Eichstätt
„Die räumen uns ganz schön aus“

Heimische Eier-Händler spüren die Auswirkungen des Fipronil-Skandals – im positiven Sinn

14.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:39 Uhr
Ungefähr 150 Hühner züchten Christian und Veronika Schiegl in einem mobilen Hühnerstall in Kaldorf. Die beiden verzeichnen, genauso wie Franz Suchy (unten links) und die anderen Wochenmarktfieranten, seit einigen Wochen einen deutlich höheren Absatz. Die Kunden wollen zudem genau wissen, wo ihre Produkte herkommen. −Foto: Mayer

Eichstätt (EK) Wie reagieren die Verbraucher auf den Fipronil-Skandal? Eichstätter Wochenmarkt-Fieranten und heimische Landwirte berichten von steigendem Absatz und einer zugleich erhöhten Sensibilität auf die Herkunft der Produkte. Ein Stimmungsbild.

Der Skandal um Millionen giftbelastete Eier zieht in Europa immer weitere Kreise. Inzwischen ist Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) zufolge von zwölf betroffenen Bundesländern auszugehen. Auch in anderen europäischen Ländern schlägt der Skandal um das Biozid „Fipronil“ hohe Wellen. Große deutsche Discounter haben reagiert und Eier aus dem Sortiment genommen.

„Wir haben gerade noch 30 Eier vorrätig“, sagt Christian Schiegl vom Jura-Biohof in Kaldorf, der zusammen mit seiner Veronika im Eierhäusl gegenüber der Straße am Ortseingang praktisch rund um die Uhr Bio-Eier anbietet. Seit der Eierskandal die Nachrichten beherrscht, verzeichnet der Hof, der vor einem Jahr mit dem Naturland-Siegel zertifiziert worden ist, eine sehr rege Nachfrage. „Das Telefon steht nicht mehr still.“

„Die drei- bis vierfache Menge geht derzeit weg.“

Veronika Schiegl

 

 

Es rufen besorgte Kunden an, die sich versichern lassen wollen, dass ihr Eier-Produzent nicht in den Skandal verstrickt ist. Aber die Schiegls haben auch viele Neukunden in den letzten Wochen dazugewonnen, die auf der dringenden Suche nach unbedenklicher Ware sind. „Die drei- bis vierfache Menge geht derzeit weg. Die räumen uns ganz schön aus. Gott sei Dank legen die Hühner heute wieder 150 Eier, die wir verkaufen können“, meint Veronika Schiegl.

„Ja, wir verkaufen mehr Eier, weil wir Regionalanbieter die Hühner gescheit füttern mit richtig gutem Futter. Wir werden auch laufend überprüft“, meint Armin Meilinger aus Zell an der Speck, der am Wochenmarkt neben Kartoffeln und Obst eben auch Eier verkauft. Gemeinsam mit seinen Nachbarn auf dem Eichstätter Wochenmarkt beteuert er: „Bei uns kann man bedenkenlos Eier kaufen.“

Am Stand von Michaela Geyer aus Preith gibt es die Demeter-zertifizierten Bio-Eier und auch sie kann von einem gesteigerten Umsatz berichten. „Die Leute fragen gezielt nach, wo die Eier her sind, ob sie Freiland-Eier sind“, erklärt Geyer. „Ich lasse mich nicht durcheinander bringen und verunsichern“, meint ein Kunde, der gerade bei den Geyers nach zehn Eiern verlangt. „Die Eier kommen aus Preith, da kann ich hinfahren und kann das anschauen. Ich vertraue diesen Leuten. Und da lasse ich mich auch nicht von diversen Nachrichten beunruhigen.“

Ganz anders hört sich das am Stand von Regina Euringer an: „Muss ich jetzt an den Eiern sterben? Sind die Eier vergiftet?“, sei sie bereits panisch gefragt worden. „Man hört ja nichts anderes mehr in den Nachrichten und irgendwann glaubt man es auch“, klinkt sich eine Kundin ins Gespräch ein. Es sei schon ein bisschen mulmiges Gefühl dabei.

„Wir verkaufen mehr Eier, weil wir Regionalanbieter die Hühner gescheit füttern mit richtig gutem Futter.“

Armin Meilinger

 

Fipronil wird in der Tiermedizin gegen Flöhe und Läuse eingesetzt und schadet dem Nervensystem und der Leber, allerdings nur beim Verzehr von größeren Mengen. Verbraucherschützer gehen nicht von Gefahren für erwachsene Menschen aus. Sie fordern aber strengere Kontrollen.

Es scheint aber, dass sich die Schlagzeilen trotzdem auf das Kaufverhalten auswirken und die regionalen Händler derzeit davon profitieren – im positiven Sinne und zumindest temporär. So wie Franz Suchy, der mit seiner Frau einen kleinen Laden in Wellheim unterhält und auf regionale Produkte spezialisiert ist, eben auf die Eier aus Schiegls Legehennenhaltung in Kaldorf. „Ich muss ihn heute schon wieder anrufen, denn die Nachfrage ist enorm.“ Auch ist er vom Geschmack begeistert. „Die Eier sind echt gut.“

Die Schiegls in Kaldorf züchten ihre glücklichen Hühner der Rasse Lohmann BrownPlus in einem mobilen Hühnerstall, der alle paar Wochen versetzt wird. Damit haben die Tiere die Möglichkeit, nach draußen zu gehen. Sie brauchen keine Desinfektionsmittel, weil sie den Keimen also sozusagen davonfahren. Aber die Verbrauchskosten sind hoch. Der Stall muss sich abbezahlen, das Futter ist bio, sojafrei. Das Gütesiegel Bio stellt noch erhöhte Anforderungen an die Betreiber, zum Beispiel müssen im Vergleich zur konventionellen Freilandhaltung die Tiere mehr Platz im Stall und auch im Freilandbereich haben. Darüber hinaus müssen schon die Junghennen Freilauf haben und grünes Gras.

Doch die Schiegls sind sich nicht sicher, ob die Kunden, von denen sie in den vergangenen Wochen erstmals in der Not aufgesucht wurden, im Kundenstamm bleiben. „Ich befürchte fast, dass das in ein paar Wochen wieder vergessen sein wird. Die große Masse, die eh schon keinen Bock auf Bio hatte, ist wieder weg“, ist Veronika Schiegl etwas skeptisch. Sie hegt die Hoffnung, dass sich das Bewusstsein bei den Verbrauchern weiter schärft und diese erkennen, dass die Eier, die es bei den Discountern gibt, quer durch ganz Europa gefahren werden und aus Massentierhaltungen stammen. „Wenn ich billig produzieren will, dann muss ich den ganzen Milben- und Bakteriendruck in den Griff bekommen.“ Und das geht wohl nur mit chemischen Mitteln.