München
"Die Schönheit des Mondes ist unbeschreiblich"

Astronaut Charlie Duke war 1972 auf dem Erdtrabanten

02.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:15 Uhr
Patrik Stäbler
Der ehemalige US-Astronaut Charlie Duke (rechts) sitzt mit dem Generaldirektor des Museums, Wolfgang Heckl, in einem Mondauto-Nachbau des Deutschen Museums in München. −Foto: Stäbler

Charlie Duke stand nicht nur selbst auf dem Mond - er hat Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins auch bei der ersten Mondlandung per Funk betreut. Kurz vor dem 50. Jahrestag hat der frühere US-Astronaut in München auf dieses epochale Ereignis zurückgeblickt.

München (DK) Der, auf den sie alle gewartet haben, eilt nun so forschen Schrittes heran, wie man es von einem Astronauten erwarten würde. Leicht breitbeinig, das Sakko offen, die Arme schlenkernd. Im nächsten Moment sitzt er am Steuer des Mondautos, das sie hier im Deutschen Museum in München extra ausgestellt haben für diese Feierstunde zum 50. Geburtstag der ersten Mondlandung. Ja, so schwungvoll und zupackend stellt man sich einen Menschen vor, der ins All fliegt. Es gibt nur einen Haken: Der, der da soeben hereingeschneit ist und nun vor zwei Dutzend Fotografen im Mondauto posiert, ist kein Astronaut, sondern der bayerische Ministerpräsident. Nur der bayerische Ministerpräsident muss man heute sagen. Denn auch wenn Markus Söder später mehrfach beteuern wird, was für ein glühender Weltraum-Fan er ist - der Landesvater spielt an diesem Tag nur eine Nebenrolle.

Denn das Scheinwerferlicht gehört einem anderen: Charlie Duke, ein schmaler Mann von 83 Jahren, der sich für den Besuch im Museum zwar seine leuchtend blaue Nasa-Jacke übergestreift hat. Ansonsten aber vermittelt er nicht den Eindruck, dass es ihn ins Rampenlicht zöge - und auch den Fototermin im Mondauto genießt er nicht so sehr wie sein Beifahrer. Dabei ist der Amerikaner das Blitzlichtgewitter gewohnt. Denn Charles Moss Duke Junior ist einer von bloß zwölf Menschen, die auf dem Mond waren.

Aktuell reist der frühere US-Astronaut durch Deutschland, um etwas verfrüht den 50. Jahrestag der ersten Mondlandung am 21. Juli 1969 zu feiern. Duke ist bei dem Thema ein begehrter Gesprächspartner. Zum einen, weil er 1972 selbst auf dem Mond gestanden ist. Und zum anderen, weil der den epochalen Moment der ersten Mondlandung hautnah miterlebt hat - als sogenannter Capcom der Apollo-11-Mission, also als Verbindungssprecher, der über Funk Kontakt zu Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins hielt.

"Es herrschte eine extrem angespannte Stimmung in der Bodenstation", erzählt Charlie Duke später im Imax-Kino des Museums, während hinter ihm Bilder der ersten Mondlandung über die Leinwand flimmern, die damals 600 Millionen Menschen live am Fernseher verfolgten. Denn als Armstrong und Aldrin sich am 20. Juli 1969 in der Mondlandefähre "Eagle" dem Erdtrabanten näherten, habe es plötzlich Probleme gegeben. "Wir hatten Kommunikationsprobleme, und wir hatten Computerprobleme", erzählt Duke. "Ich dachte wirklich, dass wir den Anflug abbrechen müssen." Es wäre dies ein Rückschlag gewesen für das Raumfahrtprogramm Apollo, das John F. Kennedy acht Jahre zuvor im Mai 1961 mit einer Rede vor dem Kongress gestartet hatte. Darin kündigte der US-Präsident an, dass noch im selben Jahrzehnt ein Amerikaner den Mond betreten werde. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde das Budget der Nasa um 400 Prozent erhöht; an die 400000 Menschen arbeiteten für das Apollo-Programm; die Kosten lagen bei 25 Milliarden Dollar, nach heutigem Wert etwa 125 Milliarden Dollar. "Es war ein monumentaler Kraftakt", erinnert sich Duke. Und eine direkte Reaktion auf das, was in den Jahren zuvor geschehen war. 1957 hatte die Sowjetunion - der große Gegenspieler der USA im Kalten Krieg - den ersten Satelliten ins All geschossen, "Sputnik 1". Das Ereignis löste in den USA den sogenannten Sputnikschock aus: Viele Amerikaner fürchteten, dass ihr Land im Ringen um die Vorherrschaft in der Welt ins Hintertreffen geraten könnte. Diese Sorgen wurden im April 1961 befeuert, als der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin als erster Mensch ins Weltall vorstieß - nur wenige Wochen, bevor Präsident Kennedy den Wettlauf zum Mond einläutete.

Und diesen Wettlauf entschieden die USA im Juli 1969 für sich - trotz aller Probleme, die Armstrong und Aldrin an Bord der Mondlandefähre hatten. Deren Treibstoff hätte Berechnungen zufolge nur noch für eine halbe Minute gereicht, erzählt Charlie Duke. "Dreizehn Sekunden später hörte ich Buzz Aldrin sagen: contact." Und kurz darauf meldete Neil Armstrong: "The eagle has landed" - worauf ein erleichterter Duke antwortete: "Eine Menge Jungs hier unten sind blau angelaufen, aber jetzt atmen wir wieder." Wenig später - in den USA war es der 20., in Europa der 21. Juli - betrat Neil Armstrong den Mond und sagte den berühmten Satz: "Ein kleiner Schritt für den Menschen, aber ein riesiger Sprung für die Menschheit.?

Nach Apollo 11 schickten die Amerikaner sechs weitere Missionen zum Mond. Beim vorletzten Flug im April 1972 betrat Charlie Duke als zehnter und bislang jüngster Mensch den Erdtrabanten. "Die Schönheit des Mondes ist unbeschreiblich", sagt der 83-Jährige. "Die verschiedenen Graustufen des Mondes, dazu die helle Reflexion der Sonne, und dann schaut man in den Himmel - und er ist pechschwarz." Am 14. Dezember 1972 verließ Eugene Cerman als bislang letzter Mensch den Mond. Danach geriet der Erdtrabant jahrzehntelang in Vergessenheit; bemannte Missionen erschienen kaum lohnenswert. Doch seit Kurzem erlebt der Mond eine Renaissance: Mehrere Nationen und private Firmen wollen Menschen dorthin schicken. So plant die Europäische Weltraumorganisation Esa ein Monddorf, wo Astronauten leben und arbeiten. Und die Nasa hat angekündigt, dass bis 2024 wieder Amerikaner auf dem Mond landen werden - darunter erstmals eine Frau.

Die Wiederentdeckung des Mondes hat mehrere Gründe: Forscher erhoffen sich neue Erkenntnisse, Firmen spekulieren auf Weltraumtourismus und Rohstoffe, und nicht zuletzt soll der Mond als Zwischenstation für einen Flug zum Mars dienen. "Es gibt Menschen, die davon träumen, den Mars zu kolonialisieren", sagt Charlie Duke. Ihn würde das aber nicht reizen: "Auf dem Mars herrscht eine lebensfeindliche Atmosphäre, und die Landschaft sieht überall gleich aus. Ich wäre gerne dorthin geflogen - dann aber auch gerne wieder zurückgekehrt. Denn die Schönheit unserer Erde ist im Sonnensystem einzigartig."

Für Markus Söder käme noch nicht mal ein Flug zum Mond in Frage. "Ich bewundere alle, die das machen und gemacht haben - ich selbst will da jedoch nicht hochfliegen", sagt der Ministerpräsident anschließend. Grundsätzlich aber, fügt Söder grinsend hinzu, "würden mir schon ein paar Kandidaten einfallen, die ich gerne da hinschicken würde. Dann aber auf die dunkle Seite des Mondes."

Patrik Stäbler