Ingolstadt
Die Wehrpflicht hat ausgedient

24.02.2011 | Stand 03.12.2020, 3:07 Uhr

Kurz nach 17 Uhr ist das Neue Schloss noch von der Abendsonne in gelbes Licht getaucht. Im Innenhof laufen die Vorbereitungen zur feierlichen Zeremonie.

Ingolstadt (DK) Gestern Abend ist in Ingolstadt eine Epoche zu Ende gegangen: Zum letzten Mal legten hier Wehrpflichtige der Bundeswehr ihr Gelöbnis ab.

Kurz nach 17 Uhr ist das Neue Schloss noch von der Abendsonne in gelbes Licht getaucht. Im Innenhof laufen die Vorbereitungen zur feierlichen Zeremonie. Vor der Absperrung warten bereits Brigitte und Suleiman Hamzic, deren Sohn Samir in einer Stunde geloben wird, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen. "Es gefällt ihm gut bei der Bundeswehr", sagt seine Mutter. "Er ist sehr sportlich, die Ausbildung macht ihm nix aus." Und überhaupt: "Ein bisserl Disziplin schadet den jungen Kerlen nix." Langsam gesellen sich andere Angehörige von Rekruten dazu. Schwestern, Brüder, Freundinnen, Eltern. Viele haben die Digitalkameras schon griffbereit.
 
Aber nicht nur die Verwandtschaft will dabei sein, wenn die letzten Wehrpflichtigen des Gebirgspionierbataillons 8 ihr Gelöbnis ablegen. Es gibt auch Stammgäste wie Johann Wittl (76) und Martin Zoss (70), die sich bei diesen Feiern gern an ihre eigene Bundeswehrzeit erinnern. "Ich war 1956 einer von den Allerersten", sagt Wittl stolz. Und Zoss meint: "Die Wehrpflicht hätt’ man nicht abschaffen sollen." Auch der frühere Brigadekommandeur Manfred Benkel, hier als Ehrengast dabei, hat mit der Abschaffung seine Schwierigkeiten, weil damit "vom Staatsbürger kein Einsatz für den Staat" mehr verlangt werde.
 
Kurz vor 18 Uhr marschieren die rund 120 Soldaten, angeführt vom Luftwaffenmusikkorps 1, in den Hof, der inzwischen von Fackeln erleuchtet ist. 58 der Gebirgspioniere sind Rekruten. Als Vertrauensmann spricht Unteroffizier Christian Roth, berichtet aus der Grundausbildung, zu der auch ein sehr frostiges Biwak gehörte. Die Zuhörer können es nachfühlen, denn auch bei der Gelöbnisfeier bekommen viele von ihnen kalte Füße. "Es wird auch weiterhin Gelöbnisse geben", verspricht Oberstleutnant Bernd Lothar Frei, stellvertretender Bataillonskommandeur, aber nicht mehr mit Wehrpflichtigen. OB Alfred Lehmann spricht vom "Ende einer Epoche". Er erinnert an die bewegende Trauerfeier für die in Afghanistan gefallenen Soldaten. "Morgen werden wir vor dem Rathaus erneut die Flagge auf Halbmast setzen."