Ingolstadt
Die letzte Hoffnung war baufällig

Abriss den Listl-Hauses vor 25 Jahren: Chance für Rampenlösung zur Adenauer-Brücke statt Bau der Glacis-Brücke

15.03.2020 | Stand 23.09.2023, 11:12 Uhr
Direkt neben dem Münzbergturm stand bis vor einem Vierteljahrhundert das Listl-Haus, benannt nach dem früheren Oberbürgermeister, der nach dem Zweiten Weltkrieg dort gewohnt hat. Heute ist dort eine freie Fläche. −Foto: DK-Archiv

Ingolstadt - Jüngere Ingolstädter und Zugezogene werden mit dem Begriff Listl-Haus vermutlich nichts mehr anfangen können.

 

Älteren dagegen dürfte das große Gebäude zwischen Donau und Münzbergturm noch ein Begriff sein. Vor einem Vierteljahrhundert wurde das Haus wegen Baufälligkeit abgerissen. Die Gegner der 3. Donaubrücke witterten darin eine allerletzte Chance, die ungeliebte Durchschneidung des Luitpoldparks zu verhindern - vergebens.

Das Listl-Haus wurde 1935/36 gebaut. Es hat seinen Namen vom früheren Ingolstädter Oberbürgermeister Josef Listl (1893 -1970), dessen Kanzlei und Wohnung nach dem Krieg in dem Gebäude untergebracht waren. Bis Mitte der 90er-Jahre hatte die Stadt das Haus an ein Architektenbüro, eine Anwaltskanzlei und die Tagesstätte für psychisch Kranke vermietet.

Doch der Kasten stand auf wackligem Grund. Schon im Sommer 1989 hatte sich der Bau als kostspieliges Sorgenkind entpuppt, denn nach einem Hochwasser zeigten sich auf der Donauseite starke Risse. Die Erklärung der Fachleute: Die Stirnwand lagerte auf alten Festungsfundamenten, die in bis zu vier Meter Tiefe reichen, während der Rest des Hauses auf Pfählen gründete. Hohlräume und lockeres Mauerwerk im Untergrund taten ein übriges, um die Stabilität zu gefährden.

Um das Haus zu stabilisieren, wurde Zement in den Boden verpresst und das Gebäude provisorisch renoviert. Doch im April 1994 dann die nächste böse Überraschung. Meterlange Risse in der West-, Süd- und Ostfassade zwangen die Stadt dazu, das Haus vorübergehend zu evakuieren und die Südfront mit Holzbalken abzustützen. Im Inneren das gleiche Bild: Risse in Decken und Wänden, Lücken zwischen Teppichboden und Türrahmen, Mörtelteile auf dem Boden.

Im Juli 1994 dann das endgültige Todesurteil über das Listl-Haus. Auf Antrag der UW-Fraktion votierte der Stadtrat mit 28 zu 20 Stimmen für den Abriss. Vorausgegangen war eine klare Stellungnahme des Gestaltungsbeirates, der feststellte, dass das Haus dort eigentlich gar nicht hingehört.

Doch das letzte Kapitel in der Geschichte des städtischen Gebäudes war damit noch nicht geschrieben. Die Gegner der 3. Donaubrücke, um die jahrelang gestritten wurde, witterten Morgenluft und sahen nun am Münzbergturm ausreichend Platz für eine Umgestaltung der Adenauerbrücke mittels großer Rampen. Diesen Vorschlag hatte die Junge Union Anfang der 80er-Jahre unterbreitet. Mit drei oder vier langen Rampen sollte die Alte Donaubrücke so umgestaltet werden, dass eine weitere Querung des Flusses überflüssig werden sollte. Der nach Westen drängende Verkehr sollte damit über die Nordseite der Konrad-Adenauer-Brücke abgeleitet werde und somit das Nadelöhr Tränktorstraße entlasten. Es würden Steuergelder gespart und der Luitpoldpark geschont, so auch der Bund Naturschutz, der damals diese Rampenlösung der JU befürwortete. Doch es war schon zu spät: Ein Jahr später wurde mit dem Bau der Glacisbrücke begonnen.

DK

 

Bernhard Pehl