Die Pracht-Bibel kommt aus Neuburg

02.07.2008 | Stand 03.12.2020, 5:47 Uhr

 

Neuburg (r) Sie gilt als besonderes Prachtstück aller Bibliotheken Neuburgs: Eine reichhaltige Bibel hat Pfalzgraf Ottheinrich 1530 in Auftrag gegeben. Herausgekommen sind acht Bände mit Aquarellzeichnungen, die als erste bebilderte Bibel überhaupt gelten.

Der Bücherschatz befindet sich allerdings nicht in Neuburg, sondern wird von der Bayerischen Staatsbibliothek verwahrt. Als Glücksgriff bezeichneten Fachleute und Kunstminister Thomas Goppel den Erwerb von fünf Bänden kurz vor der Versteigerung durch das Auktionshaus Sotheby’s in London. Der Freistaat Bayern erwarb die auf drei Millionen Euro geschätzten Bände kurz vor der Versteigerung. Zusammen mit den drei bestehenden Bänden der Staatsbibliothek ist die Reihe damit wieder komplett.

Vom 10. Juli bis 10. August zeigen die Fachleute nun erstmals alle acht vereinten Bibelbände in der Schatzkammer der Staatsbibliothek in München. Das sei zum ersten Mal seit 70 Jahren wieder der Fall.

Die Ottheinrich-Bibel gilt als früheste illustrierte Handschrift des Neuen Testamentes. Diese Prachthandschrift hatte Herzog Ludwig VII. von Bayern-Ingolstadt 1430 in Auftrag gegeben. Sie wurde allerdings bei weitem nicht fertig. Die übrigen Miniaturen und Initialen ließ der Neuburger Pfalzgraf Ottheinrich von 1530 bis 1532 durch den Lauinger Kunstmaler Matthias Gerung ergänzen. Das herausragende Ergebnis faszinierte den Kurfürsten, der als bedeutendster Bildersammler seiner Zeit galt. Legendär ist seine Bibliothek palatina, die er in seinen letzten Lebensjahren in Schloss Heidelberg aufgebaut hat.

Die acht Bibel-Bände gelangten im Dreißigjährigen Krieg nach Weimar, dann nach Gotha. Die Bände 1, 2 und 7 kamen 1945 nach Coburg und konnten vom Freistaat aufgekauft werden. Erst Ende 2007 kamen die weiteren fünf Bände aus dem Besitz der Herzöge von Sachsen-Coburg dazu.

Die Staatsbibliothek eröffnet nun einen Blick auf die Prunkstücke. Schätze aus dem Bestand Ottheinrichs beherbergt auch die staatliche Provinzialbibliothek am Karlsplatz in Neuburg. Mit Hilfe eines Fördervereins sind alle 26 in Neuburg untergebrachten Ottheinrich-Bände restauriert und für die Zukunft gesichert worden. Förderer und Mäzene werden gesucht, um das Konservierungswerk fortzusetzen.

Feuchtigkeit und Sonnenlicht früherer Aufbewahrung machen den Altbeständen zu schaffen, zerfleddern Buchrücken und Einbände, während gleichzeitig übersäuertes Papier die Seiten in Auflösung übergehen lässt. Fachleute stoppen das Malheur und bringen die alten Bücher wieder in die ursprüngliche Form. Eine Aufpolierung auf Hochglanz ist allerdings nicht geplant.

Die Provinzialbibliothek will ihre Resonanz steigern. Leiter Gerhard Robold zeigt die Handhabung und Ausleihe moderner Medien. 55 000 eigene Bände stehen bereit. Mit dem Bestand des Historischen Vereins und des Descartes-Gymnasiums können immerhin 77 000 Publikationen eingesehen und genutzt werden.