Augsburg
"Die Mannschaft glaubt jetzt an sich"

Augsburgs Trainer Jos Luhukay über die Vorbereitung auf die Rückrunde der Fußball-Bundesliga

17.01.2012 | Stand 03.12.2020, 1:56 Uhr

Augsburg (DK) Erst im letzten Drittel der Hinrunde kam der FC Augsburg ins Rollen. „Den Respekt hat die Mannschaft nun abgelegt“, sagt FC-Trainer Jos Luhukay. Deshalb ist er für die Rückrunde optimistisch, obwohl die Augsburger bei den Testspielen nicht durchweg überzeugten. Wie der Abstieg verhindert werden soll, hat der 48-Jährige im Interview unseren Redakteuren Elmer Ihm und Timo Schoch erzählt.

Kam die Winterpause für den FC Augsburg zu früh?

Jos Luhukay: Wir hätten noch nicht aufhören müssen. Aber auf der anderen Seite war es auch wichtig. Nun haben wir wieder einige Spieler dabei, die in der Hinserie sehr lange verletzt waren. Sie hatten in den Testspielen schon den einen oder anderen Einsatz. Deshalb hoffe ich, dass diese Spieler auch in der Rückrunde noch auf sich aufmerksam machen.

Warum bereiten Sie sich in Deutschland auf die Rückrunde vor?

Luhukay: Da spielt der Aberglaube eine Rolle. In den vergangenen beiden Jahren sind wir ebenfalls hier geblieben. Wir haben jeweils eine hervorragende Rückrunde gespielt. Deshalb haben wir uns gedacht: Wenn das jetzt wieder so klappt, dann halten wir die Liga.

Wie ist die Vorbereitung gelaufen?

Luhukay: Wir arbeiten seit fast drei Wochen intensiv. Die Spieler sind mit sehr viel Engagement, aber auch mit viel Freude dabei. Das ist wichtig, weil wir uns konzentriert auf das erste Rückrundenspiel gegen Freiburg vorbereiten. Wir brauchen einen guten Rhythmus, um eine erfolgreiche Rückrunde spielen zu können.

Sie spielen gleich gegen Freiburg, Lautern und Nürnberg. In der Hinrunde holten Sie gegen diese potenziellen Abstiegskandidaten nur zwei Punkte.

Luhukay: Also haben wir noch Luft nach oben (lacht). Klar ist: Wir müssen mehr Punkte holen als in der Hinserie. Die Mannschaft weiß um die Bedeutung dieser Spiele. Auf der anderen Seite gilt das auch für unsere Mitkonkurrenten. Aber ich bin optimistisch, dass wir einen guten Start hinlegen.

In den ersten Spielen der Hinrunde traten Sie ängstlich auf. Traut sich Ihre Mannschaft nun mehr zu?

Luhukay: Ich bin überzeugt, dass die Mannschaft nun viel mehr an sich glaubt. Sie hat den Respekt jetzt weitgehend abgelegt. Bereits zum Ende der Hinrunde hat sie ein total positives Bild abgegeben. Wir arbeiten hart dafür und wollen auch den nötigen Erfolg erzwingen.

Was macht Sie so sicher, dass Sie die Klasse halten?

Luhukay: Mit Sicherheit ist nicht zu sagen, dass wir die Klasse halten. Aber wir tun alles dafür. Die Mannschaft zeigt eine unglaubliche Geschlossenheit. Wir sind ein Kollektiv, bei dem jeder bereit ist, auch für den anderen zu kämpfen. Diese Mannschaft verkörpert so viel Herz und Leidenschaft – alles Tugenden, die auch unsere Fans ansprechen. Und wenn wir in unseren Heimspielen weiterhin die Unterstützung wie bislang bekommen, glaube ich, dass wir die Liga halten.

Zusammenhalt hin oder her: Der Erfolg hängt meist auch eng mit der Laufbereitschaft zusammen. Aber Ihre Mannschaft gilt als lauffaul.

Luhukay: Persönlich halte ich nicht viel von Statistiken. Vieles unterscheidet sich von Spiel zu Spiel und an den Gegebenheiten. Ich weiß, dass wir körperlich und konditionell zu den besten Teams der Liga gehören. Deshalb wiegen bei uns andere Komponenten schwerer.

Welche?

Luhukay: Ich denke da an das taktische Verständnis, vor allem in der Defensive, und an die spielerischen Fähigkeiten in der Offensive. Wir haben genügend Punkte, die wir auf Erstliga-Niveau verbessern können.

Spüren Sie denn Druck?

Luhukay: Nein. Wir hatten ja vor der Saison das Ziel Nichtabstieg ausgegeben. Wir waren realistisch und träumten nicht von großen Zielen. Das einzige was zählt ist, dass wir noch drei Mannschaften hinter uns behalten. Das ist schon schwer genug. Über alles andere muss man gar nicht sprechen.

Sie haben das Kollektiv der Mannschaft angesprochen: Ist Ihnen der Charakter wichtiger als ein guter Fußballer?

Luhukay: Nicht unbedingt. Wir wollen selbstverständlich gute Fußballer, auch wenn sie mal einen etwas schwierigen Charakter haben. Letztlich ist aber klar, dass wir nur über die Geschlossenheit erfolgreich sein können. Ich denke, dass ein Verein wie Augsburg immer auch damit rechnen muss, mal für ein Jahr zurück in die 2. Liga zu müssen. Das mussten andere Mannschaften auch tun, und diese haben sich mittlerweile ein Stück stabilisiert.

Also kalkulieren Sie irgendwann schon einen Abstieg mit ein?

Luhukay: Du kannst heute als Aufsteiger nicht sagen: Wir werden die nächsten drei, vier Jahre in der ersten Liga spielen. Das ist utopisch. Wenn man sieht, welche Klubs in den vergangenen Jahren schon in die 2. Liga mussten, wäre es vermessen, wenn wir behaupten würden: Wir sind ein fester Bestandteil der Bundesliga. Dazu müssen wir hier in Augsburg noch an vielen Dingen arbeiten.

An welchen Punkten fehlt es?

Luhukay: Das sind immer noch die Infrastruktur und die Rahmenbedingungen. Am neuen Stadion haben wir jetzt zwei weitere Plätze. Damit verbessern sich unsere Trainingsbedingungen. Der Jugendbereich muss weiter professionalisiert werden. Von daher gibt es viele Möglichkeiten, wie sich der Verein besser aufstellen kann. Aber das geht alles nicht von heute auf morgen. Da muss man auch eine gewisse Geduld mitbringen.

Apropos Verbesserungen: Mit dem ehemaligen Schalker Jan Moravek haben Sie einen neuen Spieler für die Rückrunde verpflichtet. Sind Ihre Planungen damit abgeschlossen?

Luhukay: Nein. Bis jetzt hat es aber noch nicht gepasst, um den einen oder anderen zu verpflichten. Da muss es auch sportlich und wirtschaftlich passen. Wir haben zwei Wochen Zeit, bis das Transferfenster schließt. Es kann also noch das eine oder andere passieren.

Auf welcher Position sehen Sie noch den größten Handlungsbedarf?

Luhukay: Wir werden sicherlich den Offensivbereich im Auge behalten.

Da hätten Sie ja schon einen geeigneten Mann im Probetraining, oder?

Luhukay: Ja, aber ein Alexander Hleb ist nicht unsere Größenordnung. Da sind wir realistisch. Der Alex kommt aus einer Reha und will hier wieder an seiner Form arbeiten. Sonst kann ich nichts zu seiner Zukunft sagen.

Aber Ihre Spieler werben ja für ihn.

Luhukay: Ich denke, dass das ein positives Bild ist. Die Mannschaft respektiert seine Qualität, aber auch seinen Charakter. Es ist einfach eine positive Sache, dass der Alex diese Woche hier war.

Aber ausschließen würden Sie nicht, dass er hier in der Rückrunde – vielleicht auf Leihbasis – zum Einsatz kommt?

Luhukay: Nein. Ich denke, das ist ausgeschlossen. Wir haben darüber auch gar nicht mit Alex gesprochen. Wir wissen, wer wir sind. Wenn ein Spieler bei Barcelona unter Vertrag steht, müssen wir nicht lange darüber sprechen.