Dollnstein
Die PARTEI – das Phantom

In Dollnstein haut eine junge Truppe auf den Putz – ist aber irgendwie nicht so recht greifbar

28.02.2014 | Stand 02.12.2020, 23:01 Uhr

 

Dollnstein (EK) Es ist offenbar eine ziemlich lustige Truppe, die sich in Dollnstein zusammengetan hat, um Gemeinderat und Bürgermeistersessel zu erobern – die PARTEI. Allerdings sind die aufstrebenden Kommunalpolitiker nicht so recht greifbar. Das musste jedenfalls unsere Zeitung erfahren.

Mehrere Anfragen nach einem persönlichen Kontakt sind in den vergangenen Wochen ins Leere gelaufen. Die Mitglieder seien sehr eingespannt, oft unterwegs und würden selbst nur via Social Media kommunizieren, lautete eine der Antworten. Auch eine Wahlkampfveranstaltung sei nicht geplant. Bestenfalls wäre ein schriftliches Interview mit dem Bürgermeisterkandidaten Daniel Beck möglich. Aber auch das schlug fehl: Die vor gut zwei Wochen an den 28-jährigen Dachdecker geschickten Fragen sind bis jetzt unbeantwortet geblieben.

Also musste sich die Redaktion mit dem Internetauftritt der PARTEI Dollnstein behelfen. Und der hat es in sich – zunächst, was den Spaßfaktor betrifft. Da ist unter anderem von der Gleichberechtigung und Sicherheit Obereichstätts die Rede. „Dollnstein hat alles: Handel, Bahnhof, die tollste Burg der Welt, Tankstelle, Ringmauer, Supermarkt und vieles mehr. Obereichstätt hat dagegen gar nichts“, heißt es dort. Dollnstein verfüge schon seit dem 14. Jahrhundert über eine schützende Mauer: Die PARTEI fordere daher, „um Obereichstätt ebenfalls eine Mauer zu errichten, um die Einwohner vor Tausendfüßlern und ganzen Männerhorden zu schützen“. Auch für die Breitenfurter gebe es gewichtige Argumente, sich für die PARTEI zu entscheiden: Sie sei die einzige Partei, die vehement „eine Müllverbrennungsanlage“ dort ablehne. „Damit wollen wir bei den Breitenfurter Wählern ein Ergebnis von 102 Prozent plus X einfahren.“

Nicht zuletzt solle eine Städtepartnerschaft mit Pjöngjang (Nordkorea) aufgebaut werden: „Unsere Marktplätze sehen nahezu identisch aus. Trostlos. Verfallen. Ohne Geschäfte. Keine Menschen…“ Damit hat der Spaß dann allerdings ein Loch. Denn die Dollnsteiner PARTEI, die neben „Wirtschaftspolitiker“ Daniel Beck („der nicht nur aus der Wirtschaft kommt, sondern sogar noch sehr oft in die Wirtschaft geht“) zehn Gemeinderatskandidaten aufbietet, hat offenbar doch ein ernstes Anliegen: „Wir haben beide (Dollnstein und Pjöngjang) eine extrem hohe Staats-/Gemeindeverschuldung, die die Zukunft der vor allem jüngeren Bevölkerung zerstören wird. Die dafür fälligen Zinsen und Tilgung können in der Zukunft nur noch mit Gebühren- und Steuererhöhungen gestemmt werden.“ In der Gemeinde lebten heute 230 Bürger weniger als vor zehn Jahren, das seien acht Prozent: „Vielleicht liegt es ja daran, dass vor allem jüngere Bürger in unserer Gemeinde keine Zukunft mehr sehen“, ist auf der Homepage zu lesen.

Es gehe nicht darum, ein Gemeinderatsmitglied oder sogar den Bürgermeister zu stellen, lässt „PARTEIsprecher“ Benjamin Rudholzer – auf schriftliche Anfrage – per E-Mail wissen: „Unser Ziel ist es, auf Probleme hinzuweisen, zum Beispiel die sehr hohe Verschuldung oder den großen Wegzug der jungen Menschen mit der Folge der starken Überalterung.“ Da man mit normalen Fakten bei vielen Menschen keinen Zugang mehr bekomme, „nutzen wir die Sprache der Satire“.

Die Parteien im Gemeinderat seien zum Teil stark zerstritten, und es herrsche ein großes Lagerdenken, durch das strategische Entscheidungen oft unmöglich gemacht werden, so Rudholzer weiter. „Deshalb bieten wir uns als gemeinsamer ,Feind’, sprich als Boxsack, an, auf den die Parteien gemeinsam draufhauen können.“ Dadurch sollen sich die etablierten Parteien wieder annähern und im Gemeinderat besser zusammenarbeiten. Rudholzer: „Alleine die Gründung einer Partei wie unsere und die zahlreichen Unterstützungsunterschriften für uns sollten schon die anderen Parteien zum Denken und hoffentlich zum Umdenken bringen.“