Ingolstadt
Die Kunst der Nachahmung

Der Jugendkammerchor Ingolstadt und seine Leiterin experimentieren in der Exerzierhalle mit "Imitationen"

19.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:40 Uhr

Sie singen, wie Instrumente klingen: der Jugendkammerchor bei seinem Auftritt im Klenzepark - Foto: Schaffer

Ingolstadt (DK) Nachahmung ist für einen Künstler im Normalfall ein Fauxpas; Individualität und Eigenkreativität sind gefragt. Am Sonntagnachmittag ist sie dagegen ausdrücklich erwünscht. Unter dem Motto „Imitatio“ stellte der Jugendkammerchor unter Leitung von Eva-Maria Atzerodt in der Exerzierhalle im Klenzepark verschiedene Facetten der Nachahmung vor.

In sechs Blöcken, wie bei Atzerodt üblich, sangen die jungen Sängerinnen und Sänger jeweils verschiedene Stile beziehungsweise Epochen – und alles war irgendwie nachgemacht. Im ersten Block, nach dem Einmarsch ganz im Stil einer Militärkapelle mit dem „Zottelmarsch“, gab es Klassik-Imitationen. Der Jägerchor aus Carl Maria von Webers „Freischütz“ war zwar eigentlich nicht imitiert, sondern original. Aber von Weber selbst ahmt in diesem Männerchorlied das Jagdhorn nach. Außerdem gab es Auszüge aus der „Zauberflöte“. Wer sich aber auf eine Chorversion der Königin der Nacht oder des Vogelfängers freute, bekam etwas viel Besseres serviert: Die Ouvertüre wurde stimmlich imitiert mit einer Parodie von Albert Lortzing. Interessant, allerdings stieß der Sopran bei den schnellen Sechzehntelläufen der Violinen manchmal an seine Grenzen. Etwas leichter: „Gamelan“ von Raymond Murry Schafer. Hier wurden im zweiten Block Metallophone nachgeahmt und kurz danach Renaissanceinstrumente wie Blockflöten und Schalmeien.

Im dritten Block hatte der Chor endlich seine volle Kraft gefunden. Nachdem Atzerodt zu Beginn ankündigt hatte, man wolle an diesem Nachmittag zum ersten Mal im Exerzierhaus experimentieren, fieberte man etwas mit, da der Chor zunächst etwas zu schwach für die Halle auf den Beinen war und man befürchten musste, das Atzerodt’sche Experiment ginge nicht auf. Aber zum Glück: Nun war der Chor voll da. Da ging es gleich weiter mit Fugen – die eigentlich Imitation pur sind, da jede Stimme nacheinander und verschlungen das Hauptthema imitiert. Klar, dass Johann Sebastian Bach da nicht fehlen durfte. Wer hätte aber gedacht, dass sich zum Großmeister auch Sprechgesang, Rülpser und Schmatzer gut gesellen! Regnerisch, tierisch und spacig wurde es im „Naturblock“. Besonders „Beam me up“ bewies, dass ein A-cappella-Chor zu allem fähig ist – auch dazu, elektronische Musik zu imitieren. Der Blockreigen endete mit einem Stimmungsteil, bei dem romantische Musik von Brahms und Schumann in Form von Zigeunerliedern gesungen und der Chor von Brigitta Pinggera am Klavier begleitet wurde. Zum Schluss ganz traditionell und gar nicht nachgeahmt: das Abendlied von Josef Rheinberger.