Rittersbach
Die Fingernägel der Bratwurst opfern

Achtklässler wagen sich unter Anleitung eines Metzgermeisters an die Herstellung

08.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:50 Uhr

Claus Böbel (Mitte) freut sich über eifrige Mitarbeiterinnen: Natascha (links) und Sarinah (rechts) legen großen Eifer an den Tag und spielen nach der Fleischvorbereitung mit dem Gedanken, in der Metzgerei ein Praktikum zu absolvieren. - Foto: Leykamm

Rittersbach (lkm) Hier das Tier - dort das Fleischgericht. Die Kenntnis darüber, wie das eine zum anderen wird, nimmt in unserer Gesellschaft stetig ab. Der Freistaat Bayern will hier gegensteuern, indem er Ernährungshandwerker mit Schülern zusammenbringt und sie die Zusammenhänge selbst be-greifen lässt - im wahrsten Sinne des Wortes.

Nun bekam die Metzgerei Böbel in Ritterbach Besuch von Achtklässlerinnen der Georgensgmünder Dr.Mehler-Schule.

Der Betrieb ist derzeit noch der einzige im Landkreis, der sich an besagter Initiative des Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beteiligt. Und er war zugleich der erste aus Mittelfranken, der Teilnahmebereitschaft signalisierte. Vergangenes Jahr ist das Projekt in Oberfranken gestartet. Nach der erfolgreichen Pilotphase soll es heuer in ganz Bayern Fuß fassen.

"Ernährungshandwerk erleben - Ernährung macht Schule" heißt das Motto des Programms, das mit einer strukturellen Schwierigkeit zu kämpfen hat: Die Schulen, die mitmachen wollen, finden sich meist in den größeren Städten wieder - die willigen Betriebe auf dem Land. Doch ab und zu sind die Wege auch so richtig kurz. So wie für die Schülerinnen aus Georgensgmünd, die nach wenigen Fahrtminuten erst einmal die Wurstwaren im Metzgerladen bestaunen - bevor sie der Chef, Metzgermeister Claus Böbel, freundlich begrüßt.

Bratwurst herstellen steht auf dem Programm. Gleich loslegen dürfen die acht Jugendlichen aber noch nicht. Erst heißt es Hände waschen, Schutzmantel und Mützen anziehen - Hygiene muss sein. Und gleich wird es richtig scharf. Denn bevor es an die Fleischverarbeitung geht, darf der weiße und schwarze Pfeffer frisch gemahlen werden. Nun aber geht es los: "Für unsere Bratwürste brauchen wir Schweinebauch und -keule", sagt Böbel und bittet zur Arbeitsfläche.

Natascha und Sarinah greifen beherzt zum Fleischmesser, entfernen die Schwarten und schneiden das Fleisch in Stücke. Der Chef ist begeistert: "Habt ihr heimlich geübt" Schon geht es ans Würzen. Neben den frisch gemahlenen Pfefferkörnern landen Salz und eine "geheime Gewürzmischung" auf den Teilen. Zum Schluss noch Majoran, das der Chef die Schülerinnen mit den Handflächen zerreiben lässt - "das riecht wie Parfüm", so ein überraschter Kommentar.

Jetzt heißt es beherzt alles kräftig vermengen. Das macht auch Natascha und Sarinah so richtig Spaß, deren lange Fingernägel dabei allerdings etwas im Weg sind. Für den Beruf als Metzgerin würde sie diese aber kürzen, sagt die Achtklässlerin. Die Fleischstücke landen im Fleischwolf, der es zu Bratwurstgehäck verarbeitet, das den Gästen, mit Zwiebeln und Brot dazu, gleich als willkommene Zwischenmahlzeit dient.

Währenddessen reift bei Natascha und Sarinah der Wunsch, ein Praktikum abzuleisten. Erst recht, als das Gehäck in der Wurstfüllmaschine landet und es endlich zu Würsten verarbeitet wird. In der Küche, wo Monika Böbel schon am Herd wartet, landen die Würste in der Pfanne. Fleißig drehen die Schülerinnen die Bratwürste von der einen auf die andere Seite. Wer es genau wissen will, wie es geht, für den haben die Böbels einen Youtube-Film gedreht. Nach dem letzten Wenden finden sich die leckeren Bratergebnisse bald in den Mägen der Schülerinnen wieder.

Das Ehepaar Böbel freut sich: "Es ist gut gelaufen und war einfach schön!" In der Schule wartet noch ein ganzer Ordner zum Nacharbeiten. "Einfach ein ehrliches Essen", kommentiert Lehrerin Andrea Lipinski, mit wenigen, aber gut abgestimmten Zutaten - "im Gegensatz zu den Fertigprodukten". Sie ist froh, dass Betriebe wie Böbel ihre Pforten für das Projekt des Ministeriums öffnen. "Wir suchen dringend noch weitere Ernährungshandwerker, ergeht zum Schluss der Appell von Diplom-Ökotrophologin Katrin Merkel vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Fürth.