Die Gegenbewegung

Kommentar

27.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

Wie gewonnen, so zerronnen. Das gilt mitunter auch in der Politik. Mariano Rajoy ist als Sieger aus der Neuwahl in Spanien hervorgegangen, seine konservative Volkspartei PP konnte sogar ein gutes Dutzend Mandate mehr erringen als im ersten Anlauf.

Die Strategie des Premiers hat sich also scheinbar ausgezahlt. Er hat die linke Protestbewegung Podemos regelrecht ausgesessen, sie ist deutlich hinter ihren Erwartungen und denen der Demoskopen zurückgeblieben. Das Brexit-Referendum hat Rajoy innenpolitisch in die Hände gespielt. Viele Spanier halten es offenbar für keine gute Idee mehr, der EU den Rücken zu kehren.

Möglich also, dass das Votum der Briten das Gegenteil von dem auslöst, was die EU-feindlichen Demagogen vom linken und vom rechten Rand sich erhoffen. Dass es eben nicht der Anfang vom Ende der Union war, sondern vielleicht der Beginn einer Gegenbewegung. Nationale Regierungen und europäische Institutionen geben jedenfalls vor, dass sie die Botschaft der Briten verstanden haben. Hoffentlich.

Vor allem aber müssen die Politiker zeigen, dass sie bereit und in der Lage sind, mit der Macht, die das Volk ihnen in die Hände gegeben hat, verantwortungsvoll umzugehen. Rajoy ist in der Pflicht. Keine der anderen Parteien ist bereit, mit der Volkspartei zu koalieren, wenn der Premier den Anspruch erhebt, auch die nächste Regierung zu führen. Mit seinem sturen Festhalten am Amt hat er bereits im ersten Durchgang die Regierungsbildung verhindert.

Es ist nicht sein Verdienst, wenn die Wähler die Volkspartei nun noch einmal in die Verantwortung genommen haben, obwohl sie von schlimmen Korruptionsaffären erschüttert wird. Sollte Rajoy sich abermals weigern, für eine Lösung Platz zu machen, wäre das fatal.