Ingolstadt
Die Wurzeln liegen in Unsernherrn

Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte wird 125 Jahre alt und muss Geldinstitut durch Corona-Krise führen

21.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:27 Uhr
Noch vor der Corona-Krise kamen die Raiffeisenmitarbeiter am Rande einer Betriebsfeier in Pörnbach zu diesem Gruppenbild zusammen, um sich auf das Jubiläumsjahr ihrer Bank einzustimmen. Unten der Vorstandsvorsitzende Richard Riedmaier. −Foto: VR Bayern Mitte

Ingolstadt - Wer den südlichen Ingolstädter Stadtteil Unsernherrn durchquert, der wird wohl kaum auf den ersten Blick darauf kommen, dass hier nicht nur die Wurzeln von vielen Krautköpfen und anderem Gemüse zu finden sind, sondern auch die eines großen Geldhauses der Region: der Volksbank Raiffeisenbank (VR) Bayern Mitte, wie sie inzwischen, heute 125 Jahre später, heißt.

Viele Fusionen über diesen langen Zeitraum haben einen beachtlichen Stammbaum anwachsen lassen, aber nach wie vor lässt sich das Gründungsdatum der drittgrößten Genossenschaftsbank im Freistaat auf das Jahr 1895 und das kleine Unsernherrn als Schauplatz festlegen: beim "Spar- und Darlehnskassenverein Unsernherrn e. G. m. u. H". Wie viele anderen der gegründete Selbsthilfevereine folgte die örtliche Kasse dem genossenschaftlichen Grundsatz: "Was einer alleine nicht schafft, das erreichen viele gemeinsam", wie es die Herren Raiffeisen und Delitzsch (Volksbank) einst propagierten.

Rund 100 Fusionen später deckt die Genossenschaftsbank mit ihrer Bilanzsumme von mehr als vier Milliarden Euro die gesamte Region und deutlich mehr ab: von Weißenburg bis Moosburg und Beilngries bis Reichertshausen. Dafür waren auch einige große Hochzeiten nötig, die sich mit der Zeit strategisch und den Entwicklungen im Sektor folgend ergeben haben oder folglich mussten.

1964 taucht der Name Raiffeisenbank Ingolstadt erstmals auf, als die Raiffeisenkassen Hundszell und Unsernherrn verschmolzen. Kurz darauf stoßen noch Etting, Friedrichshofen, Mailing-Feldkirchen und Oberhaunstadt aus dem damaligen Landkreis hinzu. Sprunghaft ging es dann ab 1991 weiter, als durch den Zusammenschluss mit der Raiffeisenbank Pfaffenhofen die Größe gleich verdoppelt wurde. 1999 entstand daraus sogar die Raiffeisenbank Ingolstadt-Pfaffenhofen-Eichstätt. 2009 folgte der noch heute gebräuchliche Name der Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte, als die angeschlagene Volksbank Raiffeisenbank Eichstätt einverleibt wurde. Den großen Schritt hat sie zuletzt 2018 durch die Fusion mit der Hallertauer Volksbank machen können, wodurch Platz drei in Bayern zementiert wurde. Das betreute Kundenvolumen erreichte zum Jahresende 2019 erstmals die Grenze von neun Milliarden Euro. Rund 170000 Kunden sind es inzwischen. "Unsere Kunden werden auch immer größer", erklärt Vorstandsvorsitzender Richard Riedmaier (kleines Bild) zu dem Fusionsstreben. "Als kleine Bank stößt du auch an die Grenzen bei der Kreditvergabe. "

Das Jubiläumsjahr hatte man sich natürlich anders vorgestellt, als wie alle anderen durch Corona auf eine harte Probe gestellt zu werden. Wie Vorstandschef Riedmaier betont, sei das aber ausgesprochen gut gelungen. "Unsere 800 Mitarbeiter geben alles und halten unsere Bankeninfrastruktur aufrecht. " 48 Filialen waren stets geöffnet. Bis auf eine kurzeitige Schließung von zwei Filialen wegen Corona-Fällen, sei man dem Auftrag - und auch dem eigenen Anspruch beziehungsweise selbst erklärten Ziel - in der schwierigsten Zeit nachgekommen.

Dazu half laut Riedmaier auch, dass die Bank schon weit vor der Corona-Krise die Weichen in Richtung deutlich mehr Digitalisierung gestellt hat, mit dem neuesten Stand der Technik versorgt ist. "Zum Glück, das kam uns sehr zugute. Wer jetzt beginnt, der bekam keine Ausstattung mehr. " Der Weg in die Digitalisierung erfolgte nun durch Corona "mit dem Turbo", wie Riedmaier sagt. Rund 250 Heim-Arbeitsplätze und vor allem die vielen mobilen Beratungsplätze für die Privat- und Firmenkundenberater hätten sich jetzt sehr bewährt. Die rund 30 Beraterinnen und Berater für die Unternehmen in der Region "waren voll gefordert" quasi Tag und Nacht im Einsatz. "Die Kunden hatten einen enormen Beratungsbedarf", so der Bankchef. Die Verkündungen aus der Politik über Hilfsprogramme und so weiter waren anfangs nur leere Hüllen, deren genauer Inhalt dann Schritt für Schritt im Nachhinein festgelegt wurde. Viele Programme enthielten Fußnoten. Und so sagt Riedmaier: "Es klingt hart, aber wer vor Corona keinen Kredit bekommen hat, bekam ihn jetzt auch nicht. "

Die VR hatte bei den eigenen Kunden weniger mit Förderdarlehen, sondern vor allem mit Tilgungsaussetzungen zu tun, womit die Betroffenen dann ein halbes oder vielleicht sogar ein volles Jahr erst einmal über die Runden kommen, "dann muss man weitersehen".

Zwischenzeitlich hatte die Bank ihre Bargeldbestände schnell hochgefahren und, wie es Riedmaier umschreibt, schnell mal einen eigenen Transporter nach München zur Bundesbank geschickt und die Scheine dann in den Tresoren der verschiedenen Geschäftsstellen deponiert. Aber das hatte es gar nicht lange gebraucht. Die befürchteten Abhebungen durch verunsicherte Kunden seien ausgeblieben. Vielmehr sei die Kreditkartennutzung massiv angestiegen.

"Die Leute leben von ihrer Liquidität, das ist ein hohes Gut", bilanziert der Bankchef. Wenn es schnell gehe mit der Corona-Krise, sei man als Bank vielleicht gar nicht so gefordert wie befürchtet. Riedmaier sagt über die generelle Corona-Lage: "Wenn es das jetzt war, dann kommen wir alle mit einem blauen Auge davon. " Er meint auch die eigene Bank, die stolz sei auf ihre Unabhängigkeit und besonders dabei auf einen Umstand im Bankenwesen: "Wir mussten noch nie vom Staat gerettet werden! " Die wirtschaftliche Stärke der Region suche ohnehin ihresgleichen. "Wenn bei uns hier in Ingolstadt und Umgebung die Lichter ausgehen, ist es überall schon dunkel. "

Und danach sieht es keinesfalls aus. Vielmehr kann die Bank ihr 125-Jahr-Jubiläum in den Blick nehmen, das mit mehreren Aktionen ablaufen wird; zuvorderst einer Jubiläums-Spendenaktion mit der Ausschüttung von 125000 Euro für Einrichtungen und Projekte im Verbreitungsgebiet. Bis 7. September können die Mitglieder oder Kunden selbst entscheiden, wer bei ihnen in der Region bedacht werden soll - durch Vorschlag in der Filiale oder über www. vr-bayernmit te. de. Eine Jury aus Genossenschaftsmitgliedern wertet aus und verteilt die Spendengelder.

Außerdem wird die Bank 125 Bäume in ihrem Raiffeisenwald bei Dollnstein pflanzen und in der Jubiläumswoche im Oktober auch Geschenke an die Kunden ausgeben: Honig von den eigenen Raiffeisenbienen sowie selbst gebrautes Bier - was wiederum ein kleiner Ringschluss der Bankgeschichte ist : Die Ingolstädter Hauptzentrale in der Ludwigstraße steht an der Stelle des ehemaligen Quartlbräus.

Das in die Jahre gekommene Haupthaus in der Fußgängerzone bringt den Blick in die Zukunft, zu dem gehört, dass die VR mit der Unternehmenszentrale an die Südliche Ringstraße ziehen will. Dem liegt eine zentrale Überlegung zugrunde: Der bisherige Sitz an der Ludwigstraße besteht im Grunde aus vier Gebäuden, die über viele Jahre durch Erweiterungen zusammengefügt wurden. "Das entspricht keinesfalls mehr den modernen Arbeitswelten. Wir haben ewig lange Gänge", blickt Riedmaier auf die Grundsatzfrage, die da lautete: Mit mehreren Millionen die alte Zentrale aufwendig im Bestand und mitten in der Fußgängerzone sanieren oder auf freiem Feld neu und zukunftsorientiert, nach den eigenen Bedürfnissen und Wünschen, bauen - dazu noch weitere Büroflächen zur Vermietung an Externe schaffen?

Die Wahl der Bank ist bekannt: Bis 2024 soll der moderne Büroturm an der Saturn-Arena stehen. "Ein kostenbewusstes Gebäude", sagt Riedmaier, "wir sind ja unseren Gremien mit den Mitgliedern verpflichtet. "

PK

Christian Rehberger