Schweinkofen
Druck von der Basis

Bayerischer Bauernverband befürchtet finanzielle Einbußen für Landwirte durch die EU-Agrarreform

18.01.2012 | Stand 03.12.2020, 1:56 Uhr

Auf der Suche nach Unterstützung: Michael Gruber (l.), Martin Schmid (2. v. l.) und Thomas Bayerl (r.) sagten MdB Alois Karl (CSU), wo sie der Schuh drückt - Foto: Privat

Schweinkofen (DK) Martin Schmid hat Widerstand gegen die Pläne zur EU-Agrarreform angekündigt. Diese soll im Jahr 2014 in Kraft treten. Der Kreisobmann des BBV befürchtet massive finanzielle Einbußen für die Bauern in der Region.

Dacian Ciolos ist um seinen Job nicht zu beneiden. Der Rumäne ist EU-Agrarkommissar und arbeitet derzeit an der Quadratur des Kreises. Er soll nämlich eine Agrarreform auf die Beine stellen, welche die Bedürfnisse aller 27 Mitgliedsländer unter einen Hut bringt, also von Finnland bis Sizilien.

Wie schwierig das ist, merkt man an den Reaktionen: Der Gegenwind kommt von allen Seiten, auch aus Schweinkofen. Dort sitzt Martin Schmid, der Kreisobmann des Bayerischen Bauerverbands (BBV) für den Landkreis Neumarkt. Und er hat erhebliche Probleme mit den Vorschlägen Ciolos. Sie würden die Bauern in der Region erheblich benachteiligen. Derzeit beziehen rund 2200 landwirtschaftliche Betriebe im Landkreis finanzielle Unterstützung von der EU. Laut BBV lag der durchschnittliche Bruttomonatslohn bei 1700 Euro, etwa die Hälfte davon stammt aus Mitteln der EU.

Die geplante Reform soll am 1. Januar 2014 in Kraft treten. Bis dahin bleibt noch Zeit, auf die EU-Agrarkommission einzuwirken. „Wenn wir von der Basis keinen Druck aufbauen, bekommen wir ein riesiges Problem“, befürchtet Schmid.

Die Reform steht unter dem Stichwort „Greening“. Das heißt, alles soll grüner werden, ökologischer. Ökobetriebe werden gegenüber der konventionellen Landwirtschaft bevorzugt behandelt.

Hier ein Ausriss von Ciolos’ Plänen und was Schmid davon hält:

n Jeder Bauer soll sieben Prozent seiner Äcker als ökologische Vorrangfläche frei stellen (für Ökobetriebe gilt diese Regelung nicht.).

Das heißt, die Landwirte sollten einen Teil ihrer Fläche als im Umweltinteresse genutzte Gebiete wie Puffer-, Aufforstungs- oder Brachflächen ausweisen. In konkreten Zahlen: Im Landkreis Neumarkt müssten rund 2500 Hektar gutes Ackerland aus der Bewirtschaftung genommen werden.

Ein Unding, findet Martin Schmid. Er rechnet vor, dass die Zahl der Menschen weltweit steigt und folglich auch die Lebensmittel-Produktion ausgeweitet werden muss. Für ihn sei es deshalb völlig unverständlich, warum wertvolles Ackerland stillgelegt werden sollte. „Wir werden Probleme bekommen, die Menschen ernähren zu können“, sagt er. Es ärgere ihn ungemein, wenn in Europa gute Flächen brach lägen, gleichzeitig in Brasilien aber Regenwald gerodet werde, um Anbaufläche zu gewinnen. Für Schmid und Co. ist es schwer, in diesem Punkt auf EU-Agrarkommissar Ciolos einzuwirken, denn Deutschland spricht nicht mit einer Stimme. Während das schwarz regierte Bayern diesen Bereich der Agrarreform am liebsten streichen würde, könnte sich laut Schmid die grün-rote Landesregierung von Baden-Württemberg sogar eine Ausweitung vorstellen. Nach diesen Vorstellungen sollten nicht nur sieben, sondern gleich zehn Prozent der Flächen freigestellt werden.

Schmid befürchtet deshalb, dass man die Stilllegung von Flächen nicht ganz vom Tisch bringen werde. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass es weniger als sieben Prozent sein werden.

n Ab einer Fläche von drei Hektar müssen mindestens drei verschiedene Fruchtsorten angebaut werden; die einzelnen Sorten müssen dabei mindestens fünf Prozent ausmachen, höchstens 70 Prozent.

Für viele Betriebe im Landkreis Neumarkt ist das kein Problem. Denn laut Schmid liegt die durchschnittliche Größe bei rund 25 Hektar und ist damit so groß, dass in der Regel mehrere Fruchtsorten angebaut werden. Problematisch wird es allerdings für kleine Betriebe in einer Größenordnung von zehn Hektar und Nebenerwerbslandwirte.

Die Bauern müssten ihre Flächen teilen und drei Mal säen, drei Mal düngen und drei Mal ernten. „Für einen Landwirt im Nebenerwerb ist das ein viel zu großer Aufwand“, erläutert Schmid. Der Bauernverband schlägt deshalb vor, die Fruchtfolgen im Jahresrhythmus zu wechseln. Also heuer Mais, nächstes Jahr Weizen, dann Raps und so weiter.

Schmid kann in diesem Punkt Ciolos Gedanken nachvollziehen, denn in einigen Ländern Europas sind Monokulturen nach wie vor gang und gäbe. Das wolle der EU-Agrarkommissar wohl verhindern, glaubt Schmid.

Er befürchtet, dass die Bauern im Altmühltal durch die Reform künftig weit weniger EU-Agrarzahlungen erhalten. Der Bauernverband fordert deshalb, dass die Direktzahlungen in dem bisherigen Umfang erhalten bleiben. Anhand der bisher vorliegenden Pläne befürchtet der BBV – entgegen früherer Ankündigungen – zusätzlichen Papierkram, noch mehr Bürokratie. Die Landwirte lehnen einen starren Pflichtenkatalog ab und sprechen sich für ein flexibles Maßnahmenpaket aus.

Für Schmid liegt das Grundproblem der Reform in den unterschiedlichen Ausgangslagen der Länder. Man könne eben nicht alle Bauern von Finnland bis Sizilien über einen Kamm scheren.