Ingolstadt
Die rollende Bibliothek

Vor einem halben Jahrhundert startete der Bücherbus - 8000 Kilometer im Jahr

24.01.2022 | Stand 28.01.2022, 3:34 Uhr
"Für jeden Geschmack das Richtige" versprach diese Zeichnung, die zum Start des Bücherbusses 1971 entstand. Damals war noch der Landkreis Ingolstadt zuständig. Heike Marx-Teykal und Stefan Kuhnt mit einem Modell des alten (rechts) und des künftigen Gefährts. −Foto: Hammer

Ingolstadt - So einen Bus hatte man bis dahin in der Region noch nie gesehen: Das Gefährt der Firma Göppel in Augsburg beförderte keine Menschen, sondern Bücher.

Vor einem halben Jahrhundert entschloss sich der damalige Landkreis Ingolstadt, eine Kreisfahrbücherei ins Leben zu rufen. Der Grundgedanke war eine wohnortnahe Versorgung der Menschen in den Gemeinden mit Büchern. Gut 6000 Bücher umfasste die Erstausstattung, die in einem 14-Tage-Turnus ausgeliehen und wieder eingesammelt wurde.

Der Andrang war enorm. Ende 1971 gestartet, verzeichnete der Bücherbus schon im Jahr 1973 rund 95000 Ausleihungen an insgesamt 62 Haltepunkten. Im Dezember 1974 wurde bereits das 100000. Buch ausgegeben. Und so ging es weiter. 1978 und 1979 waren Rekordjahre mit jeweils über 120000 Ausleihungen - normal sind zwischen 80000 und 100000. Alles in allem, so hat Heike Marx-Teykal, die Leiterin der Stadtbücherei, ausgerechnet, wurden bis Ende 2020 rund 4,65 Millionen Medien ausgeliehen.

Die Kunden sind nach ihrer Erfahrung neben einigen Senioren vorwiegend junge Familien mit Kindern, die noch eifrig lesen. Auch die Auswahl der Haltestellen in Ingolstadt richtet sich unter anderem danach. Und die vorwiegend jungen Leserinnen und Leser sind treu: "Das ist eine familiäre Einrichtung, man kennt sich", sagt Marx-Teykal. "Auch die Grundschulen sind unsere natürlichen Zentren", erklärt sie weiter. Daher will die Bücherei ihre Schulbesuche verstärken und mit verschiedenen Schulleitern Gespräche suchen.

Rund 8000 Kilometer legt der Bücherbus im Jahr zurück, wobei die unterschiedlichen Touren geografisch geordnet sind. "Unsere beste Tour ist Karlskron", sagt Stefan Kuhnt, seit 2015 der Leiter des Bücherbusses. Die rollende Bibliothek hält dort in geraden Wochen jeden Montagnachmittag in Mändlfeld, Grillheim, Pobenhausen, Adelshausen, Brautlach, Aschelsried und Karlskron. Oder die Donnerstagstour in den ungeraden Wochen, die neben Dünzlau, Mühlhausen, Pettenhofen und Irgertsheim auch Eitensheim und Marienstein bedient. Insgesamt steuert der Bus heuer 38 Haltestellen an, wo er je nach Bedarf zwischen einer Viertel- bis zu eineinhalb Stunden stehen bleibt. Die meisten davon sind im Stadtgebiet, doch führen die Touren auch bis nach Ernsgaden und ins Kinderdorf Marienstein bei Eichstätt, wo keine eigene Bücherei zur Verfügung steht. Seit Kurzem sind die Haltestellen auch im Geoportal der Stadt aufgelistet.

Laut Bibliothekar Kuhnt transportiert der Bücherbus bei jeder Fahrt gut 5000 Medien - neben Büchern auch CDs und DVDs. "Über zwei Drittel davon sind Kinder- und Jugendbücher", sagt Kuhnt, der auch für die Auswahl zuständig ist und dabei gerne auf Wünsche der Leserschaft eingeht. Der Bücherbus verfügt über einen eigenen Bestand mit über 20000 Medien.

Im Laufe der Zeit hat das Fahrzeug mehrmals gewechselt. Der jetzige Bus ist seit Februar 2001 auf Achse und soll noch heuer außer Dienst gestellt und verkauft werden. Das Ersatzfahrzeug ist schon bestellt: Ein Fahrzeug der Marke Scania, das in Finnland hergestellt wird. "Der Bus wird genau nach den Vorstellungen der Stadtbücherei aufgebaut", sagt Kuhnt: Fenster, Regale, Sitzecken und mehr wurden vorher festgelegt. Selbst das Design stammt von einem Ingolstädter Büro.

peh