Pfaffenhofen
"Die Zeit der Einzelkämpfer ist vorbei"

Josef Langenecker über 40 Jahre Topjus-Rechtsanwälte, Deals, Multimillionenprojekte – und John Grisham

01.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:48 Uhr

Josef Langenecker ist seit Anfang 2013 Vorsitzender der Geschäftsführung der Topjus-Anwaltskanzlei, die ihren 40. Geburtstag feiern kann. Theo Kupferschmid und Klaus Englert hatten einst diesen Zusammenschluss begründet - Foto: Straßer

Pfaffenhofen (SZ) Auf ihr 40-jähriges Bestehen können die Topjus-Rechtsanwälte zurückblicken. Aus kleinen Anfängen hat sich in vier Jahrzehnten eine mittelständische Kanzlei mit Standorten in Schrobenhausen, Pfaffenhofen, Nordhausen in Thüringen, Ingolstadt und München entwickelt. Vorsitzender der Geschäftsführung ist Professor Josef Langenecker. Der 50-jährige Tegernbacher ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er liebt die Natur, den Sport – und das Schwammerlsuchen. Wir sprachen mit ihm.

 

Herr Langenecker, der Kanzleiname Topjus klingt nicht gerade bescheiden. Gehört denn auch bei Juristen heute das Klappern zum Handwerk?

Josef Langenecker: Das geht auf eine kanzleiinterne Ausschreibung zurück, bei der wir einen Namen und ein Logo finden wollten. Die Bezeichnung kommt aus dem Mitarbeiterkreis und hat uns unter etwa 20 Vorschlägen am besten gefallen. Wir wollen damit unseren Anspruch darstellen, den Kunden Topleistungen auf dem juristischen Gebiet zu bieten. Das ist eine Leitlinie, ein Stück unserer Philosophie.

 

Wo liegt der Vorteil einer so großen Kanzlei wie Topjus? Warum schließen sich 26 Anwälte zusammen, anstatt selbstständig den Erfolg zu suchen?

Langenecker: Weil die Zeiten des Einzelkämpfers schon lange vorbei sind. Wenn man Unternehmen oder sonstige Mandanten betreuen möchte, dann muss man das in allen Bereichen können, weil sie vielschichtige Probleme haben. Das kann der einzelne Anwalt nicht, weil die rechtlichen Gebiete mittlerweile so speziell sind, dass der Arbeitsrechtler nicht auch noch Baurecht oder Straßenverkehrsrecht machen kann. Wir wollen einen Mandanten universell betreuen und dazu brauchen wir Spezialisten aus allen Bereichen.

 

Der Anwalt an der Ecke, der alleine in seiner Kanzlei sitzt, ist für sie also ein Auslaufmodell?

Langenecker: Der ist meines Erachtens nur noch denkbar, wenn er sich ausschließlich auf eine Nische spezialisiert. Aber auch dann muss er ein gewisses Netzwerk mit anderen bilden. Sonst ist das, glaube ich, ein Auslaufmodell.

 

Topjus ist eine Partnerschaftsgesellschaft. Muss man sich das so vorstellen, wie es der amerikanische Bestsellerautor John Grisham in seinen Büchern beschreibt: Die angestellten Anwälte müssen von früh bis spät buckeln und möglichst viele abrechenbare Stunden sammeln, dann steigen sie mit Glück irgendwann zum Partner auf und haben ausgesorgt?

Langenecker: Ich möchte nicht einmal ausschließen, dass an dem, was in den Anwalts-Romanen von Grisham geschildert wird, etwas Wahres dran sein könnte, wenn man sich anschaut, wie in manchen Großkanzleien gearbeitet wird. Bei uns, in einer mittelständischen Kanzlei, läuft das nicht so. In diversen Fällen wird auch bei uns nach Zeitaufwand abgerechnet, aber hier kommt es nicht vor, dass ein Mitarbeiter solche Größenordnungen an Stunden ansammelt, wie das die Anwälte bei Grisham tun. Hier arbeitet kein angestellter Anwalt 16 Stunden am Stück, den würde ich vorher heimschicken, weil da sonst auch keine Qualität mehr herauskommt.

 

Gefallen Ihnen die Grisham-Bücher eigentlich?

Langenecker: Ja. Sie sind zwar überzeichnet, aber ich finde sie ganz unterhaltsam, habe die meisten gelesen und auch die Filme angeschaut.

 

Wie wird man bei Topjus vom einfachen Anwalt zum Partner?

Langenecker: Bei uns kann ein guter, leistungsbereiter junger Anwalt – anders als in Großkanzleien – relativ schnell Partner werden. Wenn man sich so etwa fünf Jahre lang beschnuppert hat, dann weiß man, was und wie viel einer leistet und ob er ins Team passt. Ob Neue aufgenommen werden, darüber entscheidet die Partnerschaft.

 

Welchen Jahresumsatz erwirtschaftet denn die Kanzlei?

Langenecker: Den Jahresumsatz darf ich Ihnen leider nicht mitteilen. Er entspricht aber dem von Kanzleien vergleichbarer Größe.

 

Topjus ist auf vielen Sektoren tätig, auch im Strafrecht. Gab’s denn da spektakuläre Fälle?

Langenecker: Wir hatten auch schon Fälle, in denen es um Tötungsdelikte ging. Aber so ein normaler Mord ist bei Gericht häufig sehr schnell abgehandelt. Die juristisch gesehen interessanteren Fälle sind komplexe Wirtschaftsstrafverfahren, und da haben wir welche, oder arbeitsrechtliche Verfahren, die sich wegen illegaler Beschäftigung häufig auch ins Strafrecht hinein bewegen.

 

Bekannt ist Topjus vor allem auf dem Baurechtssektor. Was waren denn hier die größten Projekte, die von der Kanzlei betreut wurden?

Langenecker: Beim Potsdamer Platz in Berlin haben wir zum Beispiel viele Tiefbauarbeiten komplett juristisch betreut, bei der Tunnelstrecke beim ICE-Ausbau auf der Strecke Nürnberg-München waren wir tätig. Ein Riesenprojekt mit einer Bausumme von mehreren hundert Millionen, das wir betreut haben, war die Schleuse Uelzen. Auch am Berliner Flughafen sind wir begleitend tätig. Im Prinzip sind wir überall da gefragt, wo große Tiefbaumaßnahmen anstehen, auch weil einer unserer Hauptmandanten auf diesem Sektor tätig ist.

 

Mulitimillionenprojekte zu betreuen ist für Topjus also nicht ungewöhnlich. Wie viele Prozent der Bausumme kriegen denn da die Anwälte am Ende als Honorar?

Langenecker: Das wäre natürlich Anwalts Traum, wenn das nach dem Gegenstandswert abgerechnet werden könnte, aber bei Großprojekten läuft das fast ausschließlich auf Stundenbasis. Da sind schon mal Teams mit mehreren Anwälten kontinuierlich mit so einem Projekt beschäftigt.

 

Interessiert sich denn Topjus neben den großen Mandanten aus der Wirtschaft überhaupt noch für juristischen „Kleinkram“ wie die Erbstreitigkeit, den Scheidungskrieg, die Kündigung oder den drohenden Führerscheinentzug?

Langenecker: Das interessiert uns sogar sehr. Wir haben bewusst unsere großen Standorte in Pfaffenhofen und Schrobenhausen, weil wir vor Ort für diese Klienten da sein wollen. Diese Fälle bearbeitet man ja schon aufgrund der Berufung, dass man mal Anwalt geworden ist.
 

Wo steht Topjus denn in zehn Jahren?

Langenecker: Wir haben unser Ziel erreicht, dass wir auch in den Großstädten rundherum etabliert sind. Wir wollen unsere Standorte stabilisieren, aber nicht noch weitere Kanzleien eröffnen. Die Zahl der Anwälte könnte aber noch steigen, also 30 und etwas mehr ist anvisiert.

 

Als Laie hat man den Eindruck, dass heutzutage immer mehr Gerichtsverfahren mit Deals enden. Entspricht das Ihrem Rechtsverständnis? Oder ist am Ende doch was dran an dem Spruch, dass man die Kleinen hängt und die Großen laufen oder zumindest billig davonkommen lässt?

Langenecker: Ein Richter muss sich an klare Regularien halten. Nur wenn diese erfüllt sind, ist ein Deal möglich. Ich bin ein überzeugter Befürworter solcher Deals. Wenn jeder Richter in jedem Fall bis zur letzten Verästelung urteilen müsste, dann bräuchten wir das Doppelte an Juristen und Richtern. Das geht nicht. Außerdem ersparen Deals den Parteien Zeit, Ärger und Kosten und es ist auch eine gewisse Gerechtigkeitsgewähr da, weil jede Partei einen Vertreter hat, der für seine Interessen oder die der Staatsgewalt eintritt.

 

Aber haben diese Deals vor Gericht nicht überhand genommen? Es wirkt manchmal so, als würden sich die Richter vor der Komplexität mancher Fälle fürchten.

Langenecker: Manche Fälle sind meines Erachtens auch nicht mehr entscheidbar. Wenn wir einen richtig großen, schönen Wirtschaftsprozess nehmen – den könnte ein Richter, wenn er nicht sehr alt wird, alleine nicht mehr entscheiden. Das ist nicht mehr justiziabel. Ich glaube auch nicht, dass der Große davonkommt und der Kleine gehängt wird. Im Gegenteil. Es gibt es Fälle, wo man den Eindruck hat, dass der, der in der Öffentlichkeit steht, schlechter davonkommt, gerade weil er eben im Fokus steht.

 

Obwohl man den Eindruck hat, dass in Deutschland wirklich alles juristisch geregelt ist, täuscht das manchmal. Zum Beispiel gibt es nach wie vor keinen Paragrafen, der die Umtriebe von Spannern unter Strafe stellt. Sehen Sie hier den Gesetzgeber gefordert oder reicht der Beleidigungsparagraf?

Langenecker: Unsere Verfassung sieht vor, dass es keine Strafe ohne einen entsprechenden Straftatbestand gibt. Deswegen müssen Straftatbestände in der Regel eng ausgelegt werden und das ist wohl die Ursache dafür, dass hier möglicherweise eine Lücke besteht. Möglicherweise sage ich deshalb, weil wir im Studium noch gelernt haben, dass solche Dinge als Beleidigung zu werten seien. Aber da ist die Justiz vielleicht mittlerweile sensibler geworden. Wenn es rechtlich nicht ausreichen sollte für eine Ahndung solcher Vorgänge, dann bin ich der Meinung, dass man hier nachbessern muss.

 

Wie feiert Topjus denn das Kanzlei-Jubiläum?

Langenecker: Mit einer Ausstellung der Künstlergruppe „Die Beerigen“ in unseren Räumen, außerdem planen wir für 2015 eine Vortragsreihe für Kunden. Referenten zu finden, ist bei uns nicht schwer, weil fast jeder Partner in der Kanzlei als Dozent tätig ist.