Eichstätt
Die Wiedergeburt der Mandora

Das historische Lauteninstrument stand im Mittelpunkt des Eröffnungskonzertes auf dem Musikfest Eichstätt

06.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:51 Uhr

Kammermusik mit alten Instrumenten: Pietro Prosser (rechts) spielte die Mandora, eine in Eichstätt lange beliebte vereinfachte Lautenform. Begleitet wurde er unter anderem von Guadalupe del Moral an der Violine und Rachel Brown an der Traversflöte. - Foto: Klenk

Eichstätt (DK) Die Mandora - ein heute fast vergessenes Instrument - hat zu ihrer Zeit die Geister geschieden. Manche huldigten der Laute mit der vereinfachten Spielweise wegen ihres schönen Klanges, andere verunglimpften sie als Dilettanteninstrument. Bei den Eichstätter Fürstbischöfen war die Mandora jedenfalls beliebt. Deshalb finden sich in den Eichstätter Musikarchiven auch noch viele Aufzeichnungen von passenden Musikstücken. Seit etwa 30 Jahren beschäftigen sich Experten wieder mit dem Instrument. Auf dem Musikfest Eichstätt feiert die Mandora nun auch direkt an ihrer einstigen Wirkungsstätte ihre Wiedergeburt. Am Mittwochabend erklang sie auf dem Eröffnungskonzert in der ehemaligen Kirche Notre Dame, in die viele Musikinteressierte geströmt waren. Und auch die Stücke aus den Eichstätter Archiven kamen bei dem Konzert zu Ehren.

Auf den ersten Blick unterschied sich der Abend kaum von einem heute üblichen Kammermusikkonzert. Doch die alte Musik ist ein eigener Kosmos: Bei näherem Hinsehen und Hinhören machte das Ensemble The Rare Fruits Council mit seiner historisch informierten Aufführungspraxis, wie man diese Art des Musizierens nennt, doch einige Dinge ganz entscheidend anders.

Angefangen bei den Instrumenten: Neben der Mandora, die Pietro Prosser an diesem Abend spielte, gab es noch weitere Exoten zu hören. Die Klänge von Naturhörnern (Gijs Laceulle und Bart Aerbeydt) stiegen zum Beginn des Konzerts von der Empore in das barocke Gewölbe auf. In einem Trio von Franz Heinrich Wendelin Knöferle, um 1790 Hoforganist, Komponist und Gesangslehrer am Eichstätter Hof, war der warme Klang der Mandorasaiten zusammen mit Viola (Manfredo Kraemer) und Traversflöte zu hören. Rachel Brown gestaltete mit dem silbrigen und feinen Klang ihrer hölzernen Flöte die Melodien zart und filigran.

Dann die Spielweise: Das Ensemble The Rare Fruits Council gilt als wegweisend für die Interpretation von Alter Musik. Die Stücke - überwiegend aus dem 18. Jahrhundert - versuchten die Musiker also so zu spielen, wie sie vermutlich zur Zeit ihrer Entstehung geklungen haben. Im Sextett des Eichstätter Hofmusikers Joseph Michael Zink aus dem Jahr 1800, ergänzt von Guadalupe del Moral an der Violine und Balázs Máté am Cello, konnte man also hören, wie wohl einst am Hof des Fürstbischofs musiziert wurde. Mit sattem, klarem Ton spielten die Musiker dieses und andere Stücke und legten viel Sorgfalt in die Ausarbeitung der Melodien und musikalischen Botschaften. Die Spielweise der Streichinstrumente mit barockem Bogen sowie ein klares Akzentuieren und höchst sorgfältiges Zusammenspiel sollten den ganzen Abend bestimmen.

Der Mandora wurde außerdem in einigen Liedern gehuldigt, die Tenor Jan Kobow, begleitet nur von Pietro Prosser, interpretierte. Das Lied "An die Mandor" von Charlotte von Brandstein enthielt Zeilen wie "Oh, so tönt nur sanfte Saiten, holde, schmeichelnde Mandor". Kobow gestaltete seine Gesangsparts ebenfalls sehr sorgfältig und klar und untermalte sie auch schauspielerisch, sodass die Inhalte der Texte sehr gut zu verstehen waren. Zum Schluss des Programms kamen auch die Gegner der Mandora noch zu Wort. Im Lied "Der Mandorfeind" von Georg Johann Schinn, einem Schüler Haydns, sang Jan Kobow unter anderem davon, wie der Satan persönlich auf dem Blocksberg die Mandora schlägt. Das konnten die Organisatoren des Musikfests natürlich so nicht stehen lassen. Deshalb setzten sie als Zugabe gleich noch den "Mandorafreund" aus dem gleichen Zyklus obendrauf - als Überraschung verstärkt durch einen kleinen Chor aus Musikwissenschaftsstudenten und Mitarbeitern der Katholischen Universität und Chorsängern aus Ingolstadt. All das quittierte das Publikum mit lang anhaltendem Applaus.

Der Radiosender BR-Klassik überträgt am Donnerstag, 30. Juni, ab 20.03 Uhr einen Mitschnitt des Konzerts.