werde Finanzminister Schäuble den Steuerzahlern die Rechnung für die Rettung der Banken und Spekulanten präsentieren: "Dann sollen wir bluten, damit die Reichen ihre Schrottpapiere vergoldet bekommen."