Pfaffenhofen
Die Poesie der Hallertau

125 Jahre Joseph Maria Lutz: Biograf Reinhard Haiplik gibt einen besonderen Einblick ins Werk des Dichters

07.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:26 Uhr
Reinhard Haiplik (rechts) las vor gut 70 Besuchern aus dem Werk des Pfaffenhofener Dichters Joseph Maria Lutz. Dieser wäre am Samstag 125 Jahre alt geworden. −Foto: Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (ahh) Den heimatverbundenen, schwärmerisch-schwelgerischen Liebhaber der Holledauer Natur, den Schriftsteller Joseph Maria Lutz, stellte sein Biograf Reinhard Haiplik im Rathaus-Festsaal gut 70 Besuchern in einer Lesung vor.

Anlass war der 125. Geburtstag des Pfaffenhofener Ehrenbürgers.

Vor fünf Jahren hatte Haiplik, ÖDP-Stadtrat, Referent für Heimatpflege und Gymnasiallehrer, an dieser Stelle schon einmal aus seiner Lutz-Biografie gelesen, die er im Auftrag der Stadt verfasst hatte. Damals stellte er die Widersprüchlichkeit des Schriftstellers vor allem während der NS-Zeit in den Vordergrund seiner Lesung. Diesmal legte er den Schwerpunkt auf die romantische Heimatliebe des Dichters. Dazu passte die volksmusikalische Begleitung des Ingolstädter Hausgsangs. Das Trio, das von Claudia Fabian am Akkordeon und Günter Hausner an der Kontra-Gitarre begleitet wurde, hatte Gedichte von Lutz sehr einfühlsam vertont - etwa das über den Maibaum, den der Schriftsteller in Pfaffenhofen ziemlich vermisste. In einem Zeitungsbeitrag fragte er: "Warum hat Pfaffenhofen eigentlich keinen Maibaum. " Die Begründung fasste er in Reime: "Drum wird jetzt der Maibaam g'richt und ins Dorf nei pflanzt - alls hat glei a anders G'sicht, wenn ma lacht und tanzt. "

Es ist diese poetische Verklärung der Holledauer Heimat, die Haiplik in den Lutz-Texten herausstellt, aber auch hinterfragt. Er attestiert ihm ein tiefes Empfinden für die Landschaft, wenn Lutz "ein melodisches Auf und Ab, ein breites, wohliges Sichdehnen von Flußtälern" feststellt. "Und immer wieder liegen Dörfer am Wege, eingebettet in Fruchtbarkeit. " Oder wenn er vom "Gold des Korns, vom Violett des Weizens und vom Silbergrau der Haferfelder" schreibt und von einem "köstlichen Gang" zwischen Korn, "umsäumt vom Blühen demütiger Kräutlein auf dem Raine". Da darf ein wohlgesonnener, aber kritischer Biograf nachfragen: "Gibt es ,demütige' Kräutlein. "

Eines haben sie gemeinsam, der Dichter und sein Biograf: Sie lieben ihre Heimat, und sie beklagen das verlorene Idyll. Lutz schwärmte noch 1971, ein Jahr vor seinem Tod, vom Pfaffenhofen seiner Kindheit, von seinem Geburtshaus an der Ingolstädter Straße mit den "betäubend duftenden Jasminbüschen" neben dem Hauseingang und dem freien Blick bis zur Ilm. Das Haus wurde abgerissen. "Heute", stellt Haiplik nicht ohne Wehmut fest, "führt hier der Altstadtring vorbei - allenthalben Lärm und Gestank. "

Und trotzdem: Noch mit 75 entdeckt Lutz in seiner Heimatstadt etwas offensichtlich Unzerstörbares und ewig Gültiges: "Immer wenn ich nach Pfaffenhofen komme, fällt die Zeit von mir ab, ich fühle mich um Jahrzehnte jünger. "

"Die Häuser", schreibt er in einem seiner Gedichte über den Hauptplatz, in dem er "steingewordenen Bürgerstolz" erkennt, "stehnga in der Reih und blinzln staad dazua. Wia is die Zeit so schnell vorbei seitdem i war a Bua. ".