Ingolstadt
Die Generation einer sehr nahen Zukunft

Beste Absolventen der Mittelschulen bekamen Auszeichnung – und einige ernste Ratschläge

24.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:44 Uhr
Mit Auszeichnung ins Berufsleben: die besten Ingolstädter Mittelschulabsolventen dieses Jahres gestern bei der Ehrung im Audi-Bildungszentrum. Hinten (v. l.) Dieter Omert, Leiter des Audi-Bildungswesens, Schulamtsdirektor Edmund Rieger und OB Christian Lösel. −Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Die Stadt hat gestern die besten Mittelschulabsolventen geehrt. OB Christian Lösel rief ihnen zu: „Sie werden die Zukunft mitgestalten! Was Sie heute als unmöglich sehen, ist in Zukunft Standard.“ Dieter Omert, Leiter des Audi-Bildungswesens, betonte: „Die Mittelschulen sind wichtig!“

So alt ist Christian Lösel mit seinen 42 Jahren nun auch wieder nicht. Sagt er. „Auch wenn einige hier das sicher anders sehen.“ Da grinsen die Jugendlichen vor ihm ganz respektvoll. Als Lösel 1994 Abitur machte, waren gerade die ersten Handys auf den Markt gekommen; handlich im weiteren Sinne: fast so groß wie Handstaubsauger. „Mit einer 30 Zentimeter langen Antenne. Das war wirklich kein Statussymbol. Es gab auch noch kein Internet“, erzählte der Oberbürgermeister. „Oder selbstfahrende Autos: vollkommen utopisch! Science Fiction. Ich konnte mir die spätere Entwicklung überhaupt nicht vorstellen!“ Damals, vor gerade mal 23 Jahren. Als die Welt noch eine ziemlich andere war.

Wie gesagt: „Und so alt bin ich auch wieder nicht.“ Dank revolutionärer Erfindungen rast der Fortschritt immer schneller. „Das erste Smartphone, das iPhone von Apple, ist erst 2007 vorgestellt worden. Seither sind aus dem Nichts große Firmen entstanden.“ Man denke nur an Facebook. „Alles wird heute digital gemacht. E-Mails sind sogar schon wieder out.“ Das ist die Berufs- und Lebenswelt, in der die Mittelschulabsolventen nun Fuß fassen müssen. Lösel: „Sie können sich vorstellen, wie enorm und wichtig Entwicklungsschübe heute sind!“

„Der Begriff ,Lebenslanges Lernen’ ist längst keine Floskel mehr.“

Dieter Omert, Leiter Audi-Bildungswesen

Früher habe sich im Arbeitsleben auch viel bewegt, aber das Tempo des fundamentalen Wandels ziehe immer weiter an. Lösels Appell an die jungen Leute; „Die Zukunft ist schnelllebiger, als sie je war. Und sie werden sie mitgestalten! Was Sie heute als unmöglich sehen, wird in Zukunft Standard sein.“

Die Absolventen der Mittelschulen (die in Bayern bis 2009 Hauptschulen hießen) hätten „sehr gute Voraussetzungen“. Am Standort Ingolstadt gebe es „einen erheblichen Bedarf an Auszubildenden. Die Unternehmen sind auf Ihre Expertise angewiesen“, versicherte Lösel den Jugendlichen, die an der Seite stolzer Eltern, Lehrer und Rektoren ins Audi-Bildungszentrum gekommen waren. Er schloss mit der Bitte: „Bleiben Sie am Standort Ingolstadt! Wir müssen hier junge, kreative Köpfe halten.“

Der OB setzte mit diesem Besuch einen Brauch seines Vorgängers fort: Auch Alfred Lehmann hatte bei der Würdigung der besten Mittelschüler nie gefehlt – ein Bekenntnis zu einer Schulart, die immer noch unter Vorurteilen zu leiden hat; immerhin ist es besser geworden.

Die Audi-Mitarbeiterin Kinga Nemeth moderierte, ebenfalls voll des Lobes für die Gäste: „Eure Leistung ist eine richtig tolle Sache!“ Ihre junge Kollegin Laura Kiefner – sie hat ihre Ausbildung bei der IG Metall absolviert – bekam viel Beifall für ihre motivierenden Lieder („Ein Hoch auf uns!“), die sie auf der Gitarre begleitete.

Am 1. September werden 530 Jugendliche bei Audi eine Ausbildung beginnen, 175 davon kommen von einer Mittelschule – mehr als ein Drittel. „Für die hochkomplexen Berufe, die wir anbieten, und die Größe unseres Unternehmens ist das ein außergewöhnlich hoher Wert!“, betonte Dieter Omert, der Leiter des Bildungswesens bei Audi. Diese Zahl sei nicht nur ein „Bekenntnis zur Mittelschule“, sondern zeige auch, dass dieser Schultyp „sehr wichtig ist“ und ihm „eine entscheidende Rolle zukommt“. So sei die starke Berufsorientierung ab der fünften Klasse vorbildhaft, sagte Omert. „Das Duale System der Berufsausbildung in Deutschland ist weltweit anerkannt. Wir merken in unseren Werken überall auf der Welt, welchen enormen Vorteil wir damit haben.“

Der Leiter des Bildungswesens bei Audi ist ebenfalls mit einem Hauptschulabschluss ins Arbeitsleben getreten, er lernte erst den Beruf des Werkzeugmachers und bildete sich dann konsequent fort. Omert kann daher aus Erfahrung sagen: „Der Begriff ,Lebenslanges Lernen’ ist längst keine Floskel mehr.“

Das könne er bestätigen, ergänzte Schulamtsdirektor Edmund Rieger, seit 40 Jahren im Schuldienst, „denn fachlicher Leiter eines Staatlichen Schulamts ist schließlich auch kein Ausbildungsberuf“. Er bittet, nicht zu vergessen: „Hinter jedem erfolgreichen Mittelschulabsolventen steht eine engagierte Lehrkraft.“ Riegers Rat an die jungen Leute, die jetzt in die sich rasant wandelnde Berufswelt hinaustreten: „Orientiert euch immer an dem, was ihr könnt, an dem, was ihr mögt, und an dem, was möglich ist.“