Ingolstadt
Die Grenzen, die wir ziehen

Vertreter der Stadt und ausländische Mitbürger würdigen Tag der Migranten

20.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:53 Uhr

Die Lesestücke des Abends wurden begleitet von ungarischen Volkstänzen, die von Mitgliedern des ungarischen Kulturvereins in Ingolstadt aufgeführt wurden. Hier tanzt Marianna Kenyeres vom Migrantinnen-Netzwerk mit einem Landsmann. - Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Bunt, friedlich, international: Mit diesen drei Attributen lassen sich die Stunden in der Volkshochschule wohl am Besten beschreiben. Hier kamen am Montagabend Menschen verschiedener Nationalitäten und Kulturen zusammen, um feierlich den Tag der Migranten zu begehen.

Seitens der Stadt Ingolstadt erinnert man zu solchen Anlässen immer wieder gerne und wohl auch zurecht daran, dass das Leben in der Donaustadt trotz eines Migrantenanteils in der Bevölkerung von mehr als 40 Prozent und des Flüchtlingszustroms im vergangenen Jahr sich nach wie vor durch ein friedliches Miteinander auszeichnet. Auch am Montag wurde dies in den Begrüßungsreden von Bürgermeister Sepp Mißlbeck und Christian Siebendritt, der als Vertreter der Integrationsbeauftragten anwesend war, im gut gefüllten Rudolf-Koller-Saal erneut deutlich.

Im Mittelpunkt des Abends standen jedoch die Mitbürger mit Migrationshintergrund und davon im Besonderen die Migrantinnen, die auch das kulturelle Programm gestalteten. Sie sind in der Ingolstädter Ortsgruppe des Migrantinnen-Netzwerks Bayern organisiert, das seit 2013 existiert und als Selbstvertretung die Interessen von Migrantinnen in Bayern in der Politik und Öffentlichkeit verfolgt sowie den Erfahrungs- und Informationsaustausch in lokalen und überregionalen Netzwerken fördert.

Zur Aufführung kamen heuer, bei der fünften Zusammenkunft dieser Art, ungarische Folkloretänze. Dazu trug Marianna Kenyeres vom Migrantinnen-Netzwerk ein ungarisches Volkslied vor, das die Freiheit des Individuums thematisierte. Heitere bis nachdenkliche Geschichten aus dem Leben von Migrantinnen lasen Naomi Ryll, Uie-Liang Liou und Biljana Popovic vor. Die Arbeiten gingen aus der Schreibwerkstatt In Via Konfiza, Landesstelle Bayern, von Agnes Ranzinger hervor und erzählten unter anderem von einer Reise durch die Kulturen anhand verschiedener für sie typischer Gerichte wie Lapskaus, Sauerkraut und Palatschinken und von einem Telefonat zwischen einer Frau und ihrem 80-jährigen Onkel in Taiwan, das sich vor dem Hintergrund des Taiwan-Konflikts mit China zu einem Gedankenaustausch über Menschenrechte und Demokratie entwickelt.

Weiterer Höhepunkt des Abends war eine ausdrucksvolle Tanzaufführung von Yahsmine Macaira, die sich darstellerisch an dem Lesetext von Biljana Popovic orientierte. Darin geht es um eine Frau namens Eva, die mit ihrem Mann Michael aufbricht, um den "Baum der verbotenen Äpfel" im Garten Eden zu suchen, den sie schließlich mit Hilfe von Gabriel findet.

Zuvor referierte der in Augsburg lebende Rhetoriktrainer Eberhard Jung - passend zum Motto des Tages "Worte wirken - aber wie!" - über die Macht der Worte. Er stellte unter anderem fest, dass negative Worte länger nachklingen als positive und eine entsprechende Wirkung hinterlassen. "Wie reden wir miteinander über Schwierigkeiten und wie reden wir übereinander", fragte er in diesem Zusammenhang und legte seinen Zuhörern vor der Wahl ihrer Worte nahe, sich zu überlegen, ob diese nur einen akustischen Vorgang einleiten oder auch berühren sollen. "Migration ist eine Frage der Grenze, die wir ziehen", sagte er schließlich und befasste sich mit dem Gedanken, ob die Grenze der Aufnahmekapazität in Deutschland schon erreicht sei. Der Abend klang aus mit einem internationalen Imbiss und vielen interessanten Gesprächen.