Pfaffenhofen
"Die Stadt hat enormes Potenzial"

Manfred Mensch Mayer über das Projekt "Kommunale Nachhaltigkeitspartnerschaft" mit Valjevo

15.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:48 Uhr

Da soll es hingehen: Manfred Mensch Mayer zeigt auf eine Landkarte von Valjevo. Zusammen mit der Stadt Pfaffenhofen will Valjevo das Projekt "Kommunale Nachhaltigkeitspartnerschaft" angehen. - Foto: Paul

Pfaffenhofen (PK) Pfaffenhofen und Valjevo wollen künftig noch enger zusammenarbeiten, und zwar beim Schutz von Landökosystemen sowie deren nachhaltiger Nutzung. Was genau passieren soll, erklärt Initiator Manfred Mensch Mayer im Interview.

Herr Manfred Mensch Mayer, Pfaffenhofen und Valjevo haben sich aktuell für das Projekt "Kommunale Nachhaltigkeitspartnerschaft" beworben - worum geht es da?

Mensch Mayer: Die beiden Städte sind ja schon sehr lange - genau seit 1999 als friedlicher Gegenentwurf zum kriegerischen NATO-Bombardement auf das damalige Jugoslawien - und auf mehreren Ebenen freundschaftlich und partnerschaftlich miteinander verbunden. Das war ein großer Pluspunkt bei unserer Bewerbung. Das neue Projekt bezieht sich auf die "Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung", die 2015 die 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedet haben. Kernstück der Agenda sind die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung mit ihren 169 Zielvorgaben. Es geht um - wie es die Präambel der Agenda ausdrückt: "eine Transformation der Welt zum Besseren". Die Ziele decken alle Bereiche des Lebens ab, wie etwa Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik sowie Städtebau, Bildung und Gesundheit. Das Projekt "Kommunale Nachhaltigkeitspartnerschaften" wird von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt von Engagement Global im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung durchgeführt. Es soll Partnerschaften mit Kommunen aus Ost- beziehungsweise Südosteuropa befeuern.

 

Was packen die beiden Städte konkret an?

Mensch Mayer: Wir haben uns für das Agendaziel 15 entschieden. Es fordert, Landökosysteme zu schützen, sie wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung zu fördern. Genau deshalb heißt unser Projekt: "Natur in der Stadt - Umgestaltung kommunaler Grünflächen in urbane Lebensräume (Urban Biodiversity)". Neben mir als Künstler und städtischem Grünflächenreferent gehören Ex-Stadtrat Theo Abenstein in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Bayerischen Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Kreise und unser städtischer Klimaschutzmanager André Adler zu den Betreuern des Projekts.
 

 Wie geht es jetzt weiter?

Mensch Mayer: Für heute und morgen steht ein von Engagement Global organisierter Auftaktworkshop in Gelsenkirchen an. Dort treffen erstmals alle Akteure der Deutschen und Ost-/Südosteuropäischen Kommunen zusammen. Der Projektzeitraum selbst beträgt zwei Jahre. Dabei erhält jede Kommune 5000 Euro Fördergeld und Reise- und Übernachtungskosten für je zwei Besuche in der Partnerstadt finanziert.

 

Warum gibt es eigentlich plötzlich dieses Augenmerk auf den Balkan?

Mensch Mayer: Anscheinend haben sie jetzt in der deutschen Entwicklungspolitik den Osten für sich entdeckt. Entwicklungshilfe in Afrika beispielsweise gibt es ja schon sehr lange. Entwicklungshilfe legt auch Einflusssphären fest. Man positioniert sich global. Serbien will langfristig ebenfalls in die EU. Auch deshalb werden sie interessant für die Geostrategen in der Politik. Wir nutzen dieses Interesse für unsere kommunalen Gemeinwohlzwecke.

 

Wie kamen Sie persönlich in Kontakt mit Valjevo?

Mensch Mayer: Wir haben alljährlich Schüler und Lehrer aus Valjevo in unserem Haus, der FreienPrivatZone, beherbergt. Der Verein Freundschaft mit Valjevo organisiert und finanziert diese Reisen mit Kulturprogramm in Pfaffenhofen und Umgebung für jeweils eine Woche seit dem Jahr 2000. Immer wieder habe ich persönliche Einladungen bekommen, auch mal Valjevo zu besuchen. 2004 war ich erstmals aber nur kurz dort. 2015 und 2016 habe ich bedeutende Zeitabschnitte meines Lebens dort verbracht und auch jeweils ein Kunstprojekt initiiert und betreut: An den Valjevo-Skulpturen waren jeweils über 50 Personen einbezogen. Ganz im Sinne von Joseph Beuys: "Jeder Mensch ist ein Künstler." Das Kunstprojekt 2016 war im Prinzip schon eine vorweggenommene Umsetzung unseres Nachhaltigkeitsprojekts. Eine kommunale Grünfläche vor dem Kulturzentrum wurde umgestaltet und aufgewertet. Zentral in der Flächenmitte steht jetzt ein Apfelbaum als Gastgeschenk von Pfaffenhofen an Valjevo mit einer großen Steingedenktafel. Auf ihr wurde "Freundschaft und mehr" hineingemeißelt. Es ging mir bei diesem Projekt darum, mehr als nur Grün in die Stadt zu bringen.

 

Ist es denn so trist und grau in Valjevo?

Mensch Mayer: Nein, eigentlich nicht. Die Stadt hat sogar auch enormes Potenzial, beispielsweise durch Bereiche am Fluss Kolubara, der mitten durch die Stadt fließt. Aber man könnte die innerstädtische Flora nachhaltig im Sinne der Artenvielfalt erweitern. Also nicht nur etwas zum Anschauen, sondern etwas zum Essen für Biene, Schmetterling und Mensch pflanzen. Für solche Maßnahmen wird aber sowohl in Valjevo als auch in Pfaffenhofen breitangelegte Überzeugungsarbeit notwendig sein. So waren Funktionsträger der Stadt Valjevo erst mal total überrascht und haben jede Menge Einwände gegen Obstanbau im Stadtzentrum vorgebracht. Wir in Pfaffenhofen haben als zwischenzeitlichen Türaufhalter die Gartenschau 2017, die die Bereitschaft für solche Erweiterungen erleichtert und befeuert.

 

Was erwarten Sie sich und Ihre Mitgestalter noch von dem Projekt?

Mensch Mayer: Nachhaltigkeit! Wir in Pfaffenhofen haben schon beschlossen, jede sinnvoll mögliche städtische Grün- oder Brachfläche im Laufe der Zeit im Sinne der Artenvielfalt umzugestalten und aufzuwerten. Vorbildlich sichtbar umgesetzt wird dies bereits seit geraumer Zeit von unseren Stadtwerken. Federführung hat hier Mario Dietrich, der für die Grünanlagen Verantwortliche. Siehe zum Beispiel die Neugestaltung des Kreisels am Kuglhof. Durch das Projekt werden wir uns sehr intensiv mit der Thematik Artenvielfalt auseinander setzen. So werden in beiden Städten nicht nur Grün- oder Buntflächenkatasters, sondern auch Pflegekataster entstehen, die zur Sicherung und dem Erhalt der Umgestaltungen notwendig sind. Weiter ist aus dem Projekt in beiden Städten schon ein neues - vielleicht sogar größeres - entstanden. Langfristig wird nämlich an der formellen Anerkennung aller 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 gearbeitet. In Pfaffenhofen wird hierzu momentan eine Bestandsaufnahme erstellt. Schließlich wird angestrebt, die Agenda jeweils für die eigene Stadt zu ratifizieren und sie konkret und nachhaltig umzusetzen. Dies alles soll für beide Städte und ihre Bewohner, damit sind nicht nur Menschen gemeint, sondern auch Pflanzen, Tiere und Klima, zu einer Verbesserung und Sicherung der Lebensqualität führen. Auf Dauer!

 

Das Gespräch führte

André Paul.