Eichstätt
"Die Lehre vom Dung oder Mist"

29.04.2011 | Stand 03.12.2020, 2:53 Uhr

Ein in Eichstätt 1784 verlegtes Buch über den Seidenraupenbau war Jahrzehnte aktuell. Das Werk ist an der Uni-Bilbiothek vorhanden. ? Reproduktion: je

Eichstätt (EK) "Die Kunst, jedes deutsche Wort richtig zu schreiben", oder "Der unfehlbare Ratten-, Mäuse-, Maulwurf-, Wanzen-, Motten-, Flöhe- und Mückenvertilger" und "Die Großmama in der Wochenstube". Drei Beispiele von Büchern, die im Jahr 1821 häufig über den Bücherladentisch gingen.

Bestseller heißt das heute! Das Angebot an Literatur im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts ist schon erstaunlich groß, wobei es natürlich um Lichtjahre hinter dem Umfang an Gedrucktem in heutiger Zeit zurückbleibt. Aber das Bücherlesen und das Besitzen von Druckwerken war zu jener Zeit in der breiten Masse der Bevölkerung kein Thema. Im Literarischen Anzeiger des "Intelligenzblattes" haben in einer gemeinsamen Aktion der Hofbuchdrucker Grießmayer von Neuburg und die Verleger Brönner und Beyer von Eichstätt ihr Angebot im Frühjahr 1821 aufgelistet.
 

ANNO DAZUMAL

Das Königreich Bayern war zu dieser Zeit in acht Kreise eingeteilt, heute Regierungsbezirke genannt. Eichstätt war die Hauptstadt des Oberdonau-Kreises und hatte somit eine ganz erhebliche Bedeutung und Funktion.

Allein unter "Neueste Literatur" finden sich in der Beilage zur damaligen Eichstätter Zeitung über 200 Titel. Die Liste der Porträts beginnt mit "Seiner königlich kaiserlichen Hoheit des Herrn Herzogs und der Frau Herzogin von Leuchtenberg etc. etc., auf Stein gezeichnet von Wolfsheimmer, zwei Blätter zu 2 Gulden". Es handelte sich dabei um das Eichstätter Fürstenpaar. Für zwölf "Bildnisse der berühmtesten Menschen aller Völker und Zeiten" wurden 2 Gulden und 24 Kreuzer verlangt. – Zum Preisvergleich: Ein Pfund Schweinefleisch kostete 13 Kreuzer, ein Pfund Seife 23 Kreuzer, eine Maß braunes Winterbier gab es um vier Kreuzer. Ein Gulden war umgerechnet 60 Kreuzer wert.

Kupferstiche und Landkarten waren vor 200 Jahren längst schon zu bekommen. Am meisten gefragt waren offensichtlich Bücher belehrenden Inhalts. Eine kleine Auswahl: "Handbüchlein zum Unterricht eines österreichischen Schafmeisters", "Die Lehre vom Dung oder Mist", "Von Krankheiten der Augen", "Von der Kinder Weh, Fraiß und Hinfallen der Menschen, wie es zu kurieren", "Vorschlag zur Reformation des niedrigen katholischen Klerus". Ein W. Ruppler befasste sich mit: "Schädliche Gewohnheit, die Kinder ohne Muttermilch aufzuziehen"; erschienen in Nördlingen, Preis 18 Kreuzer. – Fraiß bedeutete Krämpfe oder Schlaganfall.

Kochbücher sind ein alter Hut. Solche Werke hat es damals auch schon gegeben. Wenn allerdings heute lokale Eichstätter Krimis geschrieben und erfolgreich unter die Leute gebracht werden, sucht man diese Bücher in der historischen Liste vergebens. Zu den Titeln mit unterhaltendem Charakter und Spannung können allenfalls gezählt werden: "Die hundert Wunder der Welt", aus dem Englischen übersetzt mit zahlreichen Bildern; "Denkwürdigkeiten und Aktenstücke aus dem Leben und dem Prozess der Königin Karoline von England"; "Der neue holsteinische Robinson"; "Der Liebe reinstes Opfer" und "Glücklicher Vorgänger des Ali Pascha von Janina", geschrieben von Georg Scanderbeg, Leipzig, broschiert, 54 Kreuzer. Von nächtlichen Erscheinungen, schaurigen Träumen, Wundern und beweglichen Leichen handelt das Buch "Die blutigen Schatten".

Groß war das Angebot an religiösen Schriften. Und natürlich hatten die Buchhandlungen eine stattliche Reihe von Pflanzen-, Tier- und Jagd-Literatur auf Lager. Damals wurden in Bayern noch allerlei Vögel verspeist, weshalb eine Anleitung zum Singvogelfang sicher interessierte Leser fand. Ein aktuelles Thema war die Zucht von Seidenraupen und der Seidenbau; das Handbuch dazu wurde in Eichstätt im Jahr 1784 verlegt.

In die Kategorie Erdkunde und Geschichte gehören noch unter anderem das "Lehrbuch der Erdbeschreibung für Schulen und zum Selbstunterricht", "Das Königreich Bayern nach seiner neuesten Einteilung in 8 Kreise, gedacht für die vaterländischen Schulen", "Geschichte einer Entdeckungsreise nach dem Stillen Ozean" und "Der gegenwärtige Zustand von Europa". Ob in Eichstätt das Buch "Beschreibung der Stargardischen Wirtschaft in Hinterpommern" auf Interesse stieß? Mit dem Preis von neun Kreuzern war es jedenfalls nicht teuer.