Beilngries
Die große Familie der Orchideen

Fachmann Helmut Presser verrät bei Vortragsabend des Bund Naturschutz viele Details über diese Pflanze

20.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:06 Uhr

Neubesiedelung erhofft: Bund-Naturschutz-Vorsitzender Hubert Stockmeier (links) und Helmut Presser überlegen, wo sich rund um das Beilngrieser Baugebiet „Im Waller“ eventuell Orchideen ansiedeln könnten. Im Landkreis Eichstätt gedeiht unter anderem die Art Fuchssches Knabenkraut, welches auf dem rechten Bild zu sehen ist, das Presser bei Mörnsheim aufgenommen hat. - Fotos: Behringer, Presser

Beilngries (ehm) Die vielfältige und artenreiche Welt der Orchideen ist am vergangenen Wochenende das Vortragsthema bei der Beilngrieser Ortsgruppe des Bund Naturschutz gewesen. Der Vorsitzende Hubert Stockmeier freute sich, mit dem Referenten Helmut Presser aus Eichstätt „einen richtigen Fachmann hier zu haben, der uns bestimmt sagen kann, wo sich was tut in Sachen Orchideen in der Gegend und wo man auch mal hingehen kann, wenn man welche sehen will“

Presser erklärte zu Beginn: "Es geht heute vor allem um die Ökologie im Mittelmeerraum." Trotzdem blieb die heimische Orchideenflora nicht außen vor.Immer wieder hob der Redner hervor: „Die Natur macht generell einmal gar nichts ohne Grund.“ Wie etwa beim Herz-Knabenkraut, einem Mitglied der Orchideen-Familie, das gerne in Griechenland vorkommt, und dessen Verwandte oft gefleckte Blätter haben. „Sieht ein Reh diese Flecken, dann mag es da gar nicht erst reinbeißen. Das kann man sich vorstellen“, versetzte sich der Pflanzenkundler in die Gedanken des nahrungssuchenden Tieres.

Dass so manche Orchideenart keine Skrupel hat, auf Kosten anderer zu leben, war einigen Zuhörern neu. „Sie ernähren sich von einem Pilz, gehen mit ihm eine Symbiose ein, oft sogar ein parasitäres Verhältnis.“ Der Pilz wiederum hänge an einem Baum als Nahrungsquelle. „Das sind meist Pilze, die keinen Fruchtkörper bilden, manchmal sogar mit dem Mikroskop nicht zu sehen, sondern nur chemisch nachweisbar sind“, erklärte der Naturfreund. Diese Methode funktioniert interessanterweise so gut, dass sogar Blumen, die sich ausschließlich von dem zarten Geflecht ernähren, zur Blüte kommen, sagte er, und nannte die Nestwurz als Beispiel. Die Pflanze vom Pilz zu trennen, sei meist deren Todesurteil.

Mit dem „Märchen, dass Orchideen giftig sind“, wollte der Blumenliebhaber aufräumen. „Sonst würden da die Schafe auch nicht ran gehen. Die Orchideen werden eher noch als Erstes gefressen.“ Auf die Schafe bezogen bedauerte Presser, dass „die Beweidung häufig zum falschen Zeitpunkt“ stattfinde. Ende Juli sei optimal für unsere Arten. Danach könnten die Samen keimen und die Keimlinge wachsen, ohne vom hohen Gras daran gehindert zu werden. Für den Fortbestand der Art zu sorgen gestalte sich als nicht ganz einfach. „Das Bleiche Waldvögelein hat 50 000 Samen an einem Stängel. Trotzdem kann es sein, dass keiner davon keimt.“

Ausgiebig befasste sich das lockere Referat mit den vielen raffinierten Vermehrungsstrategien. Manche Blüten „sind furchtbar behaart, damit die Hummel sich leichter festhalten kann“. Erfolgreich sei auch die Kesselfalle: Die Biene rutscht aus, fällt in die Blüte hinein und kommt nur an der Stelle wieder heraus, an der Pollen an ihr kleben bleiben, die sie mitnimmt. Wieder andere Orchideen-Typen senden Gerüche aus, etwa von Insektenbeutetieren wie Raupen, oder den sexuellen Lockstoff eines Weibchens – oder haben gar Blüten mit der Gestalt eines Weibchens. „Das Männchen merkt bald, dass es nicht zu passen scheint, und probiert die nächste Blume aus“ – auf diese Weise würde der Pollen weitergetragen.

Außerdem beschrieb Presser die Selbstbestäubung. Dadurch entstehende Mutationen, wie beispielsweise die Bienenragwurz, seien kein Problem. „Weil die Bestäubung funktioniert. Die Blume muss ja nicht attraktiv aussehen, weil die auf niemanden anderen angewiesen ist“, erklärte er. Kompliziert mache dies allerdings die Bestimmung, ob es sich um eine andere Art oder um die Variation einer Art handle.