Die Wisentzucht kann weitergehen

30.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:10 Uhr

−Foto: Frank

Kleinhohenried (DK) Fahang und Eggeprinz heißen die beiden Hoffnungsträger, die am Haus im Moos ihre Art erhalten sollen. Die beiden Wisentbullen kommen aus dem Zoo Osnabrück und sehen die weibliche Herde vorerst nur durchs Gitter.

Heuer hat es auf den Weiden am Haus im Moos keine Kälber gegeben. Der Zuchtbulle war nicht mehr in der Lage, seine Funktion zu erfüllen und schon 2012 abgetreten. Ein trauriger Anblick für die Wisentbetreuer Georg Vilsmeier und Alfred Wiedmann. Doch im nächsten Jahr könnte es wieder aufwärts gehen. Mit Fahang und Eggeprinz hat der Donaumoos-Zweckverband zwei vierjährige Bullen bekommen, deren genetische Ausstattung passt, wie Veterinär Johannes Riedl bei einem Pressetermin gestern im Donaumoos versicherte. Damit, so steht zu hoffen, ist die Suche nach geeigneten männlichen Tieren erfolgreich verlaufen und der Erhalt einer fast ausgestorbenen Tierart auf einer sicheren Plattform.

Die Wisentzucht in Kleinhohenried geht auf die Anfangsjahre dieses neuen Jahrtausends zurück. 2002 traf der Bulle Nox am Haus im Moos ein. Er kam aus Nürnberg und blieb bis zum Jahr 2008. Nachdem zunehmend auch Töchter des mächtigen Stieres, der etwa 17 Zentner auf die Waage brachte, um die Bildungsstätte grasten und Inzucht die vielversprechenden Anfänge gefährdet hätte, wurde Nox abgegeben. „Schweren Herzens“, wie seine Betreuer heute noch sagen. Er lebt nach wie vor im thüringischen Ranis und hat auch dort gezeigt, was in ihm steckt.

Auf Nox folgte dann Egner. Er stammte aus dem Eggegebirge in Niedersachsen und blieb von 2009 bis 2012 in Kleinhohenried. Dann klappte es mit der Nachzucht nicht mehr. Zum Schlachten war der Bulle zu alt. Eine Spritze schickte ihn auf seinen letzten Weg. Der Körper kam ins Museum „Mensch und Natur“ im Nymphenburger Schloss. Nach Egners Abgang im Dezember 2012 war die Herde unbemannt.

Ein geeignetes männliches Tier zu finden, ist nicht einfach. Ursprünglich war der Wisent bis ins frühe Mittelalter in Europa weit verbreitet. Der Ureinwohner kollidierte aber zusehends mit menschlichen Interessen und war nach dem zweiten Weltkrieg auf einen traurigen Restbestand zusammengeschmolzen. 54 Tiere gab es nur, die genetisch auf zwölf Exemplare zurückgingen. Auf diesem kleinen Genpool fußt die Erhaltungszucht, die natürlich auch in Zuchtbüchern dokumentiert ist. Amtstierarzt Johannes Riedl vom Landratsamt in Neuburg wurde schließlich fündig. Der Bulle Luado aus der Schweiz sollte die Donaumoosherde bereichern. Bei der veterinärmedizinischen Untersuchung im Land der Eidgenossen kam es jedoch zu einem Narkosezwischenfall. Der Bulle atmete Pansenflüssigkeit ein. Daraus resultierte eine Lungenentzündung, die das mächtige Tier nicht überlebte. Damit war es wieder nichts mit quicklebendigen Kälbchen auf den Weiden des Zweckverbandes.

Neue Hoffnung schöpfen die Wisentbetreuer und der Amtstierarzt beim Anblick der beiden Neuen. Die Bullen sind 2010 geboren. Fahang, der in Haunau zur Welt kam, bringt etwa neun bis zehn Zentner auf die Waage, sein Kollege Eggeprinz aus Hardhausen in Nordrhein-Westfalen, ist geschätzt ein bis zwei Zentner schwerer. Die Bullen wachsen voraussichtlich noch zwei Jahre, dann haben sie Maximalgröße und -gewicht erreicht.

Eine Herde, zwei Bullen – das ginge nicht ohne heftige Dominanzkämpfe ab. Deshalb wird die Damenriege in zwei kleinere Gruppen von acht und neun Tieren geteilt. „Sie sind dann auch einfacher zu handhaben“, sagt Riedl. Weidefläche ist ausreichend vorhanden. Derzeit stehen 20 Hektar zur Verfügung, bald werden zusätzliche sechs Hektar hinzukommen, die mit massiven Holz- und leistungsstarken Elektrozäunen umfasst sind. Die Tiere sind zwar groß und notfalls auch sehr schnell und sprungstark, grasen aber deutlich weniger Grünmasse ab als eine gemütliche Kuh. Sie erhalten zwar Heu, Karotten und Rüben – auch um die Herde locken und dirigieren zu können – die Hauptnahrung ist aber Gras, das qualitativ auch minderwertig sein darf, denn magere Wisente sind gesünder und widerstandsfähiger. Sollte sich im kommenden Frühjahr der ersehnte Nachwuchs einstellen, können Tiere abgegeben werden. Dabei geht es nicht ums Geschäft. Die Wisentzüchter treten überzählige Tiere in der Regel gratis ab. So haben auch Fahang und Eggeprinz nichts gekostet. 1300 Euro waren für den Transport fällig, der von einem Spezialunternehmen durchgeführt wurde. Banken in Schrobenhausen und Karlshuld haben sich an der Begleichung der Kosten beteiligt, wie Michael Hafner vom Donaumoos-Zweckverband erklärte.

Insgesamt grasen wieder 5000 Wisente weltweit auf irgendwelchen Weiden. 60 Prozent davon in freier Wildbahn, die restlichen 40 Prozent in Gehegen.