Ingolstadt
Die Verkehrsbarriere

Wie die Ingolstädter versuchen, mit dem Fluss zu leben - Teil 3 der DK-Serie: Tunnel unter der Schlosslände

15.07.2019 | Stand 02.12.2020, 13:30 Uhr
An der Eisenbahnbrücke - durch das die Silhouette des Neuen Schlosses spitzt - geht's in die Tiefe: Die Computersimulation von Architekt Peter Bachschuster von 2012 illustrierte die damaligen FW-Pläne für einen Schlosslände-Tunnel. −Foto: Archiv

Ingolstadt (DK) Der Weg der Ingolstädter zur Donau ist weiter, als man denkt - im übertragenen und politischen, aber auch im wörtlichen Sinn.

Denn zwischen der Altstadt und dem Flussufer stellt sich die Schlosslände quer, bildet eine vierspurige Straßenbarriere, die den Zugang zum Wasser nicht gerade erleichtert. Immerhin gibt es seit der Landesgartenschau 1992 die Theaterunterführung. Doch es ist erst acht Jahre her, da sollte als große Lösung die Schlosslände auf Höhe des Zentrums untertunnelt werden.

Aufmerksame DK-Leser werden sich erinnern: Auch damals wurden in der öffentlichen Diskussion zwei Namen häufig genannt, die jetzt wieder im Mittelpunkt stehen, Sepp Mißlbeck und Peter Bachschuster. Der UDI-Bürgermeister, 2011 noch bei den Freien Wählern, war einer der Antreiber beim erhofften großen Wurf, der untertunnelten Schlosslände von der Adenauerbrücke bis hinters Gießereigelände - mit der Perspektive einer Flaniermeile auf breiter Front bis zur Donau. Die Computersimulation für die Tunnelpläne lieferte wiederum Architekt Peter Bachschuster.

Die FW-Initiative nahm richtig Fahrt auf, als sich die Koalitionäre der CSU im Juli 2011 mit den Freien Wählern auf das Ziel verständigten: Die Schlosslände soll weitgehend autofrei werden, der Abschnitt zwischen Rossmühl- und Schutterstraße soll umgestaltet, die zurückgewonnene Straßenfläche soll den ungehinderten Zugang zur Donau erleichtern. "Wir sind uns einig", ließen sich die damaligen Fraktionschefs Joachim Genosko (CSU) und Peter Gietl (FW) im DK zitieren.

Nach umfangreichen Gutachten und technischen Prüfungen durch die Fachleute kommt es im März 2012 im Stadtrat zum Schwur. Allerdings wird nach der Einführung von Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle schnell klar, wie die Debatte wohl enden wird. "Bei Abwägung aller Faktoren", sagt die Referentin, "sollte ein Tunnel nicht weiterverfolgt werden. " Preßlein-Lehle warnt insbesondere vor den städtebaulichen Folgen. Zu beiden Seiten des Tunnels müssten nämlich "lange offene Rampen" mit starker Trennwirkung gebaut werden, also tiefe Einschnitte in die Straße. Im südlichen Altstadtdreieck Tränktorstraße, Am Münzbergtor, Donaustraße würde der Verkehr deutlich zunehmen. Die Stadtplanerin plädiert für die "einfachste Form der Verkehrsberuhigung an der Schlosslände", die Reduzierung auf zwei Spuren. Wie man diesen zusätzlichen Freiraum nutzen könne, darüber sollten sich erst einige Architekturbüros Gedanken machen.

Am Ende der Debatte will von einem Tunnel niemand mehr etwas wissen, das Nein des Stadtrats fällt eindeutig aus, ohne Gegenstimme. FW-Mann Johann Stachel senior jubelt sogar: "Für mich ist das ein Freudentag, dass das mit dem Tunnel endlich vorbei ist! " Koalitionspartner Hans Achhammer (CSU) findet, die Stadt habe wichtigere Pflichtaufgaben als so einen Tunnel, der nur eine Menge Geld verschlingen würde (allein eine bescheidenere Variante ohne Anschluss der Schutterstraße wird seinerzeit mit rund 22 bis 28 Millionen Euro veranschlagt).

Die Grüne Angelika Wegener-Hüssen lehnt ohnehin den "krampfhaften Versuch, der Donau einen gewissen Eventcharakter zu verpassen", rundweg ab. "Wo liegt der Gewinn, wenn statt fünf Meter zehn Meter an der Donau frei werden? " Für den Sozialdemokraten Manfred Schuhmann ist die Tunneldebatte "im Prinzip ein Treppenwitz", denn "wir haben ein wunderschönes Gelände auf der Südseite".

Aber gut, dass wir mal über einen Tunnel unter der Schlosslände geredet und nachgedacht haben - so lautet 2012 das verkürzte und versöhnliche Fazit von FW-Chef Gietl. Über eine andere Idee aus diesen Jahren - die Liberale Christel Ernst will den Fußgängersteg über die Schlosslände hinweg verlängern - kommt keine größere Debatte mehr zustande.