Pfaffenhofen
Druck auf Schüler und Eltern verschärft sich

11.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:57 Uhr

Markus Kotulla verzeichnet in der Jugend- und Elternberatung eine steigende Zahl an Ratsuchenden.

Pfaffenhofen (zur) Eine steigende Zahl an Ratsuchenden verzeichnet die Caritas Jugend- und Elternberatung. Der aktuelle Rechenschaftsbericht der Einrichtung in Pfaffenhofen registriert 609 Menschen, die hier 2009 Hilfe suchten – 30 mehr als im Vorjahr.

Die meisten von ihnen hatten sich an die Beratungsstelle gewandt, weil sie unter der Trennung oder Scheidung der Eltern litten, bei vielen waren emotionale, schulische und berufliche Probleme die Ursache. Auch Unsicherheiten in Erziehungsfragen seitens der Eltern oder sonstiger Sorgeberechtigter bildeten häufig den Hintergrund eines Besuchs.

Eine Zunahme an Fällen sexuellen Missbrauchs verzeichne man nicht, erklärt Fachdienstleiter Markus Kotulla auf Anfrage des PK. "Missbrauch gedeiht überall dort, wo Mauern des Schweigens errichtet werden und wo Sexualität tabuisiert wird", zitiert der Diplom-Psychologe die gängige Lehrmeinung und betont: "Je selbstbewusster ein Kind ist, desto besser ist es geschützt". Die gesellschaftliche Entwicklung hin zu mehr Offenheit habe sich hier positiv ausgewirkt, so Kotulla, der jedoch eindringlich mahnt: "Das Thema Missbrauch muss im Bewusstsein bleiben".

Suchen Eltern bei der Caritas-Stelle in Erziehungsfragen um Rat, dann ist meist ein Kind im Alter zwischen neun und zwölf Jahren betroffen. Hier spiele nicht selten die Schule als "Kristallisationspunkt für Schwierigkeiten" eine Rolle, so der Diplom-Psychologe. In den letzten Jahren habe sich der Druck auf Eltern und Schüler enorm verschärft, weil Bildung einen hohen Stellenwert für das berufliche Fortkommen habe. Ein Gefühl der Überforderung beim Kind und der Unsicherheit bei den Eltern ist die Folge.

Dass die Zahl der jungen Erwachsenen, die von sich aus die Beratungsstelle aufsuchen steigt, hat aus der Sicht Kotullas mehrere Ursachen. Eine davon ist ebenfalls der Leistungsdruck, dem man glaubt nicht genügen zu können. Hinzu kommen Versagens- und Zukunftsängste, die nicht selten psycho-somatische Beschwerden auslösen. "Und auch ein 18- oder 19-Jähriger leidet unter Umständen sehr unter Streit oder Trennung der Eltern".

Über die Hälfte der Buben und Mädchen, um die es in den Gesprächen ging, kamen aus "vollständigen Familien" mit den leiblichen Eltern, cirka 28 Prozent leben mit einer alleinerziehenden Mutter und knapp fünf Prozent mit einem alleinerziehenden Vater zusammen. In einem Zehntel der Fälle war ein Elternteil mit einem neuen Partner zusammen. Ein Drittel der Betroffenen sind Einzelkinder, über die Hälfte haben ein Geschwisterkind und nur 22 Prozent leben mit zwei oder mehr Brüdern und Schwestern zusammen. Und bis auf eine kleine Minderheit sind es deutsche Staatsangehörige (97 Prozent), die sich an die Beratungsstelle wenden. Meist tun sie dies aus eigener Initiative, ohne fremde Anregung. Jeder achte Ratsuchende wurde vom Jugendamt, jeder zehnte von seinem Klass-, Beratungs- oder Vertrauenslehrer an die Beratungsstelle verwiesen. Gelegentlich ist es auch ein Arzt, der etwa im Falle psychisch bedingten Bettnässens auf die Kollegen von der Fachstelle hinweist.

Erfreut ist Kotulla besonders darüber, dass bei 77 Prozent der Anfragen innerhalb von 14 Tagen ein erster Gesprächstermin realisiert werden konnte. Und in 80 Prozent der Betroffenen war in weniger als fünf Sitzungen ihr Problem gelöst, nur in 13 Prozent der Fälle dauerte die Beratung länger als ein Jahr. Letztlich wurde für 94 Prozent der Hilfesuchenden in insgesamt 2838 Gesprächssitzungen das Beratungsziel vollständig oder teilweise erreicht. Wesentlicher Faktor dabei: Die aktive Mitwirkung der Ratssuchen, "denn die ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit", so Kotulla.