Aichach
Drei Volltreffer

Raphael Müller hat zum dritten Mal am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten teilgenommen dreimal wurde er Landessieger

26.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:18 Uhr

Raphael Müller erhielt den Landespreis beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten. Reinhold Bocklet, Vizepräsident des Bayerischen Landtags (v.l.) , und Elfriede Ohrnberger, Ministerialdirigentin im bayerischen Kultusministerium, überreichten die Preise. Mit dabei war seine Mutter Ulrike. - Foto: Susanne Hesping

Aichach (SZ) Drei Wettbewerbsrunden - ein Gewinner: Der 18-jährige Aichacher Gymnasiast Raphael Müller hat nun im Bayerischen Landtag in Begleitung seiner Muter einmal mehr die Auszeichnung entgegengenommen. Diesmal hat er sich mit der Täuferbewegung und ihren Nachfahren, den Mennoniten, rund um Aichach beschäftigt.

Raphael Müller ist ein erstaunlicher junger Mensch. Er ist wegen eines vorgeburtlichen Schlaganfalls schwerbehindert. Stumm, autistisch, hochbegabt hat der mittlerweile junge Erwachsene durch gestütztes Schreiben eine Möglichkeit gefunden, sich auszudrücken. Er hat schon mehrere Bücher - Romane wie Gedichte - veröffentlicht. Seine Schulsituation sei "speziell", meint er, "es ist eine Mischung von Fritz-Felsenstein-Schule und Deutschherren-Gymnasium". Am DHG besucht er die zwölfte Klasse. Er beteiligt sich an der Schülerzeitung Ventil und an anderen Schülerwettbewerben.

Für den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten im Jahr 2015 hat sich Raphael Müller mit Gregor Mendel auseinandergesetzt und die Frage gestellt, ob der Vater der Vererbungslehre, der sein Ur-Ur-Uronkel ist, Autist gewesen sein könnte. Seinen ersten Beitrag zum Geschichtswettbewerb lieferte Raphael Müller (zusammen mit Barbarella Petz) im Alter von elf Jahren; dieser drehte sich um die Ausgrenzung von Behinderten in der Geschichte und in seinem direkten Umfeld.

Das Rahmenthema des aktuellen Geschichtswettbewerbs lautet "Gott und die Welt. Religion macht Geschichte". In Bayern haben sich daran 465 Schüler mit 63 Beiträgen beteiligt. Zehn Landespreise und damit verbunden je 250 Euro wurden am Freitag übergeben, daneben zehn Förderpreise (100 Euro) und an die landesbesten Schulen je 500 Euro. Die landesbesten Schulen sind das Augustinus-Gymnasium und das Keppler-Gymnasium in Weiden. "Von Anfang an war klar, ich beteilige mich wieder am Geschichtswettbewerb", schreibt Raphael Müller. "Das Thema Glaube und Religion liegt auf meiner Wellenlänge." Das spiegelt sich in einigen seiner bereits veröffentlichten Texte wieder, in "Osteraugen" beispielsweise oder in "Hilfe, es wird Weihnachten". Auf Nachfrage, tippt er: "Der Glaube ist mir sehr wichtig, das ist mein Dreh- und Angelpunkt. Der Glaube vermittelt mir Sinn trotz meiner ungewöhnlichen und oft beschwerlichen Situation. Dabei geht es mir vor allem um den Kern des Evangeliums, ich hänge nicht an einer speziellen Institution."

Auf die Täuferbewegung, genauer auf die Wiedertäufer, ist der junge Schriftsteller bereits im Rahmen des Geschichtswettbewerbs 2015 gestoßen. Er hatte während seiner Recherche einen Hinweis entdeckt, dass seine Vorfahren als Wiedertäufer von Bayerisch-Schwaben ins Sudetenland geflohen waren. Doch die Recherche in dieser Sache gestaltete sich schwierig: In Aichach seien sämtliche Unterlagen dazu während des 30-jährigen Kriegs verbrannt.

So hat Müller sich in der Nachbarschaft umgesehen: In Eichstock (Landkreis Dachau, bei Markt Indersdorf) und in Maxweiler (Neuburg an der Donau). Dort gibt es Mennoniten, Nachfahren der Wiedertäufer.

Ihre Geschichte nimmt den Schüler gefangen. "Glaube war mir schon immer wichtig. Im Zusammenhang mit den Wiedertäufern und ihren Märtyrerschicksalen frage ich mich, wie ich damals reagiert hätte. Wäre ich mutig genug gewesen, für meinen Glauben zu sterben? Wie ernst ist es mir mit dem Glauben wirklich"

Eine Antwort findet der "Jesus-Liebhaber", so bezeichnet er sich selbst, nicht und kommt zu der Erkenntnis: "Ich bin froh und dankbar, dass wir heute in einer anderen, toleranteren Zeit leben. Musste soviel Trennung, Abspaltung, Verfolgung und Pochen auf die Unterschiede sein" Raphael Müller schließt seinen Arbeitsbericht, der seinen Beitrag zum Geschichtswettbewerb begleitet, mit einem denkwürdigen Satz: "Ich bete, dass wir alle dem Kern des Evangeliums näher kommen, voneinander lernen und uns künftig an den Gemeinsamkeiten erfreuen."

Obwohl Raphael und seine Mutter Ulrike in Sachen Geschichtswettbewerb und Preisverleihungen gewissermaßen schon alte Hasen sind, war der gestrige Termin für die beiden dennoch ein Erlebnis. Angetan waren sie vor allem von der Örtlichkeit. "Der Bayerische Landtag, der Senatssaal waren sehr stilvoll, sehr beeindruckend", schwärmte Ulrike Müller gestern am Telefon.