Dietfurt/Zell
"Drängende Eheschließung"

Der Ruhestandsgeistliche Markus Harrer übersetzt alte Pfarrmatrikel aus Zell

03.01.2018 | Stand 02.12.2020, 17:00 Uhr
Pfarrer Markus Harrer übersetzt die Zeller Pfarrmatrikel −Foto: Anton Patzelt (Anton Patzelt)

Dietfurt/Zell (pa) In betagten Unterlagen hat der Dietfurter Ruhestandgeistliche Markus Harrer geforscht und dabei uralte Matrikel der Pfarrei Zell übersetzt und abgeschrieben. Die Pfarrmatrikel als Kirchenbuch sind ein Verzeichnis aller Taufen, Trauungen und Sterbefälle in einer Pfarrei.

Die von Harrer bearbeiteten Zeller Matrikel umfassen den Zeitraum von 1676 bis 1764, sie sind also mindesten 250 Jahre alt. Dabei stieß der Pfarrer auf viele Familiennamen, die längst nicht mehr existieren und in Vergessenheit geraten sind. Ehen wurden zu dieser Zeit fast ausschließlich unter Paaren aus dem eigenen Dorf oder den Nachbarorten geschlossen.

Vor rund 300 Jahren gab es noch keine einheitlichen Schreibweisen der Ortsnamen. Daher tauchen Bezeichnungen wie Wolffspuech (Wolfsbuch), Dann (Thann), Kifenhill (Kevenhüll), Perlzoven (Perletzhofen), Degging (Töging), Gimbertshausen (Gimpertshausen), Ärnstorff (Arnsdorf) oder Milbach (Mühlbach) auf.

Geographen und Kartographen befassten sich erst Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkt mit der Frage nach einer einheitlichen Namensschreibung. Dies führte beim ersten Internationalen Geographenkongress im Jahr 1871 zur Forderung nach amtlichen Ortsverzeichnissen und auch Ausspracheregeln. Erst 1882 gab dann das Hydrographische Amt der Kaiserlichen Admiralität Berlin eine Verfügung über die Schreibweise der Ortsnamen in deutschen Karten heraus.

"Gerade für Spätberufene, die nur ein bisschen Latein lernten und auch vor dem Griechischen ein wenig Respekt hatten, mag es schwierig sein, diese zusätzlich noch ganz andere Schrift zu lesen", weiß der Ruhestandsgeistliche.

Vor rund 300 Jahren, am 9.Juni 1716, schloss der Witwer Joachim Schneidlinger, Weber aus Zell, die Ehe mit puella (das Mädchen) Maria, Tochter von Johann Perschl, Bauer in Arnstorff. Am 21. Juli 1716 führte Jakob Wolfstainer, Bauer in Arnbuch, Anna Maria, die Tochter des Andreas Zinkh, Weber in Zell, vor den Traualtar. Am 28. Juli 1716 gaben sich der Witwer Georg Rammelmayer, Bauer in Zell, und Barbara, die Tochter des Michael Diethl, Bauer aus Oppaering (Ottmaring) das Eheversprechen. Und am 15. September 1716 heirate der Zeller Bauer Wilhelm Schäffer seine Eva, die Tochter des Bauern Martin Werndt aus Gundlzhoffen (Gundelshofen).

Anno 1717 sind in den Zeller Pfarrmatrikel keine Trauungen verzeichnet. Im September 1717 führte der preußische König Friedrich Wilhelm I. die allgemeine Schulpflicht für Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren ein und das Jahr endete mit einer schweren Sturmflut an der Nordseeküste - sie forderte über 11000 Menschenleben.

Unter dem 28. Mai 1719 ist zu lesen: "Drängende und notwendige Eheschließung im Hause des Andreas Fellner, Bauer in Wolfsbuch, mit Anna, des Georg Mayr, Bauer in Zell". Natürlich sind auch die vielen Taufen in der Pfarrei Zell verzeichnet. So wurden 1716 zehn Kinder, 1717 neun Kinder und 1718 Mädchen und Buben durch das Sakrament zu katholischen Christen.

Zu lesen sind auch viele, heute oft längst nicht mehr gebräuchliche Berufsbezeichnungen. Michael Ruedl war Hirte in Zell, Joseph Sporer Waldarbeiter in Altmühlmünster, Maria Berner Schneiderin in Zell, Martin Prock Fischer in Deising, Laurentius Faber Schmied in Meihern, Johann Ferstl Rinderhirt in Altmühlmünster, Jakob Preisinger Binder und Kufner in Zell, Michael Hacker, Ochsenknecht in Dunsdorf und Josef Lindtl, Halbbauer in Blauhof.

Der Taufpate des Knaben Johann Jakob der Eheleute Thomas und Magdalena Halbig aus Zell war am 28. April 1745 der Wundarzt Matthias Perschl aus Wolfsbuch. Und als Pate des Kindes Matthäus der Eheleute Thomas und Magdalena Halbig aus Zell taucht am 12. Dezember 1733 der Badermeister Matthias Ferstl aus Wolfsbuch auf. Er wird in der Matrikel sogar als "ruhmvoller Mann" bezeichnet.