Ingolstadt
Die Tradition wiederbelebt

Erstmals seit 1946 hat Mühlhausen wieder einen Maibaum Pettenhofener Diebstahlsversuch scheitert

01.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:13 Uhr

Hoch hinaus begaben sich die Helfer beim Maibaumaufstellen in Mühlhausen. Nachdem das gute Stück, wie es sich in Bayern gehört, mit reiner Muskelkraft in die Höhe gestemmt wurde (rechts), mussten ja noch die Maibaumtafeln angeschraubt werden. - Fotos: Bird

Ingolstadt (DK) Die Tradition des Maibaumaufstellens ist in vielen Teilen Süddeutschlands weit verbreitet. Auch in der Region Ingolstadt wurden wieder zahlreiche weiß-blau lackierte Stämme errichtet. In Mühlhausen war dies erstmals seit über 70 Jahren wieder der Fall - ein Grund zum Feiern.

Strahlend blauer Himmel, grüne Wiesen und Vogelgezwitscher. Dazu gekühltes Bier und der Geruch von frisch gegrillten Bratwürsten: Idyllischer als gestern Vormittag hätten es sich die Mühlhausener wohl selbst kaum ausdenken können. Ein perfekter 1. Mai also, um nach mehr als 70 Jahren die Tradition des Maibaumaufstellens im Dorf wieder aufleben zu lassen.

Die Idee dazu sei schon seit Längerem gereift, verriet Bernhard Gruber (36), der Vorsitzende der Freiwilligen Feuerwehr Mühlhausen, die das traditionelle Fest organisiert hat. "Es gab einen Generationenwechsel in der Feuerwehr, und so haben mehrere junge Väter beschlossen, wieder einen Maibaum aufzustellen." Gesagt, getan - innerhalb von nur drei Wochen wurde ein fünf Meter langer Stamm organisiert und weiß-blau lackiert. Neben dem Feuerwehrhaus haben die Männer einen Betonsockel gegossen, in dem der Maibaum seit gestern fest verankert ist. Bis nächstes Jahr soll er dort stehenbleiben.

Die Legende sagt, dass es vor 71 Jahren die Ehefrauen im Dorf waren, die den Maibaum nach zwei Tagen wieder fällten. Die Damen hätten Angst gehabt, dass die undekorierte Tanne dem Ansehen der Gemeinde hätte schaden können. Und dabei blieb es - bis gestern.

Trotz der Maibaum-Abstinenz der vergangenen Jahrzehnte wussten die Männer gleich, worauf es ankommt. "Wir haben uns so gut wie möglich an die Tradition gehalten, weil es der erste Baum ist", versicherte Feuerwehrmann Gruber. Deshalb wurde er auch ausschließlich mit Muskelkraft errichtet, denn technische Hilfsmittel sind in Bayern verpönt. Angesichts der geringen Höhe des weiß-blauen Stamms hatten die rund 15 Aufsteller jedoch auch keine Schwierigkeiten und kaum Mühe, sodass sie schnell zu Steaksemmeln und Bier greifen konnten.

Am Vorabend machten die Mühlhausener noch mit einem weiteren Brauch Bekanntschaft. Denn zur Tradition gehört bekanntermaßen auch der Maibaumklau. Eine Gruppe aus dem Nachbarort Pettenhofen hatte versucht, den Baum zu stehlen - doch die Mühlhausener waren bestens vorbereitet. Sie hatten Späher entdeckt und ahnten deshalb, dass die Nachbarn aus dem Westen etwas im Schilde führten. Die Maibaumwache versteckte den Stamm schließlich und ließ den Räubern nur eine Attrappe zurück. Unverrichteten Diebstahls mussten die Pettenhofener um vier Uhr morgens den Heimweg antreten. "Wir lassen uns nach 71 Jahren doch nicht den ersten Maibaum klauen!", fasste Jürgen Meier die Vorkommnisse der Nacht zusammen. Der 36-Jährige hatte selbst dafür gesorgt, dass im Dorf alles mit rechten Dingen zugeht.

Und so konnte die Ortsgemeinschaft gestern seit Langem wieder ein Maibaumfest feiern. Etwa 100 Mühlhausener aßen, tranken und genossen die Sonne am Vormittag. Ob jung oder alt, alteingesessen oder zugezogen, viele Bürger kamen zum Feuerwehrhaus am Dorfplatz. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so etwas noch einmal gibt. Wir kommen hier alle zusammen", freute sich Inge Dollinger, die mit ihrer kleinen Enkelin Mia zum Maibaumfest gekommen war.

Im nächsten Jahr soll dann ein größerer Baum aufgestellt werden, so zumindest lautet der Plan der Mühlhausener. Da der diesjährige "Testlauf", wie sie ihn nennen, jedoch so erfolgreich verlief, wird das sicherlich kein Problem sein. Seit gestern ist die Tradition in Mühlhausen wiederbelebt.