Kösching
"Die richtige Entscheidung getroffen"

Simone Girtner aus Kösching hat im Rahmen eines halbjährigen Volontariats in Kenia Land und Leute lieben gelernt

15.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:25 Uhr

Die Volontärin bei der Arbeit: Hier spielt Simone Girtner mit den Mädchen das Klatschspiel Angoa - Fotos: oh

Kösching (DK) Sonne, Strand, Meer, wilde Tiere, schöne Landschaften – Armut, abgemagerte Menschen, große traurige Kinderaugen, heruntergekommene Hütten, Elend. Diese Schwarz-Weiß-Bilder haben viele Leute im Kopf, wenn sie an Kenia denken. Auch Simone Girtner. Bis sie ein halbes Jahr dort lebte.

Die heute 20-jährige Köschingerin wollte zwischen dem Ende ihrer Ausbildung zur Ergotherapeutin und dem Einstieg ins Berufsleben wie so viele andere in diesem Alter „noch etwas erleben“. Sie wollte Erfahrungen sammeln, an Reife gewinnen. Aber wie so viele andere wusste auch sie nicht genau wo. Sie wusste nur: „Weit weg von Deutschland“ und eine Arbeit in einem Waisenhaus sollte es sein.

Wie nur wenige andere setzte Girtner dann allerdings ihre Pläne in die Realität um.

Nach einer intensiven und schwierigen Suche nach einem geeigneten Aufenthaltsort mitsamt dem passenden Arbeitsplatz quasi rund um den Erdball landete die damals 19-Jährige – auch im engeren Wortsinn – schließlich in Kenia als Volontärin in einem Waisenhaus des Vereins Kenia-Hilfe Buxheim e. V. in Kilifi, rund 70 Kilometer vom Flughafen Mombasa entfernt.

Von den 21 Mädchen im Alter von vier bis 18 Jahren sei sie begeistert empfangen worden, erzählt sie. Und in kürzester Zeit sei sie für die Kleineren eine Art Mama, für die Älteren eine Freundin geworden.

Sie habe deshalb sofort gewusst, „dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe“, sagt sie rückblickend. „Ich wusste, hier würde ich mich wohlfühlen. Ich hatte sie ins Herz geschlossen und sie mich.“

Diese Einschätzung konnten ihr auch lange Arbeitstage nicht zunichte machen. Es sei oft sehr früh losgegangen, teilweise vor 5 Uhr. Mithelfen beim Kochen, Putzen und Wäschewaschen, die Kinder für die Schule fertigmachen, nach deren Rückkehr von der Schule Hilfe bei den Hausaufgaben, Essen vorbereiten und spielen – und vor allem das Englisch der Mädchen verbessern. Denn Englisch ist Amtssprache in Kenia, und wer es nicht gut genug beherrscht, wird als minderwertig angesehen und hat kaum Aussichten auf einen (guten) Job. In die Schule, wo Englisch unterrichtet wird, gehen die Kinder allerdings nur dann, wenn genug Geld dafür vorhanden ist.

Angesichts des vollen Programms, der permanenten Lautstärke der Kinder und weil diese ihre neue Freundin immer dabei haben wollten, ist es kein Wunder, dass sich Schlafmangel nachhaltig in Girtners Erinnerung an Kenia eingegraben hat. Daneben fällt ihr auch noch „viel Muskelkater“ vom Wassertragen zwischen den Brunnen, den Tuk-Tuks als Transportmittel und dem Waisenhaus ein.

Doch in den wenigen Momenten, in denen sie „Dinge erlebt hatte, die nicht so schön waren“, wurden diese durch die Herzlichkeit der Menschen in Kenia mehr als wettgemacht. Außerdem hatte sie als „Rettungsanker“ ein Buch über Ergotherapie dabei, „um nicht ganz den Faden zu verlieren“. Und schließlich habe sie ja gewusst, dass sie jederzeit zurück könne.

Als Girtner, die über sich selbst sagt, dass sie „etwas erleben möchte“ und sich als „Abenteurerin mit sicherem Rahmen“ bezeichnet, dann wieder in Deutschland war, war das für sie zunächst ein Schock. „Ich wollte sofort zurück nach Kenia“, sagt sie. Das Leben in Deutschland „ging gar nicht“. Sie sei in dieser Phase „sehr reizbar“ gewesen und habe eine gewisse Zeit gebraucht, „bis ich wieder an den Stress und die Hektik gewöhnt war“.

Doch abgesehen davon, dass Girtner während ihres halbjährigen Kenia-Aufenthalts passabel Swahili gelernt hat, sind ihr noch andere Dinge geblieben. Sie könne den „Moment besser genießen“ als früher, lebe „im Hier und Jetzt“ anstatt alles zu verplanen. Das Materielle sei nicht mehr so wichtig, vielmehr müsse Harmonie da sein, beschreibt sie die Veränderungen, die das Volontariat bei ihr bewirkt haben.

Und sie will es in ferner Zukunft wieder machen. Für längere Zeit ins Ausland gehen. Und in nicht so ferner Zukunft ihren neuen Freunden im Urlaub einen Besuch abstatten.

„Sonne Strand, Meer, wilde Tiere, schöne Landschaften. Klar, all das vermisse ich an Kenia. Aber vielmehr vermisse ich die Freundlichkeit und Offenheit der Menschen, ihre Gelassenheit und ihre Fröhlichkeit trotz widriger Umstände. Und natürlich besonders die Mädchen im Waisenhaus.“

Wenn man Simone Girtner heute von ihrer Zeit in Afrika schwärmen hört, ist es tatsächlich nicht ausgeschlossen, dass sie es irgendwann wieder macht.