Berching
"Die Tradition muss gepflegt werden"

Beim Berchinger Rossmarkt ist für die Besuchermassen aus Nah und Fern wieder jede Menge geboten

07.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:50 Uhr

−Foto: Anton Patzelt

Berching (DK) Es ist frühmorgens um 7 Uhr. Nebel liegt über der beschaulich ruhenden Berchinger Altstadt. Die Temperaturen bewegen sich um den Gefrierpunkt. Allerdings türmen sich bereits jede Menge Rossknödel auf dem Pflaster. Die Hinterlassenschaften der Vierbeiner zeigen an, dass wieder etwas Großes bevorsteht – nämlich der Rossmarkt.

Bei Hobbygärtnern sind diese Pferdeäpfel als Dünger beliebt. „Ich nehme den Pferdemist aufgrund seines hohen Gehalts an Mineralstoffen besonders gern für meine Rosen, beim Pflanzen der Erdbeeren und auch für das Frühbeet her. Ich hole ihn mir immer im Reitstall“, erklärt eine Freizeitgärtnerin aus Pyrbaum. Aber heute ist sie natürlich nicht wegen der Rossknödel nach Berching gekommen – sondern zum „Pferdl schaun“. Und da ist sie an diesem ersten Mittwoch nach Lichtmess hier genau richtig. Vierbeiner gibt es beim größten Wintervolksfest der Region jede Menge zu bestaunen.

Bereits früh am Morgen sind die Tiere von ihren Besitzern gewaschen, gestriegelt und aufgezäumt worden. Bis das auf Hochglanz polierte Geschirr sitzt, vergehen Stunden. „Ein Prachtgeschirr, das in Handarbeit hergestellt ist, kann schon mal 1000 Euro kosten und wiegt oft rund 300 Kilogramm“, weiß ein Pferdebesitzer aus der Nähe von Nürnberg zu berichten. Gegen 5 Uhr ist Thomas Wölker aus Sorghof bei Amberg bereits weggefahren, um rechtzeitig in Berching anzukommen. Er hat zwei Percheron dabei: „Das ist eine Kaltblut-Pferderasse aus dem Perche-Gebiet im Nordwesten Frankreichs.“

Für Thomas Drechsler aus der Frankenmetropole ist der Rossmarkt der Startschuss in die Saison. Anschließend geht es weiter zum Rosenmontagszug nach Köln und dann durch bis kurz vor Weihnachten. Aufgezäumt hat der Nürnberger Fritz und Pauli, zwei prachtvolle Süddeutsche Kaltblüter. Max und Fredi heißen die Kaltblüter, die Hans Heid aus Dietersdorf bei Schwabach mit nach Berching gebracht hat. Er bereichert den Rossmarkt mit seinen Kameraden, den Pferdefreunden Knoblauchsland, zum elften Mal. Recht klein ist der Vierbeiner von Franz Snehotta aus Berching – ein Shetlandpony namens Polly. „Ich habe noch nie einen Rossmarkt versäumt. Diese Tradition muss erhalten bleiben und daher gepflegt werden“, sagt er. Aus dem nahen Pollanten sind Stefanie Brendel und Kim Graf das erste Mal nach Berching gekommen. Begleitet werden sie von der zwölfjährigen Araber-Stute Asmia und dem zehnjährigen Araber-Hengst Hayyan.

Dann ist es endlich so weit und der Auftrieb der Vierbeiner beginnt. Mehr als 100 feinst säuberlich herausgeputzte Rösser werden an der Menschenmenge vorbeigeführt. „Mama, schau mal, das ist aber ein großes Pferd“, zeigt sich der kleine Max, der an diesem besonderen Tag den Kindergarten schwänzen darf, beeindruckt. Er meint einen prächtigen Haflinger. Die polierten Geschirre glänzen und funkeln – obwohl sich die Sonne entgegen der Vorhersage hinter den Wolken versteckt hält.

„Beim Reiten lernt man das Pferd kennen – beim Reden den Menschen“, hat Wolfgang Kühlechner eine alte Weisheit parat. Der Pferdefachmann aus Gunzenhausen steht auf einer kleinen Bühne und weiß über jeden Vierbeiner, der vorbeimarschiert, etwas zu berichten. Für die Musik sorgt die Stadtkapelle Berching unter der Leitung von Stefan Schaller. Geschätzt 20 000 Besucher kommen und viele drängen sich nach dem großen Pferdeauftrieb vor dem Podium, auf dem der designierte Ministerpräsident Markus Söder seine Rede hält. In der Menschenmasse sind auch einige Demonstranten mit Schildern und Spruchbändern auszumachen. Anschließend geht es durch den ausgezeichnet bestückten Warenmarkt auf der Suche nach Schnäppchen oder den beliebten Ross- und Pferdewürsten. Für die Kinder ist natürlich auch der Kleintiermarkt interessant.