Ingolstadt
"Drogen sind nicht akzeptabel"

Seit 20 Jahren steht der Förderverein zur Suchtprävention Familien mit drogensüchtigen Kindern bei

05.08.2020 | Stand 02.12.2020, 10:49 Uhr
20 Jahre Hilfe für junge Drogenabhängige: Die Berater des Fördervereins für Suchtprävention treten in der Öffentlichkeit üblicherweise in Verkleidung eines Clowns auf. Zum Jubiläum verzichtet der Verein auf eine Feier und richtet sich mit einem Appell an betroffene Eltern. −Foto: Brandl

Ingolstadt - "Ich danke dir.

Ohne dich wäre ich gar nicht mehr hier. " Mit diesen Worten bedankt sich der ehemalige Drogensüchtige Bernd G. (Name von der Redaktion geändert) bei Ursula Schönauer. Die beiden Sätze hat er ihr auf das Smartphone geschickt. Schönauer bewahrt sie in ihrem Nachrichtenarchiv auf und zitiert sie, wenn sie nach Beispielen gefragt wird, die aufzeigen, wie der Förderverein für Suchtprävention jungen Menschen helfen kann, von Cannabis, Heroin oder Crystal loszukommen. Beigestanden haben Schönauer und ihre Kollegen in den 20 Jahren, in denen der Verein existiert, freilich zahlreichen Betroffene. Zwischen zehn und 20 Mütter und Väter würden zudem konstant am Ingolstädter Elternkreis teilnehmen, einer Selbsthilfe-Initiative von Eltern mit drogensüchtigen Kindern in der Familie.

Zu einer Feierstunde hat der Förderverein wegen der Corona-Pandemie nicht eingeladen. Schönauer nimmt das nicht allzu tragisch. Sie wolle zum Jubiläum viel lieber einen Appell an alle Eltern richten, die wegen ihres drogenabhängigen Kindes in "Scham, Streit und Schmerz versinken", wie sie sagt. Ihre Botschaft: "Wir können die Sucht nicht heilen. Aber wir können die betroffenen Eltern verstehen, ihnen zuhören und ihnen in der scheinbar ausweglosen Lage beistehen. " Und sie ergänzt: "Drogen sind nicht akzeptabel. "

Nicht vertuschen, sondern darüber reden lautet die Parole des Vereins, mit der er Abhängige sowie deren Eltern erreichen und auf weitere rasche Schritte hinweisen will. Dazu gehöre die Suche nach einer geeigneten Beratungsstelle, wie etwa der Drogennotruf, die laut Schönauer jedoch überlegt ausgesucht werden müsse. Darüber hinaus verfüge der Verein über ein eigenes Netzwerk aus Therapeuten und Psychologen, auf das er zurückgreifen könne. "Drogensucht ist kein Hemd, das man einfach auszieht", weiß die 71-jährige ehemalige Krankenschwester. Nachdem in ihrer eigenen Familie ein Drogenproblem aufgetaucht sei, habe sie den Elternkreis gegründet. Sie habe sich durch Fachliteratur gewälzt, Kontakte mit Ärzten und Ermittlern gesucht, immer wieder mit Abhängigen gesprochen und sogar Drogendealer aufgespürt, berichtet sie. Später sei sie mit ihren Erfahrungen vor Schülern aufgetreten.

Ursula Schönauer hat sich mit Bernd G. vor vielen Jahren das erste Mal in der Stadt verabredet, nachdem sich ein Verwandter des jungen Mannes an sie gewandt hatte, erzählt sie. Es folgte die Therapie, durch die sie ihn begleitet hat. Später sei sie mit ihm auf Vorträgen - den sogenannten Beichtgesprächen - in der ganzen Region unterwegs gewesen. Heute sei er nach mehreren Entgiftungen clean und berufstätiger Familienvater. "Junge Süchtige brauchen die Hilfe eines reifen Erwachsenen", so Schönauer. Wie sollten sich Eltern also verhalten? "Es gibt kein Patentrezept", sagt sie und ergänzt: "Manchen Abhängigen hilft eine Therapie, andere bleiben auch nach vielen Therapieversuchen süchtig. " Für betroffene Familien könne es aber schon hilfreich sein im Elternkreis auf Gleichgesinnte zu treffen. Und sie könnten dort die Reife im Umgang mit der Drogensucht entwickeln. Denn Schönauer weiß auch um die möglichen Auswirkungen, wenn Beistand ausbleibt: "Viele Eltern sind verzweifelt, wenn der Nachwuchs plötzlich Joints oder Opiumtabletten konsumiert. Häufig kommt es dann zu einer Co-Abhängigkeit der Eltern. " Deshalb sei Aufmerksamkeit für die Initiative und für das Leid der Mütter ihr Wunsch zum 20-jährigen Bestehen, betont sie. Der Elternkreis trifft sich immer donnerstags um 20 Uhr im Bürgerhaus in der Kreuzstraße 12 (außer in den Ferien) und ist für alle Interessierten offen. Die Internetadresse des Vereins lautet www. drogen-ingolstadt. de. Das Beratungstelefon ist unter der Nummer (0841) 9312476 erreichbar.

mbl