Neuburg
Drama in den Storchennestern

Zahlreiche Jungtiere im Landkreis überstehen nass-kalten Frühling nicht - Ein Rekord ist trotzdem möglich

27.06.2021 | Stand 23.09.2023, 19:25 Uhr
Blick ins Storchennest: Auf dem Schwedentor in Rennertshofen ziehen die erwachsenen Tiere drei Jungstörche auf, hier eine Aufnahme vom Mai. −Foto: Hirschbeck, Gemeinde Rennertshofen

Neuburg/Schrobenhausen - Die Storchenpopulation im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen erlebt heuer ein schweres Jahr.

Der regenreiche und zudem recht kalte Frühling hat vielen Jungtieren das Leben gekostet. Beim Nachwuchs könnte es dennoch zum zweiten Mal in Folge ein Rekordjahr geben.

DER NACHWUCHS

Es ist ein hartes Jahr für die jungen Störche im Kreisgebiet. Insgesamt 15 tote Tiere in oder unter den Nestern haben Fachmann Gunter Weinrich und seine Helfer heuer schon betrauert. Allein vier der Opfer sind vermutlich in Karlskron zu beklagen, wo die beiden erwachsenen Störche ihren gesamten Nachwuchs verloren haben dürften. "Genau sieht man es nicht, wir gehen aber davon aus", sagt Weinrich. Die Brutpaare in Hörzhausen, Schrobenhausen und Baiern erwischte es diesmal ebenfalls hart. Die Tiere im Rohrenfelser Ortsteil Baiern, Stammgäste seit 2006, verloren zwei Junge. Im Nest auf dem Hörhammer-Haus in Schrobenhausen lag ein totes Jungtier, ein zweites stürzte Mitte Mai in den Tod. Und im Stadtteil Hörzhausen fanden Anwohner gleich zwei Babystörche tot am Boden. Dazu kommen unter anderem Verluste in Burgheim, Leidling und auf dem Kaffee Eckers in Schrobenhausen. Die genauen Umstände, die zum Tod der Tiere führten, sind freilich unklar. "An fehlendem Nahrungsangebot hat es aber sicher nicht gelegen", sagt der Neuburger Weinrich, der den Bestand ehrenamtlich im Auge behält.

DIE BRUT

Ebenso wie den geschlüpften Tieren haben die zum Teil niedrigen Temperaturen im April und Mai mit regelmäßigen Nachtfrösten auch den Eiern zugesetzt. In drei der insgesamt 31 belegten Nestern im Neuburg-Schrobenhausener Land ist den erwachsenen Störchen daher keine Brut geglückt. Neu ist dieses Phänomen nicht, diese Anzahl lässt allerdings aufhorchen. Betroffen sind diesmal die Standorte auf Schloss Stepperg, am Unteren Kanal in Karlshuld sowie in Marienheim. Letzterer, übrigens das einzige Nest auf Neuburger Stadtgebiet, hatte erst im Vorjahr erstmals zwei Jungstörche hervorgebracht. Diesmal brache die Tiere Mitte Juni die Brut ab. In Karlshuld ist der Standort mittlerweile sogar wieder verlassen.

DER REKORD

So tragisch die vielen toten Jungtiere auch sind: Insgesamt spricht Fachmann Weinrich dennoch von einem guten Ergebnis. Denn aktuell gehen er und die vielen ehrenamtlichen Beobachter im Kreisgebiet von 60 lebenden Jungtieren aus. Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2020 waren es 58. Dazu tragen vor allem die Paare am Feuerwehrhaus in Karlshuld sowie auf dem früheren Pfarrhof in Bertoldsheim bei; jeweils vier Eier brüteten sie erfolgreich aus. Je dreimal Nachwuchs gibt es unterdessen auf der Maria-Ward-Schule sowie dem Rathaus in Schrobenhausen, in Haselbach, auf dem Kettlitz-Schornstein sowie dem Schwedentor in Rennertshofen, in Schainbach, in Aresing, in Pobenhausen, auf der Kastlmühle bei Sinning sowie in Straß, wo allerdings nach einem Revierkampf im April ein Ei auf dem Boden zerschellt war. Dazu kommen zahlreiche weitere Standorte mit einem bi zwei Jungtieren. Weinrich geht davon aus, dass der Nachwuchs bis Mitte Juli komplett ausgeflogen sein wird. "Viele machen schon die ersten Flugversuche", weiß er und berichtet unter anderem aus Bertoldsheim von zaghaften Ausflügen der Tiere. Andernorts würden die Babystörche schon eifrig flattern.

DIE STANDORTE

Dass der Kreis Neuburg-Schrobenhausen bei Störchen immer beliebtet wird, hat auch mit der zunehmenden Anzahl an Nistgelegenheiten zu tun. Zuletzt ist beispielsweise Aresing dazugekommen, demnächst soll Waidhofen folgen. Darüber hinaus schaffen sich viele Brutpaare kurzerhand selbst ein perfektes Domizil. In Haselbach und Bertoldsheim war den Tieren recht egal, was der Mensch als idealen Standort ansieht. In Straß errichtete ein Duo im Vorjahr in einer Linde ein Nest. Und in Schrobenhausen waren mehrere Störche drauf und dran, den Kamin der früheren Gritschenbauerei sowie den alten Gefängnisturm zu besetzen, ebenso das Schweglerhaus. Alle drei Versuche gaben die Tiere aber letztlich wieder auf.

DER STURM

Eigentlich hatte Storchenexperte Weinrich gedacht, dass alle Dramen für heuer vorbei sind. Doch die Unwetter der vergangenen Tage haben im Nachhinein doch noch ein weiteres Tierleben gekotet. Vor einer Woche ist der Stamm mi dem Nest beim Haus im Moos in Kleinhohenried abgebrochen. Den Sturz überlebten beide Jungtiere samt Eltern zwar sehr gut, sie lebten seitdem im dortigen Wisentgehegen auf dem Boden. Doch dann kollidierte einer der kleinen Störche bei einem Flugversuch mit etwas. "Was genau das war, wissen wir nicht, seitdem war aber einer der Flügel schwer verletzt", so Weinrich. Die Tierhilfe Jonathan und ein Veterinär vermochten den Flügel aber nicht zu retten. Aus diesem Grund entschieden sich die Verantwortlichen am Wochenende dazu, das Leiden des Vogels zu beenden und ihn einzuschläfern.

DK

Stefan Janda