Hilpoltstein
"Die Leute, die uns kennen, die lieben uns"

Touristische Entwicklung des Fränkischen Seenlands gipfelt in einer besonders großen Resonanz im Jubiläumsjahr

11.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:27 Uhr
Der touristische Erfolg des Fränkischen Seenlands lässt Geschäftsführer Hans-Dieter Niederprüm regelrecht jubeln. Er hat die Destination einem Markenprozess unterzogen, aus dem sie Niederprüms Worten zufolge stärker denn je hervorging. −Foto: Leykamm

Hilpoltstein/Gunzenhausen - Wann immer er wissen will, was die Touristen und die Einheimischen wirklich über das Fränkische Seenland denken, dann mischt sich Hans-Dieter Niederprüm gerne mitten unters Volk.

Soweit das überhaupt noch möglich ist, lässt sich der Geschäftsführer des Seenland-Tourismusverbandes auch mal inkognito an einem Stammtisch nieder. Und was er da im Jubiläumsjahr des Großprojekts so zu hören bekommt, lässt ihn guter Dinge sein.

"Der Franke ist gar nicht so verschlossen, wie von ihm gemeinhin gesagt wird", sagt Niederprüm, der gebürtige Rheinland-Pfälzer, der schon als Kind die Bedeutung von Wasser und Tourismus erfuhr. 1970, als in München der legendäre Seenland-Beschluss fiel, wurde in Niederprüms Heimatregion schon am Stausee Bitburg gearbeitet wird. Und 50 Jahre später ist die Wasseroberfläche der Fränkischen Seen tatsächlich 50 Mal größer als die von Niederprüms Heimatgewässer.

Aber nicht nur flächenmäßig hat sich das Fränkische Seenland rasant entwickelt, auch über die Beliebtheit der Region kann der Chef des Tourismusverbands Fränkisches Seenland gerade im Jubiläumsjahr nicht klagen: "Wir erfahren eine tolle Resonanz", sagt Niederprüm begeistert. "Eigentlich müssen wir aufpassen, dass es nicht zu viel wird. " Schließlich haben die Folgen der Corona-Krise das Seenland zu einem großen Gewinner der touristischen Entwicklung gemacht.

Schon damals, als das Seenland mit der Zustimmung der Abgeordneten im Landtag auf den Weg gebracht wurde, fanden schon Urlauber den Weg in die Region - wenn auch nicht annähernd so viele wie heute. Altmühltal und Spalter Hügelland hießen seinerzeit die größten Attraktionen. 1977 gesellte sich auch der Hahnenkammsee bei Hechlingen im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen dazu. Er war das erste Gewässer im Verbund der sieben Seenland-Stauseen.

In den folgenden Jahrzehnten nimmt der Tourismus parallel zu den Einweihungen der anderen Seen immer mehr Fahrt auf: Altmühl-, Igelsbach- und Kleiner Brombachsee gehen 1986 offiziell an den Start, sieben Jahre später der Roth- und im Jahr 2000 der Große Brombachsee. Infrastrukturen und Freizeiteinrichtungen werden geschaffen, Werbeprospekte erstellt und gedruckt, Gästeunterkünfte entstehen entweder neu oder aus vorher anders genutzten Gebäuden und Räumen. Und Landwirte werden zu Gastgebern. Seit 1990 laufen viele Fäden bei dem damals neu gegründeten Tourismusverband zusammen.

Nach einer langen Euphoriephase während und nach der Errichtung des Seenlands begann es im neuen Millennium aber etwas zu knirschen. Die Übernachtungszahlen stagnierten plötzlich, "wenn auch auf einem relativ hohen Niveau," sagt Niederprüm heute. Doch viele Anbieter steckten zu dieser Zeit in einem Investitionsstau und der Generationenwechsel tat sein Übriges.

Es gab also viel zu tun für den neuen Geschäftsführer, zu dem Niederprüm im Jahr 2009 avancierte. Er sorgte mit seinen Mitstreitern etwa für ein gemeinsames Erscheinungsbild der Urlaubsdestination, Logo und Internetauftritt wurden runderneuert. Auch ein Leitbildprozess kam in Gang. Der Slogan "Fränkisch. Seen. Land. " wurde geboren. Zum Kernwort wird dabei die "Zugänglichkeit". Denn dass die Ufer von Anfang an ausschließlich der Allgemeinheit gehören, ist ein Alleinstellungsmerkmal allererster Güte.

In den Genuss der Strahlkraft der neuen Seenlandschaft kommt laut Niederprüm das gesamte Umland. Im Gegenzug profitiert das Seenland aber auch von "den vielen attraktiven kleinen Städten wie Hilpoltstein, Roth oder Spalt". Als gastronomischen Volltreffer bezeichnet der Chef des Tourismusverbandes beispielsweise die jüngst erst entstandene Kombination des Gasthauses "Gutmann Zur Post" und des Hotels "Zum Schwarzen Ross". Ebenso gelungen sei etwa der Umbau des Spalter Kornhaus es in eine zentrale Infostelle fürs Seenland mitsamt eines interaktiven Hopfen- und Bier-Museums. "Das sind Aushängeschilder, von denen auch die Einheimischen profitieren", sagt Niederprüm. "Und jeder Euro, der hier investiert worden ist, war das auch wert! "

Insgesamt betrachtet sei das Verständnis der einheimischen Bevölkerung gegenüber den Tourismusbelangen der Region immer weiter gestiegen, zeigt sich der Geschäftsführer erleichtert. So können sich die jährlich fünf Millionen Tagesausflügler auf eine gute Gastfreundschaft freuen.

In der jetzigen Corona-Phase ist das Seenland sogar noch einmal stärker in den Fokus der Urlauber gerrückt. Je nach aktueller Verordnungslage ist dabei auch die Aufenthaltsdauer deutlich angestiegen. Kräftige Einbrüche gab es dagegen beim Geschäftstourismus, "der sich nur langsam wieder erholt", wie Niederprüm bedauert.

Was die generelle Entwicklung der Region betrifft, sieht der Geschäftsführer des Tourismusverbandes eine Trendwende: "Die Landflucht hat aufgehört. " Gerade kleinere Orte könnten wieder verstärkt Zuzüge verbuchen. Junge Leute sähen verstärkt auch eine Chance, in der Urlauberbranche ihr Geld zu verdienen, , was dann auch wieder mehr Gäste anlocken dürfte. "Die Bekanntheit einer Urlaubsregion zu steigern, ist aber eine der schwierigsten und teuersten Aufgaben im Tourismus", sagt Niederprüm. Statt kostspieliger Kampagnen setzt der Chef des Tourismusverbandes lieber auf den Ansatz, dass sich eine gute Qualität unter den Urlaubern herumspricht. Und dieser Weg scheint zum Erfolg zu führen. "Die Leute, die uns kennen, die lieben uns. " Hoch gegriffen beschwere sich gerade einmal jeder 50000. Tagesgast.

Mit der Ausweitung der Angebote sei es außerdem gelungen, die Saison im Seenland im Lauffe der Jahre zu verlängern. "Deswegen können viele Betriebe jetzt ihre Angestellten über den Winter beschäftigen", sagt Niederprüm und sieht hier Vorteile für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Doch da müsse noch mehr gehen, drängt er. Gerade in Sachen Hotellerie sei im Seenland noch Luft nach oben. Neue Angebote würden sogar von bestehenden Anbietern als gesunde Konkurrenz regelrecht herbeigesehnt.

HK

Jürgen Leykamm