Greding
Die Schwimmnudel ist auch ein guter Abstandshalter

Kinder kommen mit Regeln gut klar - Schulen müssen bei der Rückkehr zum Präsenzunterricht flexibel sein

15.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:21 Uhr
  −Foto: Karch (2), Schule Thalmässing

Greding/Thalmässing - Eine logistische Meisterleistung wird in diesen Wochen von den Grund- und Mittelschulen verlangt, deren Schüler peu à peu wieder zum Unterricht kommen dürfen.

 

Bereits vor zwei Wochen wurde mit den Neuntklässlern gestartet, seit Montag sind Acht- und Viertklässler dazugekommen. Und in der nächsten Woche tauschen Erst- und Fünftklässler das Homeschooling wieder gegen den Präsenzunterricht.

"Man muss fast täglich neu planen", seufzt Gerhard Schuster, der Leiter der Grund- und Mittelschule Greding. "Vom Kultusministerium kommen jeden Tag zig Schreiben, die dann wieder berichtigt werden. " Und diese Anweisungen müssen penibel befolgt werden: Händewaschen, Masken tragen, Abstand halten. Damit dieser Dreiklang zum Schutz vor einer Infektion mit dem Covid-19-Virus funktioniert, musste viel organisiert werden. Die Rückkehr der Neuntklässler an die Schule vor zwei Wochen war der Härtetest. Und den hat die Gredinger Schule bestanden, lautet die Bilanz von Gerhard Schuster. "Bevor die Schüler gekommen sind, habe ich den Aldi leergekauft", berichtet er. Die Seifenspender wurden überall verteilt, damit die Schüler die Vorgabe, sich oft die Hände zu waschen, auch erfüllen können. Und weil vor wenigen Wochen Masken noch Mangelware waren, hat der Elternbeirat 100 Stück eingekauft.

Damit war die Schule gerüstet für den Start der Neuntklässler nach wochenlanger Abwesenheit. Im Rückblick sagt Schuster: "Es hat sich alles gut eingespielt. " Bei 14 Abschlussschülern musste die Klasse nicht einmal geteilt werden. "Vier Quadratmeter pro Schüler und eineinhalb Meter Abstand können wir einhalten. "

Die Neuntklässler müssen jeden Tag ein Ritual absolvieren: Vor der Tür warten - mit ausreichend Abstand - und 20 Sekunden am Waschbecken die Hände waschen. Am ersten Tag hat Schuster jedem eine Maske überreicht, jetzt müssen die Schüler ihre Maske von daheim mitbringen. Zwischen dem Pult und den Schülern wurde extra noch einmal eine Stuhlreihe aufgebaut. "Vor dem Start haben wir die Eltern in einem Brief auf die Hygiene- und Abstandsregeln hingewiesen. "

Die Pandemie zwingt die Schulen, zum alten Frontalunterricht zurückzukehren. Gruppenarbeit gibt es derzeit nicht. "Der Lehrer darf sich auch nicht mehr zum Schüler herunterbeugen und ihm in seinem Heft etwas erklären. " Und auch in den Pausen ist alles anders: Auch hier muss man Abstand halten. Damit sich nicht zu viele Schüler begegnen, gibt es versetzte Pausen nach einem ausgeklügelten System.

 

Sogar beim Pausenverkauf ist der Abstand unerlässlich. Dafür haben die Lehrer und der Hausmeister viele Schilder aufgehängt und Abstandsmarkierungen angebracht. "Jeder soll daran erinnert werden, was man darf und was nicht. "

Kinder müssen Lose ziehenSeit Montag werden auch die 37 Viertklässler wieder unterrichtet, eine achte Klasse gibt es in Greding heuer nicht. Die vierten Klassen sollen auf den Übertritt an weiterführende Schulen vorbereitet werden. Allerdings können nicht alle 37 Schüler, die jetzt in drei Gruppen aufgeteilt worden sind, von ihren zwei Klassleitern unterrichtet werden. "Damit es keine Unstimmigkeiten gibt, wer zum Klassleiter darf und wer von einem anderen Lehrer unterrichtet wird, mussten die Kinder ihre Gruppe ziehen", erläutert Schuster. Die Vierklässler sind jedenfalls sichtlich froh, wieder in die Schule zu dürfen - auch wenn es pro Tag nur drei Stunden sind. "Die kleinen Geschwister haben genervt", berichtet Emma vom Homeschooling der vergangenen Wochen und grinst verschmitzt. In der Klasse 4a macht Lehrerin Alexandra Leibl den Kindern das Abstandshalten leicht: Eine Schwimmnudel zeigt anschaulich, wie groß der Abstand sein muss.

An diesem Montag kommen jetzt noch drei erste Klassen mit insgesamt 60 Schülern und 15 Fünftklässler dazu. Die Schulanfänger werden eine Woche in der Schule unterrichtet, eine Woche müssen sie daheim bleiben. "Das wird immer schwieriger, je mehr Schüler zurückkehren", sagt Schuster. Und vor allem unübersichtlicher. "Mit den Erstklässlern wird es spannend", prophezeit der Schulleiter und versichert: "Wir tun unser Bestes. "

Auch in den Wochen zuvor hat es Unterricht gegeben - alles digital. Eine absolut ungewohnte Situation, gerade für die älteren Lehrkräfte, die im Umgang mit den neuen Medien oft nicht so firm sind. "Sogar die Unterrichtsplanung mit dem Schulamt läuft per Skype", berichtet Gerhard Schuster. Speziell für die Grund- und Mittelschule Greding wurde auch ein Cloudserver eingerichtet, auf den die Lehrer Lernmaterial wie Arbeitsblätter, Aufgaben, Informationen und Ähnliches eingestellt haben. Die Kontakte wurden auch per E-Mail oder Telefon gepflegt. Und die Lehrer haben in einem Geschäft in Greding Lernpakete für die Schüler hinterlegt.

Schule gibt StrukturKarin Käser freut sich sehr auf die Erstklässler, die nächste Woche an die Schule zurückkehren - auch wenn die Konrektorin der Grund- und Mittelschule Thalmässing auf "ihre" Zweitklässler noch ein paar Wochen warten muss. "Auch für die Grundschüler ist es schwierig, wenn sie ihren Lehrer so lange nicht gesehen haben", ist sie sich sicher. "Sogar bei den Großen hat man das schon gemerkt. Die Schule gibt Struktur, man trifft Freunde, Ansprechpartner für Sorgen sind da. "

 

Einfach wird trotz aller Vorfreude die Rückkehr zum Präsenzunterricht nicht, immerhin müssen 57 Schüler aus zwei ersten Klassen unterrichtet werden. Um die Vorschriften einhalten zu können, müssen die beiden Klassen geteilt und im wöchentlichen Wechsel unterrichtet werden. Eine Lehrkraft muss zu Hause bleiben und übernimmt deshalb komplett das Homeschooling für alle Erstklässler, die andere teilt sich mit zwei anderen Lehrerinnen den Präsenzunterricht. "Für die Kinder, deren Klassleiterin nicht da ist, wird es schwieriger, Aber wir achten darauf, dass sie sich an so wenig andere Lehrer wie möglich gewöhnen müssen. Sie sollen sich nicht jede Stunde auf andere Lehrer umstellen müssen. " Schließlich sei es schon schwierig, sich an den Abstand, den Mundschutz und die Hygieneregeln gewöhnen zu müssen.

In der Beziehung habe die Schule mit den 21 Neuntklässlern, die am 27. April in die Schule zurückgekehrt sind, und den Achtklässlern, die am 11. Mai dazugekommen sind, gute Erfahrungen gemacht. "Das klappt hervorragend", freut sich Karin Käser.

Dass die Schulen angehalten sind, die Viertklässlerauf den Übertritt in eine weiterführende Schule vorzubereiten, sieht Käser gelassen. Am Montag habe es Übertrittszeugnisse gegeben, so dass es jetzt nur noch um einen geringen Prozentsatz von Schülern gehe, deren Notenschnitt für den Übertritt nicht reicht und die in den Probeunterricht sollen. "Die Kinder darauf vorzubereiten, ist derzeit nicht das Wichtigste", sagt die erfahrene Pädagogin. "Es geht darum, die Kinder wieder ans Arbeiten zu gewöhnen, sie ernst zu nehmen und sie von ihren Erfahrungen mit dem Homeschooling erzählen zu lassen. "

Was zurzeit von den Familien abverlangt werde, sei schwierig. "Man kann nicht erwarten, dass die Kinder sich neuen Stoff allein erarbeiten. " Zudem müsse man auch die familiäre Situation sehen. "Wer Existenzängste hat, für den ist die Schule momentan nicht das Wichtigste. " Auch bei den Kindern lasse die Motivation, zu Hause zu lernen, nach. Und Karin Käser gibt auch zu, dass sie die Schüler vermisst. "Wir sind ja Lehrer geworden, um mit den Schülern zu arbeiten. Das ist uns jetzt genommen worden. "

Vorbild für Erwachsene"Es bleibt spannend im Bildungsbereich", sagt der Leiter der Obermässinger Grundschule, Christian Hobauer. Er hat in den vergangenen Wochen ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht: gute mit den Schülern, weniger gute mit dem Kultusministerium. "Wenn man erst am späten Mittwochnachmittag die konkreten Informationen bekommt, was zu beachten ist, wird das bis Montag schon knapp. " Positiv überrascht ist er dagegen davon, wie die Kinder mit den vielen neuen Regelungen umgehen. Deshalb hat er sie auch gelobt: "Man müsste euch als Vorbild für viele Erwachsene hinstellen. " Mit den 17 Viertklässlern, die jetzt in zwei Gruppen an der Schule unterrichtet werden, "kann man toll arbeiten".

Hobauer gibt zu, dass er gespannt sei, wie der Unterricht mit den Erstklässern aussehen werde, die ab Montag in zwei kleinen Gruppen unterrichtet werden. Dann seien vier Zimmer belegt plus die Notbetreuung, nach den Pfingstferien, wenn die Zweit- und Drittklässler kommen, wird es deutlich enger. Die Zimmer sollen nämlich nur immer von einer Gruppe genutzt werden, auch wenn rolliert werde. "Und acht Zimmer plus eines für die Notbetreuung habe ich nicht. " Hobauer hofft, dass die Vorschriften dahingehend geändert werden, dass nur die Tische getauscht werden müssen. Mit der Online-Betreuung in den vergangenen Wochen zeigt er sich zufrieden, auch wenn jeder über eine andere Internetgeschwindigkeit verfüge. "Aber wir haben alle Kinder erreicht. "

Besonders leid tut es ihm, dass die Viertklässler, die sich heuer von der Schule verabschieden, auf ihr Fest und ihren Ausflug verzichten müssen. Aber er verspricht: "Das holen wir nach. "

HK