Ingolstadt
Die Nacht von Hinterkaifeck

Polizeimuseum gedenkt des Mordfalls am 95. Jahrestag mit langem Abend in der Sonderausstellung

27.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:25 Uhr

Gebannter Blick auf die Replik der Tatwaffe in der Ausstellung "Mythos Hinterkaifeck": Das mysteriöse Verbrechen zieht bis heute viele Menschen in seinen Bann. Am kommenden Freitag, dem 95. Jahrestag der Morde, ist das Polizeimuseum im Turm Triva bis 21.30 Uhr geöffnet. ‹ŒArch - foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Das Bayerische Polizeimuseum im Turm Triva ist am kommenden Freitag - dem 95. Jahrestag des Sechsfachmordes von Hinterkaifeck - bis 21.30 Uhr geöffnet. Es gibt freie Kurzführungen durch die Ausstellung über das schreckliche Verbrechen. Der DK stellt ein neues Hinterkaifeck-Buch vor.

Am Freitag, den 31. März 1922, wurden die fünf Bewohner der Einöde Hinterkaifeck bei Schrobenhausen das letzte Mal lebend gesehen. Am Abend kam die neue Magd auf dem Bauernhof an. Vier Tage später entdeckten drei Männer aus der Nachbarschaft die Leichen der sechs Menschen, darunter ein siebenjähriges Mädchen und ein eineinhalbjähriger Bub. Alle waren erschlagen worden. Eine entsetzliche Tat. Tief in Bayern zeigte das Grauen sein Gesicht.

Die Münchner Kriminalpolizei rückte am späten Abend des 4. April zum ersten Einsatz ihrer Geschichte in der bayerischen Provinz aus. Der leitende Ermittler, Kriminaloberinspektor Georg Reingruber und seine Männer, erreichten einen Tatort, über den schon Dutzende Schaulustige getrampelt waren. Sie mühten sich redlich, begingen aber Fehler. Der Kollege vom Erkennungsdienst fertigte zum Beispiel gerade einmal fünf Fotos an, weil er - so vermuten Experten - nur einen einzigen Film dabei hatte (die Anfang der 1920er-Jahre neuen Rollfilme erlaubten in der Regel fünf bis sechs Aufnahmen). Der Tragödie des sechsfachen Todes folgte das Drama der überforderten Ermittler. Der Mörder von Hinterkaifeck wurde nicht gefasst. Oder waren es mehrere? Niemand weiß es. Handelte es sich um eine Beziehungstat? Einen Raubmord? Einen politisch motivierten Fememord (Andreas Gruber, der Austragsbauer von Hinterkaifeck, soll in geheime Operationen von Freikorps verwickelt gewesen sein)? Oder hatte der alte Gruber gar seine Frau Cäzilie, seine Tochter Viktoria, die Enkelkinder Cilli und Josef und die Magd Maria Baumgartner in einem Amoklauf getötet, worauf er wenige Tage später von Nachbarn in einem Akt von Selbstjustiz erschlagen wurde? Auch diese Mordtheorie gibt es.

Das Bayerische Polizeimuseum hat dem berühmten Fall eine Ausstellung gewidmet. Seit der Eröffnung im September vergangenen Jahres kamen viele Tausend Besucher in den Turm Triva im Klenzepark. Die düstere Aura von Hinterkaifeck und das Schicksal der Toten bewegen die Menschen bis heute. "Mythos Hinterkaifeck - Auf den Spuren eines Verbrechens" beleuchtet die Morde aus der Perspektive der Kriminalpolizei. Die Kuratoren der Schau - darunter drei Macher des Spezialistenforums www.hinterkaifeck.net - verzichten auf alle Versuche, den Fall zu lösen. "Wir wollen niemanden beschuldigen", sagt Ansgar Reiß, der Leiter des Bayerischen Armeemuseums, dem das Polizeimuseum zugeordnet ist.

Am Freitag, 31. März, genau 95 Jahre, nachdem die Familie Gruber/Gabriel zum letzten Mal lebend gesehen worden war, gedenkt das Polizeimuseum der Mordopfer mit einem langen Hinterkaifeck-Abend. Der Turm Triva ist dann bis 21.30 Uhr durchgehend geöffnet. Ab 18.30 Uhr gibt es mehrere freie Kurzführungen durch die Ausstellung. Es ist nur der reguläre Eintritt zu zahlen: sechs Euro und ermäßigt fünf Euro.

Gegen 20 Uhr wird ein neues Buch über das Verbrechen präsentiert, das der DONAUKURIER herausgegeben hat: "Hinterkaifeck - Ein Kriminalfall mit sechs Toten, der die Menschen bewegt". Die Autoren des rund 250 Seiten starken Buches sind Mathias Petry, Redaktionsleiter der Schrobenhausener Zeitung (einer Heimatzeitung des DK), und Christian Silvester, DK-Lokalredakteur in Ingolstadt. Eine kleine Expertenrunde stellt den Sonderdruck vor und beantwortet Fragen der Besucher.

Das Buch "Hinterkaifeck - Ein Kriminalfall mit sechs Toten, der die Menschen bewegt" bietet eine Gesamtdarstellung des Falls bis zum Ende der Ermittlungen 1955, einen Überblick über die gängigen Mordtheorien, Interviews mit Hinterkaifeck-Experten, Berichte über die Morde im "Schrobenhausener Wochenblatt" aus den 1920er-Jahren sowie ein Gespräch mit Nachfahren eines Verdächtigen; sie leiden bis heute unter der Anschuldigung.

Das neue Taschenbuch bietet auch ein packendes Stück Literatur: Josef Ludwig Heckers Fortsetzungsroman "Eine düstere Erinnerung", der erstmals 1951 im DK erschienen ist und großes Aufsehen erregt hat. Im Buch ist die von Hecker überarbeitete Version aus dem Jahr 1972 ungekürzt abgedruckt.

Immerhin ein Experte erkennt Leonardos Handschrift


Ingolstadt (hl) Dass sich das Ingolstädter Landgericht (nach vorheriger zweijähriger Verschnaufpause der streitenden Parteien ohne einvernehmliche außergerichtliche Lösung) nun wieder mit dem Da-Vinci-Fall befassen muss, ist nur der vorläufige Höhepunkt in einer seit drei Jahrzehnten schwelenden Auseinandersetzung um die Rechte an der "Madonna Immaculata" (unbefleckte Mutter Gottes). Das Bild war wohl mal ein Dekorationsstück der Mailänder Immaculata-Kapelle gewesen und dort bei einem Brand Ende des 17. Jahrhunderts beschädigt und später dann übermalt worden. In dieser übermalten Fassung wanderte das Gemälde später wohl durch mehrere Hände quer durch Europa. So soll es in Großbritannien über die Zeit mehrere Besitzer gegeben haben. Der Pfaffenhofener Ingo Bubenik erstand es dann 1981 bei einer Auktion für 3800 Mark für seine Münchner Galerie.
Bubenik ließ die Übermalungen von einem Restaurator entfernen, wobei das heute sichtbare Originalgemälde (Foto oben) zum Vorschein kam, das den kunsthistorisch versierten Pfaffenhofener in Stil und Farbkomposition sofort an Werke Leonardo da Vincis erinnerte.

Die Eheleute Bubenik betrieben anschließend großen Aufwand, die Urheberschaft des Gemäldes klären zu lassen. Tatsächlich fanden sie in dem Leipziger Sachverständigen Prof. Ernst Ullmann einen Fürsprecher. Er erklärte das Bild zu einem echten da Vinci, der zig Millionen Euro einbringen könnte. Andere Kenner wollen allenfalls ein Werk eines Schülers des großen Universalgelehrten erkennen. Auch die These, dass es sich um ein Gemälde des Renaissancemalers Bernardino Luini handeln könne, stand schon länger im Raum. Das freilich wäre bei Weitem nicht so viel wert. Bubenik ist aber nach wie vor überzeugt, seinerzeit ein lange verschollenes Werk Leonardos erstanden zu haben.