Eichstätt
Doppelte Sommerzeit im Jahr 1947

Schon vor über einhundert Jahren wurde mit der Umstellung der Uhren experimentiert

29.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:26 Uhr
Unabhängig von der Umstellung der mechanischen Uhren zeigen Sonnenuhren immer die gleiche Zeit. Im Bild eine Tisch-Sonnenuhr aus dem 17. Jahrhundert. Sie wurde in Eichstätt aus heimischem Stein hergestellt, hat sechs Ziffernblätter und ist im Besitz des Referats zur Erhaltung von Kunst und Kulturgut. Die Höhe ist 14 Zentimeter, das Gewicht über ein Kilogramm. −Foto: Ettle

Eichstätt (EK) An den Zeigern der Uhren wurde in den zurück-liegenden über einhundert Jahren immer wieder gedreht, seit 1980 nun schon in schöner Regelmäßigkeit im Frühjahr und im Herbst.

Unbeeindruckt davon bleiben nur die Sonnenuhren, die immer "gleich gehen" - sofern die Sonne scheint.

In "Sachen Zeit" brachte der EICHSTÄTTER KURIER im Juni 1891 eine wichtige Meldung unter der Überschrift: "Einheitszeit". Am 2. Juni 1891 haben nämlich sämtliche deutschen Eisenbahnen die mitteleuropäische Zeit eingeführt, "und damit die Regelung nach verschiedenen Ortszeiten aufgehoben". Diese Neuerung wurde sehr begrüßt, auch deshalb, weil sich Österreich-Ungarn, Italien und andere Länder anschlossen.

Im Jahr 1916 wurde mit einer Zeitumstellung experimentiert, wonach die am 1. Mai eingeführte Sommerzeit am 30. September endete. Dieser Tag war 25 Stunden lang und es wurde die Frage erörtert, "ob die eingeschaltete Stunde 13 oder 0 Uhr heißen soll? ".

Wie die Heimatzeitung schrieb, hat das Bayerische Innenministerium Folgendes angeordnet: "In den standesamtlichen Einträgen gibt es zwei Mal die zwölfte Stunde und zwar nachts um 24 Uhr". Die Empfehlung lautete, schon am Vorabend sämtliche Haus- und Turmuhren der Stadt eine Stunde anzuhalten. Ein Kommentar dazu erinnert an die aktuelle Diskussion um die seit Jahrzehnten praktizierte Zeitumstellung: "Die gute alte Zeit. Sie ist uns herzlich willkommen! "

Auch im Kriegsjahr 1917 mussten sich die Leute an die Sommerzeit gewöhnen. Sie galt vom 16. April bis 16. September. Wie es hieß, "haben die guten Erfahrungen" mit der einstündigen Zeitverschiebung dazu geführt, sie auch 1918 vorzunehmen. Die Sommerzeit wurde sogar noch ausgeweitet, vom 1. April bis 14. Oktober 1918. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg findet sich eine Nachricht über das Jonglieren mit der Zeit in den besetzten rechtsrheinischen Gebieten. Tag der Umstellung war der 2. März 1919, früh 5 Uhr. Dann wurde erst 1925 wieder darüber diskutiert. Argumente dagegen lauteten nun: "Die Umstellung auf Sommerzeit hat keine wirkliche Einsparung gebracht, ferner kam es zu Zugversäumnissen und anderen Schwierigkeiten. " Außerdem wurde festgestellt, dass die ländliche Bevölkerung die Vorverlegung der Zeit um eine Stunde nicht mitmache, weil sie dadurch gezwungen sei, in den Ställen Licht anzuzünden. In der industriellen Bewohnerschaft käme es zu Missverständnissen und Störungen. "Die Pläne der Wiedereinführung der Sommerzeit 1925 sollten zu den Akten gelegt werden, damit wir die mitteleuropäische Zeit behalten", war der abschließende Wunsch.

Kompliziert wurde es nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1947, als vom Frühjahr bis Ende Juli eine "doppelte Sommerzeit" galt. Dabei wurden die Uhren gleich um zwei Stunden verstellt. Im Bericht dazu heißt es, dass viel über das frühe Aufstehen geklagt wurde. "Wir dürfen wieder eine Stunde länger schlafen", lautet die Überschrift in der Ausgabe vom 27. Juni 1947. Das Hauptquartier der amerikanischen Streitkräfte habe mitgeteilt, dass am Sonntag, 30. Juni 1947, um 3 Uhr die Uhren um eine Stunde zurückgestellt werden. Die damit verbundene Rückkehr "zur einfachen Sommerzeit" gelte sowohl für die Angehörigen der Besatzungsmacht wie auch für die deutsche Zivilbevölkerung.

Das Drehen an den Uhrzeigern wird nun bald der Geschichte angehören. In den Ländern der Europäischen Union soll im Jahr 2021 die Zeitumstellung beendet werden. Dies ist der Wunsch von rund 80 Prozent der Teilnehmer an einer Umfrage zur Sommerzeit. Am Sonntag beginnt die mitteleuropäische Sommerzeit. Dabei werden die Uhren um 2 Uhr auf 3 Uhr vorgestellt; der Tag hat also nur 23 Stunden. Diese Zeiteinteilung endet am letzten Sonntag im Oktober um 2 Uhr.

Josef Ettle