Ingolstadt
Die nächsten Freien Wähler

Die Unabhängigen Demokraten Ingolstadts, unter ihnen viele bekannte Namen, gründen euphorisch einen Verein

14.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:47 Uhr
„Auf das Bürgertum!“ Die Gründungsmitglieder des Vereins Unabhängige Demokraten Ingolstadts (UDI) stießen am Donnerstagabend im Le Café fröhlich an – in Aufbruchstimmung vereint. −Foto: Silvester

Ingolstadt (sic) Man kann sagen, er ist richtig gut drauf: Sepp Mißlbeck kreist mit gezücktem Sektglas durch das Séparée des Le Café, jederzeit anstoßbereit, trifft klirrend einen neuen oder alten politischen Freund nach dem anderen.

Hochstimmung allenthalben. Sein Trinkspruch birgt Originalität, denn er versprüht Aufbruchstimmung und elegante Altertümlichkeit zugleich: „Auf das Bürgertum!“

 

Darauf ein vielfaches Prost. Sicher: Dass die 24 Damen und Herren, die an diesem heiteren Donnerstagabend zusammengekommen sind, um den Verein der Unabhängigen Demokraten Ingolstadts, kurz die UDI, zu gründen, ihre Gläser „Auf die Arbeiterklasse!“ erheben, steht nicht wirklich zu erwarten. Wobei die Mitglieder beruflich „alle Bereiche abdecken“, merkt Mißlbeck an. Ärzte, ein Apotheker, ein Architekt, ein Koch, ein Schulleiter a. D., eine Steuerberaterin, ein Amtschef – so geht es bei den UDI weiter durch das breite Spektrum des gut-bürgerlichen Erwerbswesens. Sogar ein Geburtshelfer ist dabei. So nennt sich – strahlend – Sepp Mißlbeck. „Der Geburtshelfer der UDI!“ Er ist „froh und erleichtert, dass wir eine Mannschaft gefunden haben, die das Ingolstädter Bürgertum und unsere Neubürger verkörpert“. Auch darauf: Hoch die Gläser!

Eines ist ihm ganz wichtig: Keiner hier hat ein Parteibuch. Oder keines mehr. Wie die Freien Wähler (FW) sind die UDI als Verein organisiert; kleines Reizthema am Rande. Denn das neue Bündnis, das so lustig auf die Bühne der Lokalpolitik tritt, verdankt sich reichlich Kabale in richtig mieser Stimmung. Im Mai sind Mißlbeck, der dritte Bürgermeister, und Gerd Werding aus der FW-Fraktion ausgetreten. Vier Tage später verließ Stadträtin Dorothea Soffner frustriert, wie sie betont, die CSU-Fraktion – und ihre Partei gleich mit. Die drei fanden rasch zusammen und bildeten eine Stadtratsfraktion: die UDI.

Dorothea Soffner ist die einstimmig gewählte Vorsitzende des neuen Vereins. „Ich habe mich damit beworben, acht Jahre lang 350 Frauen geführt zu haben“, erzählt sie. Sie meint die Frauen-Union. „Das qualifiziert für Führungsaufgaben!“ Ihr Leitspruch lautet: „Es geht uns gut in Ingolstadt, aber einiges könnte besser laufen.“ In diesem Sinne legen die UDI los.

Neben Soffner, Mißlbeck und Werding finden sich unter den Gründern noch mehr bekannte Namen. Etwa weitere abtrünnige FW-ler: Der Altstadtapotheker Stephan Kurzeder (er ist Beisitzer) und der Architekt Peter Bachschuster, der zu einem der beiden Stellvertreter Soffners gewählt wurde. Der zweite Vize ist – das darf als Überraschung gelten – Jürgen Köhler, im Hauptberuf Leiter des Kulturamts. „Ich habe mich lange aus der Politik herausgehalten, aber irgendwann muss man eben ran“, sagt er. Die UDI hätten ihn überzeugt, „weil ich gemerkt habe, dass wir alle das gleiche Ziel vor Augen haben: unsere Stadt gestalten“.

Schatzmeisterin ist die langjährige Steuerberaterin Elfriede Bittner-Voigt, als Schriftführer amtiert Günther Ellböck, Chefkoch bei der Diakonie. Zu den Mitgliedern der ersten Stunde gehören auch Prof. Josef Menzl, Chefarzt am Klinikum, und Elmar Tittes. Der langjährige Direktor der Ingolstädter Wirtschaftsschule steigt mit seinen 72 Jahren voller Tatendrang in den Ring der Politik. Er hält die UDI für „eine Bereicherung“, denn: „Wir liegen alle auf einer Linie!“ Auch darauf erheben die vereinigten Bürger das Glas. Ihr beseelter Bürgermeister voran.