Pfaffenhofen
Diese Woche flattern Schreiben ins Haus

Experten der Stadtwerke beantworten Fragen zur neuen Niederschlagswassergebühr in Pfaffenhofen

02.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:42 Uhr
Stefanie Moll und Sebastian Brandmayr von den Pfaffenhofener Stadtwerken – hier mit einem der Erhebungsbögen, die dieser Tage an alle Grundstückseigentümer verschickt werden – beantworten Fragen zur Einführung der gesplitteten Abwassergebühr. −Foto: Kraus

Pfaffenhofen (PK) Mit der geplanten Umstellung auf gesplittete Abwassergebühren in der Stadt Pfaffenhofen zum 1. Januar 2018 gehen auch viele Unsicherheiten und offene Fragen einher: Wer muss durch die separate Niederschlagswassergebühr künftig mehr bezahlen, wer weniger? Was muss man als Grundstückseigentümer jetzt tun? Und warum betreiben die Stadtwerke überhaupt diesen Aufwand, wo das alte System doch funktioniert hat? Diese Fragen – und mehr – beantworten im Gespräch mit unserer Zeitung der technische Leiter der Stadtwerke, Sebastian Brandmayr, und seine Kollegin Stefanie Moll, Leiterin des Kundencenters.

?Warum werden die Abwassergebühren gesplittet?

Die Stadtwerke sind gesetzlich verpflichtet, die gesplitteten Abwassergebühren einzuführen. Weil das Niederschlagswasser über zwölf Prozent der Gesamtkosten der Abwasserbeseitigung ausmacht, ist es laut aktueller Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichts vorgeschrieben, die Kosten entsprechend der tatsächlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlagen zu verteilen. Schmutz- und Niederschlagswasser müssen also getrennt abgerechnet werden. Die Einführung bietet aber auch Chancen: Sie soll finanzielle Anreize schaffen, dass Bürger Niederschlagswasser auf dem eigenen Grundstück versickern.

?Woran werden die neuen Gebühren bemessen?

Berechnungsgrundlage für die jährliche Niederschlagswassergebühr ist die Größe in Quadratmetern der bebauten oder versiegelten Flächen eines Grundstücks, die an das kommunale Entwässerungssystem angeschlossenen sind – also beispielsweise an die Kanalisation, Regenrückhaltebecken, Gräben oder Verrohrungen. Die Schmutzwassergebühr berechnet sich auch weiterhin über die verbrauchte Leitungswassermenge in Kubikmetern.

?Profitieren die Stadtwerke finanziell von der Gebührenumstellung?

Nein, es werden keine höheren Einnahmen erzielt. Global betrachtet ist das Ganze ein Nullsummenspiel. Insgesamt bleiben die erhobenen Gebühren, die für den Betrieb der Kläranlage sowie die Instandhaltung und Erweiterung des Abwassersystems notwendig sind, gleich. Sie werden lediglich umverteilt. Ob die Gebühren dadurch für den Einzelnen ansteigen, gleich bleiben oder sinken werden, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.

?Wer bekommt die Rechnung für die Gebühren?

In der Regel der Grundstücksbesitzer, bei Wohnungseigentum der Verwalter oder Eigentümer.

? Und wie trifft die Gebührenreform die Mieter?

Ein Eigentümer hat das Recht, auch die Niederschlagswassergebühren über die Nebenkostenabrechnung über einen Verteilungsschlüssel – zum Beispiel nach Wohnfläche – auf seine Mieter umzulegen. Gleiches gilt bei Eigentümergemeinschaften beziehungsweise Hausverwaltungen.

?Wer muss tendenziell mehr zahlen, wer weniger?

Die Erfahrungen anderer Städte und Gemeinden in der Region zeigen, dass Haushalte in Mehrfamilienhäusern oder Eigentümer von kleineren Häusern mit großen Gärten eher profitieren, wohingegen Haushalte mit geringem Wasserverbrauch aber großen asphaltierten, überdachten oder gepflasterten Flächen, von denen in den Kanal eingeleitet wird, wahrscheinlich mehr bezahlen müssen als vorher.

?Welche Größenordnung werden die Gebühren in etwa haben?

Die Abwassergebühren betragen derzeit netto wie brutto 2,11 Euro pro Kubikmeter verbrauchtem Trinkwasser. Schmutzwasser wird künftig ebenfalls über diesen Verbrauch berechnet, die Gebühr wird aber – Pi mal Daumen geschätzt – um zehn oder 15 Prozent sinken. Die Berechnung steht noch aus, aber ein Wert von 1,85 bis 1,90 Euro dürfte realistisch sein. Hinzu kommt die deutlich niedrigere Niederschlagswassergebühr, deren Höhe pro Quadratmeter versiegelter Fläche noch nicht berechnet ist.

?Bis wann steht die Höhe der Gebühr denn fest?

Im vierten Quartal dieses Jahres, wenn die versiegelten und teilversiegelten Flächen aller Grundstücke ermittelt sind. Dann wird der Kostenanteil des Niederschlagswassers an den Abwasserkosten durch die Gesamtfläche in Quadratmetern geteilt. Danach muss die Gebühr noch zusammen mit der geänderten Beitrags- und Gebührensatzung beschlossen werden.

?Was ist der nächste Schritt bei der Flächenermittlung?

Die ersten Erhebungsbögen sind zum Monatswechsel verschickt worden, der Rest folgt in den kommenden Tagen. Es liegt auch eine Broschüre bei, die die Hintergründe erklärt und Hilfestellung bietet.

?Was genau sind diese Erhebungsbögen?

Ein Ingenieurbüro hat anhand von Luftaufnahmen die versiegelten Flächen aller Grundstücke ermittelt. Die betroffenen Eigentümer erhalten dieser Tage ein Schreiben, dem ein Erhebungsbogen mit einer Darstellung der Dachflächen und der versiegelten Flächen des Grundstücks beiliegt. Die Bürger sollen diese Angaben überprüfen und Abweichungen korrigieren. Denn anhand der Luftbilder konnte in der Regel nicht erkannt werden, ob die ermittelten Flächen an das kommunale Entwässerungssystem angeschlossen sind oder ob auf dem Grundstück versickert wird. Diese Informationen müssen die Bürger ergänzen.

?Was zählt denn als versiegelte Fläche, für die man zur Kasse gebeten wird?

Als vollversiegelt gelten zum Beispiel Dach-, Pflaster-, Beton- oder Asphaltflächen. Also alles, wo Wasser fast nicht versickern, sondern nur abfließen oder verdunsten kann. Diese Flächen fließen mit dem Faktor 0,9 in den Gebührenbescheid ein. Teilversiegelte Flächen wären zum Beispiel Rasengittersteine sowie Schotter- und Kieselfläche. Für sie gilt der Faktor 0,3. Es werden also nur 30 Prozent der Fläche angerechnet.

?Und für diese Flächen muss man automatisch bezahlen?

Nein. Ein Dach zum Beispiel gilt zwar als versiegelt, es zählt aber nur dann zur gebührenpflichtigen Fläche, wenn die Dachrinne an das öffentliche Kanalnetz oder Ähnliches angeschlossen ist. Wer das Regenwasser auf dem eigenen Grundstück versickert, zahlt dafür nichts. Läuft das Wasser im Normalfall aber raus auf die Straße, müssten Gebühren bezahlt werden – weil der Regen ja über die Gullys in den Kanal läuft.

?Kann das bei kleinen Vorgärten überhaupt festgestellt werden?

Zunächst einmal wird dem Bürger Glauben geschenkt. Im Selbstauskunftsverfahren bestätigt er ja mit seiner Unterschrift, dass er seine Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht hat.

?Und bei wenig plausiblen Korrekturen?

Stichprobenartige Kontrollen seitens der Stadtwerke sind möglich. Das Kommunalunternehmen geht aber davon aus, dass niemand mutwillig Falschangaben macht. Im Zweifelsfall soll deshalb erst einmal das Gespräch mit dem jeweiligen Bürger gesucht werden. Umso wichtiger ist es, dass die Eigentümer beim Erhebungsbogen eine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse für Rückfragen angeben.

?Und wenn Bürger Fragen haben?

Das Kundencenter der Stadtwerke ist telefonisch unter (08441) 4052-0 oder per E-Mail an mail@stadtwerke-pfaffen hofen.de erreichbar. Auch eine gemeinsame Begehung des Gartens ist in Einzelfällen möglich. Und ab Ende August sowie im September wird es Bürgerversammlungen geben, bei denen Fragen gestellt werden können. Seit ein paar Tagen gibt es auch Informationsmaterial unter www.stadtwerke-pfaf fenhofen.de im Internet.

?Müssen auch Gewerbebetriebe oder Stadt selbst die Gebühr bezahlen?

Ja. Für sie werden die versiegelten Flächen, wie zum Beispiel Hallendächer oder Parkplätze, genauso abgerechnet wie für Wohnhäuser. Es gelten aber auch die gleichen Ausnahmen: Die Stadtwerke etwa haben zwar viel versiegelte Fläche, aber sie sammeln das Dachwasser in einem 50 000-Liter-Regenwasserspeicher und nutzen es zum Gießen der städtischen Grünanlagen. Für diese Dachflächen bezahlt das Kommunalunternehmen also keine Gebühr. Die Stadt hingegen wird beispielsweise für den Volksfestplatz zur Kasse gebeten.

?Rechnet sich das Nachrüsten einer kleineren Zisterne auch für Privathaushalte?

Pro Kubikmeter Zisternenvolumen reduziert sich die gebührenrelevante versiegelte Fläche um 20 Quadratmeter. Ob sich das aus betriebswirtschaftlicher Sicht lohnt, muss jeder selbst prüfen. Aber man muss ja nicht gleich eine Zisterne bauen, sondern kann beispielsweise mit wenig Aufwand eine Teildachfläche vom Kanalnetz abtrennen und den Gartenteich damit nachfüllen. Auch unnötig bepflasterte Flächen können entsiegelt und bepflanzt werden, um Niederschlagswassergebühr zu sparen.

?Was gilt bei Häusern mit Anschluss an einen getrennten Regenwasserkanal?

Auch die müssen die Niederschlagswassergebühr bezahlen, weil sie einen Teil der von der Allgemeinheit geschaffenen Kanalinfrastruktur nutzen. Die Kosten dafür werden in der Stadt Pfaffenhofen schließlich von allen über die Gebühren finanziert – und nicht über Verbesserungsbeiträge der Anlieger.