Ingolstadt
"Drei-Punkte-Wiener" haben geholfen

900 Fans fahren mit dem ERC-Sonderzug nach Krefeld und freuen sich über zwei Zähler

06.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:38 Uhr

Gute Laune kurz vor dem Start: Rund 900 Fans des ERC Ingolstadt fuhren am Sonntagfrüh mit einem Sonderzug zum Auswärtsspiel nach Krefeld. Hunger und Durst kam auf der Sechsstunden-Fahrt sicher nicht auf. Und auf dem Heimweg saßen die Spieler des ERC mit im Zug – nach dem Punktgewinn sehr zur Freude der Eishockey-Fans - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Völkerwanderung im Dunkeln: Autos schieben sich bahnhofwärts. Menschenmassen drängen aufs Gelände der Bahn. Das alles passiert gestern ab 6 Uhr. Doch die Menschen sind gut gelaunt: Es wird gesungen. 900 fröhliche ERC-Fans freuen sich auf den Sonderzug nach Krefeld.

15 Waggons, maximale Zuglänge. Abfahrt 7.23 Uhr, Rückkehr heute morgen 3 Uhr. Warum macht man das? „Weil ich ein Fan bin und weil ich einen Sieg sehen will“, so Herbert Müller aus Lenting. „Du musst mindestens ein Mal in deinem Leben als ERC-Fan in einem solchen Sonderzug mitgefahren sein“, weiß Ralf Gschmack aus Bergheim. „So ein Zug bedeutet ja nicht nur, ein Eishockeyspiel zu sehen, sondern es bedeutet auch viele Stunden Party.“

Am Ende gab es – für manchen überraschend – einen Sieg nach Penaltyschießen. Das passte. Denn der Sonderzug ist „eine Kultveranstaltung“ für Petra Vogl. „Es ist toll, wenn so viele Leute das gleiche Interesse und gemeinsam viel Spaß haben und sich ein ganzes Jahr auf den nächsten Sonderzug freuen.“ Die Fanbeauftragte des ERC Ingolstadt organisierte „mit vielen Helfern“ die zwölfte Auflage, war schon um 4 Uhr am Bahnhof. Mit von der Partie: 30 ERC-Ordner, 40 für den Ausschank, vier DJs, sieben Sanitäter. „Du musst schon Fan sein“, so Klaus Schmidt, der Chef der Sanitätertruppe. „Sonst machst du keinen ehrenamtlichen 24-Stunden-Einsatz.“ Diese Veranstaltungen seien aber im Prinzip immer „recht ruhig“, so Schmidt. „Bislang mussten wir nur einmal den Zug anhalten, weil eine Person nicht weiterfahren konnte.“

Nur einmal in der Zeit der Sonderzüge konnte der ERC einen Dreipunktesieg einfahren. „2007 in Düsseldorf“ weiß Eishockey-Urgestein Hans Fischer – auch gestern für Radio IN wieder am Mikrofon. „Ich war bei jedem Sonderzug dabei. Zwei Punkte haben wir einmal aus Wolfsburg mitgenommen.“ Und gestern nun aus Krefeld.

Von einem Sieg des ERC überzeugt war Rene Herzog von der Panther Sportsbar. Er hatte mit seinem Team 1200 Paar Wiener und Weiße („Wir sind seit 2 Uhr unterwegs“) samt Brezen und Senf vor dem Bahnsteig an die Fans verteilt. „Das sind heute Drei-Punkte-Wiener“, lächelt er. Später steigt er auch in den Zug: „Na klar, da bin ich dabei bis morgen früh. Dabei sein ist hier alles.“

Beweis für die Teilnahme an der 24-Stunden-Tour: der Fanschal. Er kündete vom „Sturm auf den Palast“. Vogl rief „Schal, Schal, Sonderzugschal“ – in der Hoffnung, den Verkauf kräftig anzukurbeln. Der echte Fan kauft sich so ein Souvenir auf jeden Fall. Vogl schmunzelte über ein paar außergewöhnliche Schals in der Lieferung: „Die haben uns wohl versehentlich ein paar Hertha-Schals mitgeschickt. Vielleicht kann ich die später auch noch verkaufen. Die Vereinsfarben würden ja passen.“

„Arbeit? Morgen nicht, wir haben Urlaub“, verraten Frank Schumacher und Mike Kaubisch, die mit Gschmack aus Bergheim gekommen sind. „Wenn, dann richtig mitmachen. Da kann man montags nicht in die Arbeit gehen.“ Lachend freu-en sich ein paar Meter weiter fünf Frauen auf die Abfahrt: Mona Bauernfeind aus Lenting, Tanja Schels aus Kipfenberg, Karin Schermer aus Böhming, Gerda Altrichter aus Ingolstadt und Tina Sieblitz aus Münchsmünster haben sich in der Saturn-Arena kennengelernt. Bauernfeind fährt „nach fünf Jahren Babypause wieder einmal“ mit, Schels ist zum sechsten Mal dabei. Die anderen sind Novizinnen.

Trotz gut 900 Menschen im und neben dem Bahnhof bleibt es ruhig. Sicherheitsdienst und Polizei sprechen von „sehr angenehmen Eishockeyfans“, die unangenehmeren wären eindeutig die Fußballanhänger. „Okay, um 3 Uhr am Montagmorgen sind vielleicht ein paar mehr von uns vor Ort“, so ein Polizist. Einer der Ordnungshüter meinte beim Blick auf die leeren Bierflaschen und den anderen Abfall auf den Bahnsteigen noch, die Fans könnten das „wenigstens in die Mülleimer werfen“.

Ordentlicher ging es beim Einsteigen zu: Nicht mehr Waggons entern wie weiland Piraten auf offener See, sondern Zustieg nach Gepäckkontrolle (Flaschen und Dosen mussten da bleiben) und Vorzeigen des Tickets (ohne ein solches kein Zutritt zum Bahnsteig).

Mit dabei: Karl-Heinz Fischer aus Neustadt: „Ich fahre da immer gern mit, es ist einfach schön. Ich schau mir Heimspiele an, wenn ich Zeit habe. Aber der Sonderzug muss sein. Auch wenn wir dabei zuletzt zu selten Erfolge feiern konnten.“

Vor der Abfahrt rechnete Fischer, ein wandelndes Eishockey-Lexikon nicht nur, wenn es um die Ergebnisse des ERC Ingolstadt geht, vor: „Von den letzten 16 Spielen hat Krefeld 14 gewonnen. Es schaut also nicht wirklich gut aus.“ Aber Fischer blieb Optimist: „Jede Serie geht einmal zu Ende. Warum nicht heute? Außerdem haben wir heuer schon zwei Mal gegen Krefeld gewonnen. Auswärts und daheim jeweils 3:2.“