Diskussion um Umgehungsstraßen wird immer unsachlicher

23.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:09 Uhr

Zum Bericht „Man muss das Problem endlich lösen“, HK vom Donnerstag, 18. Juni 2015:

Die hohe Verkehrsbelastung in den Hauptverkehrsstraßen Hilpoltsteins hängt sicherlich mit dem Wachstum der Stadt zusammen. Allerdings gab es kaum kritische Stimmen auf dem Weg vom Klein- zum Mittelzentrum, verbunden mit neuen Bau- und Gewerbegebieten. Selbst die Initiative „Pro Umgehung Hilpoltstein“ ist für ein weiteres Wachstum. Aber vielleicht wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, sich gemeinsam Gedanken zu machen über die Frage „Wie viel Wachstum mit seinen infrastrukturellen Folgen verkraftet Hilpoltstein“.

Der zweite Punkt betrifft die Trassenführung der Umgehung. Eine Machbarkeitsstudie zur Prüfung der Umweltverträglichkeit der Umfahrung attestiert den Abschnitten zwischen Rother Straße und Mühlenweg sowie dem Gänsbachtal eine „hohe schutzgutbezogene Empfindlichkeit“. Neben einem Wasserschutzgebiet durchschneidet die Strecke mehrere Waldflächen (diese auf einer Breite von 25 Metern) und kartierte Biotope. Darunter auch Flächen, die unter den gesetzlichen Schutz des . 30 des BNatSchG fallen. . 2 der Schutzgebietsverordnung beschreibt den Schutzzweck folgendermaßen: „1. die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu erhalten und dauernd zu verbessern, insbesondere erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu verhindern . . .“ Gewachsene Lebensräume vieler Rote-Liste-Arten würden unwiederbringlich zerstört und können mit keiner Ausgleichsmaßnahme kompensiert werden.

Drittens möchte ich zu bedenken geben, dass immer nur von den möglichen 5000 Fahrzeugen, die rein rechnerisch auf die Umfahrung ausweichen würden, gesprochen wird. Was ist eigentlich mit der doppelt so hohen Anzahl an innerörtlichen Verkehrsbewegungen. Schlummert hier nicht ein weitaus größeres Entlastungspotenzial, ohne dass die Lebensqualität der Bewohner Hofstettens sowie der Bewohner der Baugebiete „Rother Höhe“ und „Dorotheenhöhe“ darunter leiden müssten? Denn nicht die Kritiker der Umfahrung sind für die Belastungen der Anlieger verantwortlich, sondern die Leute, die mit ihren Autos an deren Häusern vorbeifahren. Dazu müsste man nur sein (Fahr)-Verhalten ändern und könnte echte Solidarität zeigen.

Als Letztes finde ich es traurig, dass die Diskussion immer unsachlicher wird. Bürgermeister und Stadträten wird vorgeworfen, nicht im Interesse der Bürger zu handeln, und es wird deren Abwahl gefordert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass nicht jeder Stadtrat die Folgen abgewogen hat, bevor er seine Entscheidung getroffen hat. Ebenso braucht sich kein Ortsteil für seine Umgehung zu rechtfertigen. Gerade die Belastungen der östlichen Ortsteile haben in der Vergangenheit durch Gewerbegebietsausweisung und ICE-Neubaustrecke zugenommen und man wird künftig mit neuen Belastungen im Rahmen der Energiewende (Windkraftanlagen, Gleichstromtrasse) rechnen müssen. Solidarität aller Bürger Hilpoltsteins in den Auseinandersetzungen um Fahrsicherheitszentrum, Edeka-Logistikzentrum oder Gleichstromtrasse hätte den Betroffenen in den Ortsteilen gut getan.

Ich kann nur jeden aufrufen, sich umfassend zu informieren, speziell auch über die Auswirkungen auf sein eigenes Wohnumfeld und dann seine Entscheidung pro oder kontra zu treffen, damit es am Ende nicht nur Verlierer gibt, denn auch die Gewinner müssten noch mit 10 000 Autos leben. Frank Lehner

Jahrdorf