Steinsdorf
Dorfzusammenhalt für die Hosentasche

Über die Steinsdorf-App können die Dorfbewohner Themen rund um ihren Ort digital organisieren

20.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:58 Uhr
Die Steinsdorf-App zeigt alle Termine, Neuigkeiten und Gesprächsthemen des Orts. −Foto: Missy

Steinsdorf (DK) Seit diesem Jahr hat der Altmannsteiner Ortsteil Steinsdorf eine eigene App. Der Zusammenhalt im Dorf wird dadurch vereinfacht und digitalisiert. Für die Zukunft haben die Entwickler große Pläne.

Eines der Ziele, das sich der neue bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gesetzt hat, ist die Digitalisierung der bayerischen Verwaltung voranzutreiben. Auch eine App soll es geben, die Wissenswertes zur jeweiligen Stadt bietet. Große Pläne. In Steinsdorf sind sie da schon einen Schritt weiter.

Dort gibt es seit diesem Jahr eine App für die Dorfgemeinschaft. Programmiert hat sie Andreas Winkler. "Im Zuge des Jubiläums des zehnjährigen Bestehens des Dorfgemeinschaftshauses gab es beim Steinsdorfer Dachverein einen Umbruch und die Führung wurde an die Jugend übergeben", sagt der 27-Jährige. "Mit der App wollten wir die Dorfgemeinschaft digitalisieren."

Weniger Zettelwirtschaft und eine bessere Vernetzung zwischen den Bewohnern waren die Ziele. "Wir wollten anfangs erst einmal schauen, ob die App überhaupt genutzt wird", sagt Winkler. Die Downloadzahlen zeigen: Die App kommt an. Über das Apple-Betriebssystem iOS wurde die Software über 500-mal heruntergeladen, über Android mehr als 700-mal. Zum Vergleich: Steinsdorf hat rund 600 Einwohner.

Die App wird aber nicht nur heruntergeladen, sondern auch genutzt. Das funktioniert nur, weil sie kontinuierlich gepflegt und aktualisiert wird. "Die Nutzer bekommen über die App Push-Nachrichten, wenn das Vereinshaus geöffnet ist und erfahren auch alles, was im Ort wichtig ist, zum Beispiel die Termine der Müllabfuhr oder Ergebnisse der Gemeinderatswahlen", erklärt Winkler.

Die Kalenderfunktion ist das Kernstück der Software. Täglich werden von den sechs Vorstandsmitgliedern Termine eingepflegt, erst wenn eine Veranstaltung im Kalender der Steinsdorf-App erscheint, ist sie auch offiziell genehmigt. Bis zu 400-mal täglich wird der Terminkalender von den Nutzern aufgerufen.

Aber auch die digitalen Kommunikation findet häufig über die der App statt. "Wenn sich bei einem Thema viele Leute aus dem Dorf absprechen, ist Whats-App eher unpraktikabel, weil man nicht von allen Einwohnern die Handynummer hat", sagt Winkler. Da nutzen die Steinsdorfer Smartphonebesitzer lieber die App-Funktion "Dorfratsch". Doch genau deswegen hätte es die App beinahe gar nicht gegeben.

Von Apple bekamen die Entwickler nämlich zunächst keine Freigabe für den App-Store. "Wir wollten die Kommunikation über die Dorfratsch-Funktion eigentlich anonym gestalten", sagt Winkler. "Aber Apple meinte, dass man zurückverfolgen können muss, wer was schreibt."Deshalb loggen sich die User jetzt mit ihrem Haus- oder Spitznamen ein. Was zum einen ein lustiges Rätselraten zur Folge hat, wenn der Gesprächspartner über seinen Hausnamen identifiziert werden muss, und zum anderen zur witzigen Kommunikationsregel im Gruppenchat führt: "Bitte beleidige niemanden, die Administratoren kennen dein Haus", heißt es bei der Anmeldung zum Dorfratsch.

In Steinsdorf kennt man sich - und hilft man sich. "Wenn jemandem spontan eine Zutat beim Kochen fehlt, dann fragt er kurz in der App nach Hilfe", sagt Winkler. Die App bringt den starken Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft auf die digitale Ebene. "Der zentrale Punkt des Dachvereins ist es, das Dorfleben am Laufen zu halten", sagt Winkler. Familien, die sich in den neuen Baugebieten niederlassen, könne man so schnell in das Dorfleben integrieren. "Die App ist dabei eine von vielen Möglichkeiten, das zu schaffen." Aber auch eine gesunde Portion Wettbewerb schadet nicht.

Ein aktiver Ort lebt davon, dass die Einwohner sich treffen. Künftig könnte es deshalb eine Funktion geben, bei der sich Dorfbewohner über das WLAN des Vereinshauses als Teilnehmer von Veranstaltungen dort registrieren können. "Dann könnte es eine Hitliste geben, wer bei den meisten Terminen dabei war", sagt Winkler. Auch Umfragen zu den verschiedenen Themen rund um Steinsdorf oder die Abwicklung des Ticketing seien denkbar. Die App ist auch eine Spielwiese, um Neues auszuprobieren.

Denn auch wenn der eine oder andere befürchtet, sich künftig nur noch über das Handy zu unterhalten - an der Digitalisierung kommt über kurz oder lang wohl kein Bereich des öffentlichen Lebens vorbei. So wird das Thema bargeldloses Bezahlen gerade für junge Menschen immer wichtiger. Künftig könnte es möglich sein, über die App im Dorfgemeinschaftshaus zu bezahlen. Auch die Steinsdorfer Vereine würden davon profitieren. Die könnten ihre Zeiten im Vereinshaus über die App registrieren und anteilig an den Einnahmen profitieren.

In der App schlummert das Potenzial, die Dorfgemeinschaft immer in der Hosentasche dabei zu haben. Das könnte auch bayerische Spitzenpolitiker interessieren. Ein Besuch in Steinsdorf dürfte sich also lohnen.

Christian Missy