St. Lorenzi
Die vergessene Laurentius-Wallfahrt

Wie der Weiler St. Lorenzi bei Oberdolling zu seinem südtirolerisch klingendem Namen kam

12.07.2020 | Stand 23.09.2023, 12:53 Uhr
Die Kirche ist der Schlüssel zur weit zurückliegenden Ortsgeschichte von St. Lorenzi, das wohl früher Appersdorf geheißen hat und eine alte Wallfahrt war. −Foto: Vogl

St. Lorenzi - Nicht nur die großen Orte und Ereignisse sind es, die in der Geschichtsschreibung Interessantes zutage bringen.

Auch ein kleiner und scheinbar so unbedeutender Ort wie der Oberdollinger Ortsteil St. Lorenzi kann interessante Geschichten erzählen. Eine davon ist, wie der Ort zu seinem eher ungewöhnlichen Namen kam.

"Zwei Dinge springen bei der Annäherung an den Ort sofort ins Auge", stellt Richard Kürzinger aus dem Nachbarort Kasing fest. An St. Lorenzi ist dem Köschinger Heimatpfleger sofort "die recht groß geratene, ja geradezu überdimensionierte Kirche im Garten eines privaten Anwesens" aufgefallen sowie der "ausgefallene Ortsname inmitten der "-ing", "-dorf" und "-hausen"-Endungen der Umgebung".

Beides hängt freilich zusammen. Der Kirchenpatron ist der Heilige Lorenz oder Laurentius. Die Verehrung dieses Märtyrers, der durch Verbrennen auf einem glühenden Gitterrost hingerichtet worden sein soll, setzte laut Kürzinger noch in römischer Zeit ein. Zeugnis davon geben zahlreiche Laurenziuspatrozinien mit romanischen Spuren. Laut dem Historischen Atlas von Bayern (Freilinger, HAB Ingolstadt) werden an folgenden Orten im alten Pfarrsprengel von Engelbrechtsmünster Laurentiuskirchen genannt: in Ilmendorf, Ernsgaden, Aiglsbach, Schleißbach, Schelldorf, Tholbath und Appersdorf.

Der letztgenannte Ort, nämlich Appersdorf, bringt uns weiter auf unserer Spurensuche: Appersdorf ist nämlich der alte Ortsname von St. Lorenzi. Nach den Forschungen von Richard Kürzinger, der die Bemühungen von Bürgermeister Josef Lohr und des Geschichtskreises Dolling schätzt, in dem auch er sich engagierte, handelt es sich bei dem kleinen Ort um eine Rodungssiedlung, die wahrscheinlich einmal zum Kloster Münchsmünster gehörte. Im Jahr 1403 - so weit zurück reicht die Geschichte des kleinen Ortes - wurde Appersdorf in einem Urbar des Klosters Münchsmünster genannt. Die Übersetzung aus dem Lateinischen lautet wie folgt: "Dann Appersdorf bei Kasing, wo uns die beiden Zehentteile von einer Curia und zwei Huben gehören. " Wahrscheinlich bestand der Ort 1403 nur aus den drei genannten Anwesen: der Curia und den beiden Huben. Irgendwann war dann der Name Appersdorf verloren gegangen: Denn in der Apian-Karte aus dem Jahr 1568 taucht neben der Kirche nur noch der Name St. Lorenz auf. Der ursprüngliche Ortsname fehlt. Es ist naheliegend, dass das frühere Appersdorf in der Zwischenzeit während der Landshuter Erbfolgekriege untergegangen ist. Richard Kürzinger nimmt an, dass eine Hofstelle unmittelbar nach der Katastrophe wieder aufgebaut wurde und dass es sich um das heutige Tiroler-Anwesen handelt. Kürzinger: "Anderenfalls wäre die Kirche dem Verfall preisgegeben gewesen und hätte nicht erhalten werden können. Auch der Laurenzi-Markt hätte sich nicht bis auf den heutigen Tag gehalten. "

Kürzinger fasst noch einmal die Indizien dafür zusammen, dass es eine Wallfahrt zum Heiligen Lorenz in Appersdorf gab. Diese sind der bis auf den heutigen Tag stattfindende Laurenzi-Markt, der Ortsname St. Lorenzi und die Größe des Kirchengebäudes. Das Kirchlein fasst immerhin rund 50 Besucher.

"Hier zeigt sich ganz deutlich, dass Appersdorf nicht allein für die Ortsbewohner gebaut wurde. Man ging offensichtlich von einer regelmäßig anwesenden, stattlichen Zahl von Besuchern, nämlich den Wallfahrern aus", so Kürzinger. Eine Nachbarpfarrei, Kasing, hielt zudem lange Zeit einen jährlichen Bittgang nach St. Lorenzi, das noch im 19. Jahrhundert zur Pfarrei Theißing gehörte. Das alles reicht Richard Kürzinger aber noch nicht als Beleg: Er formuliert vorsichtig, dass die Existenz einer Wallfahrt als These zu sehen sei. Aber, das darf man doch hinzufügen, als eine recht überzeugende.

DK


Verena Vogl