Die Ruhe vor dem Sturm?

Schuldenberatungen und Banken melden noch kaum Corona-bedingte Zahlungsprobleme - "Frage der Zeit"

08.05.2020 | Stand 23.09.2023, 11:57 Uhr
Kaum Corona-bedingt Zahlungsschwierigkeiten: Noch ist der Beratungsbedarf von Banken und Schuldnerberatung in der Region gering. −Foto: Klose, dpa

Ingolstadt - Mit der Corona-Krise wächst bei vielen Menschen die Angst, wegen ihres reduzierten Einkommens Miete oder Kreditraten nicht mehr voll bezahlen zu können.

 

Zwar dürfen die Geschäfte bald wieder alle öffnen, doch bleiben viele Selbstständige auf Ausfällen sitzen. Auf der anderen Seite gibt es zahllose Beschäftigte, die sich weiter in Kurzarbeit befinden, mit entsprechend weniger Geld in der Tasche. Noch aber suchen nur wenige Hilfe, stellen Banken und Schuldenberatungen in der Region Ingolstadt fest. Es sei aber wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis sich das ändert, befürchten die Fachleute. "Schon geringe Einkommensverluste reichen aus, um die Ausgaben nicht mehr bedienen zu können", wissen sie.

Der Gesetzgeber hat Betroffenen aber verschiedene Türen geöffnet, um niemanden von heute auf morgen in Zahlungsschwierigkeiten zu bringen. So kann ein Vermieter "ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht", heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch. Allerdings ist der Zusammenhang zwischen den Ausständen und der Pandemie glaubhaft zu machen.

Die neuen Regelungen erlauben es Verbrauchern, Kreditraten in bestimmen Fällen aufzuschieben. Manche Versicherer bieten die zinsfreie Stundung von Beiträgen an. Bei Kosten für Strom, Gas, Wasser oder Telefon ist das unter gewissen Voraussetzungen ebenfalls möglich - etwa wenn das Geld wegen der Corona-Krise sonst nicht mehr für den Lebensunterhalt reicht. Die Zahlungen sind aber nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Die ausstehenden Beträge werden nur später fällig.

Offenbar ist der finanzielle Druck wegen der Corona-Pandemie bisher nicht allzu groß. "Zu unserem großen Erstaunen haben sich bis heute eigentlich nur sehr wenige Betroffene in unserer Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle gemeldet", sagte deren Leiter Helmut Hartl vom Diakonischen Werk Ingolstadt. Die Beratung sei seit Montag wieder möglich, man hole jetzt die seit 18. März verschobenen Termine nach. "Wir gehen aber davon aus, dass sich die tatsächlichen Auswirkungen dieser Krise wie höhere Arbeitslosigkeit, verringertes Einkommen oder Einsparungen in öffentlichen Haushalten in den nächsten Wochen und Monaten extrem bemerkbar machen werden", befürchtet Hartl.

Ähnliche Erfahrungen hat Bernhard Gruber von der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt gemacht - auch weil Inkassobüros oder Gerichtsvollzieher zurzeit eher moderat vorgehen. Gruber stellt jedoch eine "hohe Nachfrage von Klienten fest, die Arbeitslosengeld II, Wohngeld oder Kinderzuschlag wegen Kurzarbeit oder Kündigung beantragen müssen. Das dicke Ende kommt noch, so jedenfalls unsere Einschätzung".

"Wir können in unseren Beratungsstellen in Neuburg und in Schrobenhausen noch keinen vermehrten Beratungsbedarf feststellen", teilte Anett Drude von der Schuldner- und Insolvenzberatung des Caritasverbands Neuburg-Schrobenhausen mit. Sie legt die Betonung ebenfalls auf das "noch". Wegen der vorübergehenden Tafelschließungen seien aber Bedürftige seit Mitte März mit Lebensmittelgutscheinen und zweckgebundenen Barauszahlungen unterstützt worden. Die Schuldnerberatung der Caritas-Kreisstelle Eichstätt war schon vor der Corona-Krise ausgelastet. "Derzeit ist eine vermehrte Anfrage, was problematische Kredite betrifft, nicht zu beobachten", lautet die Auskunft von Hans Wiesner. "Ich gehe davon aus, dass Kreditnehmer mit ihren Banken kurzfristige Lösungen suchen. "

Und was sagen die Banken in der Region Ingolstadt? "Aktuell sind keine über den normalen Umfang hinaus erkennbaren Zahlungsschwierigkeiten bei den Privatkunden erkennbar", ließ Heinrich Eisenmann von der Sparkasse Pfaffenhofen wissen. Darlehensnehmern würde aber die gesetzliche Möglichkeit zur Stundung und zur Anpassung der Kreditraten angeboten. "Diese Möglichkeit wird auch von einzelnen Kunden genutzt. "

Die Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt verweist darauf, alle Kreditpläne grundsätzlich dahingehend geprüft zu haben, ob sie für den Kunden tragbar sind. "Finanzierungen, die auf Kante genäht waren, haben wir abgelehnt" sagt Abteilungsdirektor Jörg Tiedt. Aktuell seien etwa 1100 Tilgungsaussetzungen beantragt, davon allerdings rund 80 Prozent von Gewerbekunden und nur das restliche Fünftel von Privatkunden. "Zwangsversteigerungen aufgrund von Corona sind uns bisher keine bekannt. "

Die VR Bank Bayern-Mitte hält es ähnlich. "Unsere Philosophie als regionale Genossenschaftsbank ist die, dass wir unsere Kunden gescheit beraten und Puffer einbauen. Corona hat aber niemand erwartet", sagt die Bereichsleiterin Vorstandsstab Anna Hollmann. "Noch ist die Lage aber gut. " Im Ernstfall werde man wie immer versuchen, gemeinsam mit der Kundschaft eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden.

DK

Horst Richter