Drei Szenarien: Masterarbeit zur Primark-Eröffnung in Ingolstadt

14.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:08 Uhr

Ingolstadt (DK) In einer interessanten Masterarbeit entwirft eine Studentin aus Bayreuth drei mögliche Szenarien, wie sich die City nach der Primark-Eröffnung entwickeln könnte.

Die für September geplante Eröffnung der Primark-Filiale in der Ludwigstraße ist für Politik und Handel in Ingolstadt mit großen Hoffnungen verbunden. Mit der Hoffnung auf eine deutlich höhere Frequenz in der Innenstadt, mit mehr Besuchern auch über die Region hinaus, mit mehr kaufenden Kunden letztlich und einer markanten Attraktivitätssteigerung der Innenstadt.

Immerhin ist es die erste und bislang einzige Primark-Filiale in Bayern, die in München eröffnet erst im kommenden Jahr. Bis dahin hat Ingolstadt in diesem Punkt ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Und die Erfahrung von anderen Standorten lehrt, dass Primark durchaus in der Lage ist, beim jüngeren Publikum ein beinahe touristisches Verhalten auszulösen. Das ist selbstredend alles Kaffeesatzleserei. Denn wie sich Primark auf die Innenstadtentwicklung auswirken wird, das muss die Zukunft weisen.

Patricia Horntasch wagt schon mal einen Blick voraus in ihrer Masterarbeit, die sie im Rahmen ihres Studiums an der Universität Bayreuth erarbeitet hat. „Die Einzelhandelsentwicklung in der Ingolstädter Innenstadt – Szenarien der Fußgängerzone vor dem Hintergrund der Ansiedlung einer Primarkfiliale“ ist der Titel ihrer umfangreichen Masterarbeit, die bei IN City auf großes Interesse stößt und in der die Studentin drei mögliche Szenarien entwirft.

In einem ersten Bild sieht sie Primark als Magnetbetrieb, der eine Wiederbelebung der Fußgängerzone zur Folge hat. Durch die Steigerung der Passantenfrequenz ebenso wie durch die Tatsache, dass sich die Zahl der Leerstände reduzieren könnte, weil sich im Umfeld andere Einzelhändler ansiedeln. Als negative Folge sieht die Studentin jedoch noch einmal steigende Mieten, die sich der inhabergeführte Einzelhandel ebenso wenig leisten kann wie – als Wohnort – die Bevölkerungsschichten mit geringerem Einkommen. Die Folge wäre eine „Monotonisierung“ der Innenstadt, sowohl was die Bewohner, als auch was das Einzelhandelsangebot betrifft, sagt Patricia Horntasch. Und Thomas Deiser, Chef von IN City, pflichtet ihr bei. „Dieses der drei skizzierten Szenarien halte ich für das wahrscheinlichste“, sagt er uns. Aber auch, dass es nicht auszuschließen sei, dass der positive Effekt auf die City nicht dauerhaft sein könnte, wie es Studentin in ihrem dritten Bild zeichnet.

„Vom letzten Herbst gibt es noch die bundesweite Studie ,Vitale Innenstädte 2016’ des IFH Köln“, so Deiser. Und auf die Frage "Wie stehen Sie der zukünftigen Eröffnung der Primark-Filiale in Ingolstadt gegenüber?" hätte je ein Drittel der knapp 600 Befragten in der Ingolstädter Innenstadt mit positiv, negativ und egal geantwortet. In der Altersgruppe bis 25 sähen allerdings fast 50 Prozent die Eröffnung positiv. Kein Wunder, denn das Alter der Primarkkunden bewegt sich zwischen 15 und 25 Jahren, was in Ingolstadt etwa auf 20 Prozent der Bevölkerung zutrifft. Und für diese Zielgruppe könnten sich durchaus weitere Händler in der Innenstadt ansiedeln. Diese Verjüngung im Angebot hat indes auch den negative Effekt, dass die Innenstadt für die ältere Generation an Attraktivität verliert. Und noch einen negativen Effekt sieht die Studentin in ihrer Analyse. Da gerade bei Primarkkunden das Thema Nachhaltigkeit kaum eine Rolle spielt, dürfte der Umsatz bei Fair-Trade-Produkten rapide sinken. Was ein Abwandern derartiger Geschäfte nach sich ziehen könnte.

Letztlich sieht Patricia Horntasch auch Probleme auf die Stadt zu kommen ob der nicht ausreichend vorhandenen Parkplätze und dem aus ihrer Sicht unzureichenden Angebot des ÖPNV. In ihrem ersten Szenario kommt die Studentin also zu dem Schluss, dass die Innenstadt zwar an Attraktivität gewinnt durch die Ansiedlung von Primark, dass sich zudem das Publikum verjüngen wird. Was sich wiederum in der Ansiedlung neuer und auf diese Klientel spezialisierter Einzelhandelsunternehmen widerspiegeln wird. Verlierer ist der hochwertige und inhabergeführte Handel auf der einen, die älteren Bevölkerungsschichten auf der anderen Seite.

Eher unwahrscheinlich dagegen klingt das zweite Szenario dieser Masterarbeit. Denn das geht von einem nachhaltigen Umdenken beim Thema Nachhaltigkeit aus. Ausgelöst von den Skandalen in der Bekleidungsindustrie oder etwa die wachsende Smogbelastung in den Städten. Zudem könnte der wirtschaftliche Aufschwung den Wunsch auch bei den jüngeren Menschen auch hochwertigerer, individuellerer Bekleidung stärken. Das täte dem inhabergeführten und hochwertigen Handel in der Innenstadt und auf der grünen Wiese gut. Dazu kommt aus Sicht von Patricia Horntasch noch das Anwachsen der älteren und für den Handel deswegen relevanteren Bevölkerungsgruppen.

Die dritte Variante, die Patricia Horntasch in ihrer Masterarbeit beschreibt, gleicht im Grunde der ersten. Mit dem gravierenden Unterschied jedoch, dass die positiven Effekte für die Innenstadt nur von kurzer Dauer sind und die Bevölkerung nicht mehr so stark wächst wie bislang. Denn wegen der Eröffnung einer zweiten bayerischen Filiale in München und der weiteren Expansionspolitik des Konzerns verpufft der Frequenz bringende Effekt sehr schnell. In der Praxis sähe das dann wohl so aus, dass Primark zunächst die jungen Kunden in Scharen in die City lockt. Der inhabergeführte Einzelhandel und die ähnlich wie Primark aufgestellten Filialisten haben Umsatzeinbußen, die steigenden Mieten führen wie in Szenario eins zu Existenz bedrohenden Rahmenbedingen für diese Händler. Die anfangs spürbare Belebung der Innenstadt bricht in sich zusammen, viele Geschäfte haben dicht gemacht ob der Mieten. Und die Frequenz in der Fußgängerzone geht wieder auf Normalmaß zurück.