Ingolstadt
Die Polonäse hat am Weiberfasching ausgedient

11.02.2010 | Stand 03.12.2020, 4:16 Uhr

Stolze Sammlung: Die Mitarbeiterinnen der Sparkasse stellten ihre eroberten Krawatten gestern an einer Trophäenwand (hinten) aus. Hier kommt der Schlips von Vorstandsmitglied Jürgen Wittmann hinzu, den sich Stephanie Rieblinger, Andrea Schmidl, Kerstin Rößler und Nicole Oblinger (von links) sicherten. - Fotos: Herbert

Ingolstadt (DK) Die Faschingsweiber hatten die Stadt gestern fest im Griff: Tagsüber beim Sammeln von Krawattenschnipseln, und abends bei unzählbaren Feiern in den Kneipen und Cafés. Die größte lief wie jedes Jahr im Theater ab.

Brrr, da friert den Betrachter allein beim Hinschauen. David (17), Simon (16) und Julian (18) sind bei diesen sibirischen Temperaturen und Schneetreiben mit kurzen Lederhosen unterwegs. "Bei uns in der Arbeit ist heute jeder verkleidet gekommen, wir halt so", sagen die Jugendlichen, als sie sich vor der Metzgerei für den langen Abend stärken. Die erste Einstimmung auf den Weiberfasching haben sich die Lehrlinge bei ihrem Arbeitgeber, der Sparkasse, geholt. Dort regieren wie in vielen Bürogebäuden die Frauen. Stephanie Rieblinger, Kerstin Rößler, Andrea Schmidl und Nicole Oblinger ist am frühen Nachmittag das nächste Opfer in die Hände gefallen beziehungsweise vor die Schere gekommen: Vorstandsmitglied Jürgen Wittmann ist seine Blumen-Krawatte los.

Bei den Lehrlingen in den Lederhosen ist folklorisch bedingt weniger zu holen. Sie sind eher was für die "Absolut-Wiesn-Party" am morgigen Samstag (siehe Kasten). Für den Abend des Weiberfaschings haben die Burschen ohnehin ein anderes Kostüm gewählt. "Ich gehe als Badewanne", sagt Julian. Mit Schwimmflügeln und Gummiente ausgestattet, will er die Wanne voll machen. "Ich gehe voll maskiert", sagt David. Er will sich als Hexe in eine Party schmuggeln, wo nur Frauen erlaubt sind "und dann feiern, bis ich entdeckt werde."

Die strenge Trennung ist ohnehin selten geworden: Fast überall in der Stadt sind die Partys für Männer und Frauen geöffnet. Die letzte Bastion, die nur den Faschingsweibern vorbehalten war, ist vor drei Jahren gefallen. Im Schlosskeller, wo sich die älteren Semester zu Hits aus den 50er und 60er Jahren bis 2007 gerne zur Polonäse aufstellten, gab es heuer nur mehr ein Schäuferlessen.

Dafür ging es in den Altstadtkneipen und -cafés faschingstechnisch ganz anders zur Sache. Das aber mit einiger Verzögerung, da der Schnee die Partywilligen erst spät aufbrechen ließ. "Hoffentlich kommt überhaupt jemand", flehte Sigi Häusler vor seinem Bistro am frühen Abend. Aber dann kamen sie doch – zu ihm, zur Rotlichtparty in die Ouzerie, zu Pfarrer Flittchen im Hugo’s oder ins türkische Restaurant in der Dollstraße, wo Bauchtänzer Azad Kaan die Blicke auf sich zog. Am späteren Abend verlagerte sich das Geschehen in Richtung Theater zum einzigen maskierten Ball. Und für die Party der Narrwalla gab es nur eine Frage, die von Giraffen, Löwen oder Hexen an die vorbeiziehenden Vampirinnen, Cowgirls oder Dominas gestellt wurde: "Hey, habt Ihr noch eine Karte übrig"