Nürnberg - Alles war so schön geplant. Mit einem neuen Rollrasen sollte die romantische Liebesinsel im Herzen der Nürnberger Altstadt zur kuscheligen Attraktion für Besucher aus aller Welt werden. Von der neuen Herrlichkeit ist heute nicht mehr viel übrig geblieben.
Die grüne Insel gleicht inzwischen einem verwüsteten Eiland, auf dem sich nur noch Enten, Gänse und anderes Federvieh wirklich wohl zu fühlen scheinen. Im Rathaus ist man sich indes sicher, dass die vielen Turteltauben dem neuen Grün den Rest gegeben haben. Offensichtlich hätten im Corona-Sommer besonders viele Liebespaare das Inselchen zum romantischen Treffpunkt auserkoren. Der Charme des Ortes mit Brücken-Blick und Mittelalter-Anmutung hat wohl neben dem einst kuscheligen Rollrasen maßgeblich zum Ansturm der Liebenden auf der Insel beigetragen. "Genaueres wird noch eruiert", teilt Ulrike Göken-Haidl, die Sprecherin des zuständigen Servicebetriebs Öffentlicher Raum in der Stadt Nürnberg (SÖR) mit.
Im Rathaus scheint man derzeit nicht gut auf das heikle Thema Liebesinsel sprechen zu sein. Besonders zugeknöpft gibt sich der zuständige Bürgermeister Christian Vogel (SPD), der schon bei den Sandstränden rund um den Wöhrder See immer wieder mit Kritik wegen Gänsekot und Müllbergen konfrontiert wird. Sichtlich genervt will sich Bürgermeister Vogel jedenfalls selbst auf direkte Anfrage nicht persönlich zu dem Dauer-Rasen-Thema auf der Liebesinsel äußern. Auch der Gartenbetrieb, der noch vor ein paar Jahren publikumswirksam den Rollrasen mit den schönen Namen "Noris-Rasen" für die "Bussi-Bussi-Insel" spendiert hat, hat mehrere Anfragen in der vergangenen Woche unbeantwortet gelassen.
Dabei hat der Plan, das Romantik-Atoll wieder zu einer attraktiven Kuschel-Oase im Herzen der hektischen Innenstadt zu machen, so harmonisch begonnen. Marc Städtler von dem gleichnamigen Nürnberger Gartenbetrieb hat gemeinsam mit Bürgermeister Christian Vogel vor den Kameras der versammelten Fotografen den neuen Rollrasen im Sommer 2016 persönlich inspiziert. Städtler hat neben dem weichen Rasen sogar noch eine schöne Weide für die vom Wasser umspülte spendiert Pegnitz-Terrasse spendiert. Auch die Stadt selbst hat sich nicht lumpen lassen und die Schönheitskur mit rund 7000 Euro finanziell unterstützt.
Damals hoffte man darauf, dass sich fortan "ganz viele Liebende rund um die Uhr" auf der Insel treffen werden, damit nicht wieder das Wassergetier das Zepter auf dem Liebesnest übernehmen könne. Immerhin sollen Wasservögel dem alten Rasen mit ihren Schnäbeln zuvor den Rest gegeben haben. Das hatte dazu geführt, dass sich nur noch Enten, Gänse und Tauben und immer weniger Verliebte auf der Insel ein Stell-dich ein gegeben haben. Der Plan hat wohl zunächst auch gut funktioniert. Weil die Insel immer beliebter geworden ist, hat die Stadt die neue Rasenfläche sogar 2018 noch einmal aufwendig überarbeitet. Weitere zwei Jahre später ist offensichtlich der Plan mit dem Rollrasen endgültig gescheitert. Alles ist abgegrast, das Federvieh scheint die verwüstete Insel wieder fest im Griff zu haben.
"Wir wissen, dass wir für den im Sommer intensivst genutzten Rasen an der Liebesinsel keinen Preis im Schönheitswettbewerb gewinnen", sagt Ulrike Göken-Haidl und kündigt einen neuen Anlauf zur Rückeroberung der Eilands an. Derzeit arbeite die Stadt "an einem umfassenden Konzept, das der übermäßigen Frequentierung der attraktiven Örtlichkeit" erfolgreich Rechnung tragen könne. Offensichtlich will man auch den Zugang zur Pegnitz verbessern, um noch mehr Romantik-Gefühle bei den Besuchern zu erzeugen. Schon im nächsten Jahr will Nürnberg laut Göken-Haidl die neue Schönheitsoffensive auf der Liebesinsel starten.
HK
Nikolas Pelke
Bei der Kusspremiere vor vier Jahren präsentierte sich die Insel im schönsten Grün. -Foto: Foto: Pelke
