Pfaffenhofen
Die (fast) vergessene Autobahn

Die Trasse der A 90 sollte unmittelbar an Pfaffenhofen vorbei führen wurde aber nie gebaut

09.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:26 Uhr

Pfaffenhofen (PK) Bis zur Autobahn A 9 ist es von Pfaffenhofen aus nur ein Katzensprung. Doch zunächst in der Nazizeit und später noch einmal in den Wirtschaftswunderjahren um 1950 wäre Pfaffenhofen beinahe zur direkten Autobahn-Anliegergemeinde geworden.

Die Trasse der A 90 sollte unmittelbar an Pfaffenhofen vorbeiführen - gebaut wurde diese Strecke aber nie. Der Pfaffenhofener Autor Hermann Singer hat die Pläne von damals wieder entdeckt und blickt für unsere Zeitung zurück.

Als die Stadt Pfaffenhofen 1954 den Kreuzlogenacker der Amberger Amalie, nordwestlich der Landwirtschaftsschule als Baugebiet auswies, entdeckte man im Bebauungsplan einen etwas kurios wirkenden Hinweis. Das geplante Eckgrundstück Gritsch- und Hopfenstraße musste unbebaut bleiben. Als Begründung stand vermerkt: Sichtschneise zur geplanten Autobahn.

Dieses geplante Bauvorhaben, als A 90 bezeichnet, war eine Autobahn, die im Raum nördlich von Augsburg, von der A 8 abzweigend über eine Strecke südlich von Aichach, Aresing, Oberlauterbach sowie nördlich von Pfaffenhofen und Förnbach zum Autobahndreieck Hallertau bei Eschelbach führen sollte.

Ein Projekt, das bereits 1938 während der Herrschaft des Nationalsozialismus in Hitlers Arbeitsbeschaffungsprogramm zu finden war. Das Volk litt damals unter der Weltwirtschaftskrise, verursacht durch einen Kurssturz an der New Yorker Börse. Das Land zählte 6,2 Millionen Arbeitslose. Durch massive Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen versuchten die Nazis das Blatt zu wenden. Maßnahmen, die weniger der Volkswirtschaft, sondern der Kriegswirtschaft dienten. Darunter gehörte neben einer gezielten Rüstungsproduktion, Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht und dem Arbeitsdienst für Jugendliche auch der Autobahnbau. Ein Netz von Schnellstraßen für die Mobilität der Volksgemeinschaft und vor allem zur Förderung der militärischen Infrastruktur - für schnelle Truppentransporte - sollte entstehen.

Der Bedarfsplan der A 90 lag 1938 als ein Raumordnungsverfahren in allen zuständigen Gemeinden und Ämtern auf, damit lokale Wünsche berücksichtigt werden konnten, besonders in Städten, in denen mit einer Aufwärtsentwicklung zu rechnen war.

In Pfaffenhofen sah man dieser Trassenführung mit einer gewissen Skepsis entgegen, da sie eine zukunftsorientierte Wohnbebauung sowie eine industrielle Entwicklung im gesamten West- und Nordbereich der Stadt weitgehend verhindert hätte. Als einige Jahre später die Luitpoldwerke, ein Münchener Pharmaunternehmen, ihren Betrieb, der in der Landeshauptstadt durch Bombenangriffe weitgehend zerstört worden war, nach Pfaffenhofen verlagerte, verwies man die Firma mit circa 100 Mitarbeitern in die leerstehenden Baracken am Gerolsbach, die dort für die Regulierung des Flusses aufgestellt worden waren. Heute steht die Nachfolgerfirma Daiichi Sankyo auf dem damals untersagten Gelände im Norden der Stadt.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde der Autobahnbau vorübergehend eingestellt. Doch das Vorhaben blieb bestehen. Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde in den 1950er Jahren diese damalige Planung bedingt durch das rasante Wirtschaftswachstum wieder aufgegriffen. Zur zügigen Fertigstellung der Teilstrecke Augsburg - Autobahndreieck Hallertau lagen wiederum in einem Raumordnungsverfahren die Unterlagen in den zuständigen Behörden, Ämtern und Unternehmen zur Stellungnahme auf. Etwa zur selben Zeit erarbeitete die Regierung einen neuen Bedarfsplan für die Bundesstraßen, der teilweise den Aus- und Neubau der B 300 zwischen Dasing und Langenbruck sowie als Weiterführung die B 16 nach Regensburg beinhaltete, sodass die ominöse A 90, die einen gewaltigen Eingriff in die nordwestliche Stadtentwicklung verursacht hätte, endgültig gestorben war.