Nürnberg
Die Stadt fit für die Zukunft machen

Nürnbergs Citymanager Reto Manitz und Hans Schmidt setzen in Zeiten des Onlinehandels auf die "smarte City"

04.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:41 Uhr
Nach 131 Jahren schließt das Traditionsgeschäft „Wieseler & Mahler“ in der Karolinenstraße seine Pforten. Als Grund für den Rückzug aus der City wurden steigende Mieten angegeben. Reto Manitz und Hans Schmidt kennen solche Schreckensmeldungen. −Foto: Pelke

Nürnberg (HK) Amazon & Co: Der Onlinehandel bedroht die Geschäfte in den Innenstädten. In Nürnberg hat die Stadt zwei Citymanager engagiert, die mit neuen Wegen nicht nur die Läden fit für die digitale Zukunft machen sollen.

Aktuell hat folgende Schlagzeile in Nürnberg die Runde gemacht: Nach 131 Jahren wird „Wieseler & Mahler“, das Traditionsgeschäft für gehobene Tischkultur, in der Karolinenstraße seine Pforten im nächsten Jahr für immer schließen. Als Grund für den Rückzug aus der City wurden steigende Mieten angegeben.

Reto Manitz und Hans Schmidt kennen solche Schreckensmeldungen. An den Untergang der Innenstädte durch den Onlinehandel glauben die beiden Citymanager trotzdem nicht. Stattdessen setzen Manitz und Schmidt auf Veränderung, um die Attraktivität der Innenstadt zu erhalten. „Krokodilstränen“ weinen die beiden schließenden Traditionsgeschäften nicht hinterher.

„Die Stadt muss sich verändern und auf die digitale Zukunft einstellen“, ist sich Manitz sicher. Innenstädte seien Erlebnisorte und erfüllen nicht mehr nur Versorgungsfunktionen. „Zur Attraktivität von Innenstädten gehören auch das gastronomische Angebot und die Aufenthaltsqualität. Deswegen schauen man nicht nur auf die Geschäfte. „Wir wollen die ganze Stadt fit für die Zukunft machen. Die Menschen sehnen sich heute mehr denn je nach lebendigen Innenstädten“, sagt Hans Schmidt, der das Buchhaus „Campe“ vor seiner Pensionierung zu einer der größten und erfolgreichsten Buchhandlungen in Deutschland aufgebaut hat. 2012 wurde Schmidt sogar zum „Buchhändler des Jahres“ gekürt. Heute kümmert sich der 67-jährige Einzelhandelsexperte gemeinsam mit Reto Manitz um das Nürnberg von morgen.

Freilich wissen die Citymanager auch, dass die Rahmenbedingungen für den stationären Einzelhandel durch die Konkurrenz aus dem Internet nicht einfacher geworden sind. Den Kopf in den Sand stecken brauche die Stadt deswegen aber nicht. „Nürnberg muss auf Individualität und Regionalität setzen“, sagen beide Citymanager, die seit 2016 im Auftrag des Wirtschaftsreferates die Frankenmetropole auf einen neuen Kurs bringen sollen.

Rund 100 000 Euro lässt sich die Stadt das Projekt pro Jahr kosten. Das ganzheitliche Citymanagement auf den Weg gebracht hat Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU): „Nürnberg hat eine herausragende Bedeutung als Einkaufsmagnet für ganz Nordbayern und darüber hinaus“, erklärt Fraas. Die Einkaufszentralität und der Einzelhandelsumsatz je Einwohner seien in Nürnberg im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten überdurchschnittlich hoch. Damit das in Zukunft so bleibe, will Fraas insbesondere den inhabergeführten Einzelhandel mit Hilfe der Citymanager dabei unterstützen, sich für die City der Zukunft gut aufzustellen.

Um dieses Ziel zu erreichen, wollen Manitz und Schmidt weg von „Schema F“. Stattdessen wollen sie Raum für Experimente. „Alle müssen sich verändern“ lautet die Devise. Die beiden wollen aus Nürnberg eine „smarte City“ (schlaue Stadt) machen, die Veränderungen ermöglicht und die Zukunft nicht blockiert. Dafür müssen viele „alte Zöpfe“ abgeschnitten werden. Häufig müssen die zwei Citymanager bei der Verwaltung mit Geduld und Fingerspitzengefühl für neue Wege werben. „Die Stadt muss sich trauen, innovative Schritte zuzulassen. Wir müssen in Nürnberg versuchen, andere Wege zu gehen.“ Dabei habe Nürnberg die besten Voraussetzungen, die Veränderungen zu meistern. „Wir sind total attraktiv. Wir haben großes Potenzial. Das müssen wir für die Zukunft nur jetzt erschließen“, sagen die beiden und machen sich auf zu einem ihrer Lieblingscafés in der City. Im „Café Katz“ am Hans-Sachs-Platz blüht das Leben. Hier funktioniere die Zukunft schon heute. Anstatt Langeweile pulsiere hier die Urbanität Genauso müsse das sein. So stellen sich die beiden die Zukunft vor: bunt, innovativ und erfolgreich.

Nach einem kurzen Espresso machen sie sich wieder auf, die Stadt peu à peu umzukrempeln für die Zukunft. Dem Hauptmarkt wollen die Citymanager demnächst neues Leben einhauchen. Die Königsstraße soll danach fit gemacht werden. Dabei wollen Manitz und Schmidt die Stadtteile wie Gostenhof, Johannis und Zabo nicht aus dem Blick verlieren. Auch hier müsse man das neue Leben in der Stadt an jeder Ecke spüren. Dann tauchen Manitz und Schmidt wieder ein in die Menge und verschwinden in dem bunten Treiben der City.

STADTMANAGER

Projekt: Reto Manitz und Hans Schmidt sind 2016 als externe Citymanager von der Stadt engagiert worden.

 

Konzept: Ziel ist es, den Einkaufsstandort Nürnberg attraktiv und konkurrenzfähig zu halten. Das Citymanagement soll den Einzelhandel unterstützen, sich für die Zukunft aufzustellen. Im Blickpunkt sind vor allem inhabergeführte Geschäfte.

Bedeutung: Die Umsatzkennziffer (Einzelhandelsumsatz je Einwohner) aus dem Jahr 2016 beträgt 137,1 (Bundesdurchschnitt ist 100). Der Einzelhandelsumsatz belief sich auf stolze 3,5 Milliarden Euro.

 

Internet: Im Internet findet man die Nürnberger Citymanager unter www.nuernberg.de/internet/wirtschaft/citymanagement.html. | npe